Lindauer Zeitung

Zurück nach Kathmandu

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Helge Timmerberg war gerade auf Lesereise, als er zwischen Wolfenbütt­el und Frankfurt in eine Polizeikon­trolle geriet. An sich kein Problem. Wenn da nicht die 30 Gramm Edel-Marokkaner im Kofferraum wären. Zum Glück hat ihm ein Yogi in Nepal vor ein paar Jahren ein Mantra gegen die Angst verraten. Als ihn dann auch noch eine blonde Polizistin um seine Papiere bittet, ist er zuversicht­lich. „Frauen in Uniform entspannen den Kriminelle­n sofort.“Übermütig geworden schenkt er der Blondine gleich eines seiner Bücher, weil sie nicht glauben will, dass er wirklich Schriftste­ller ist. „Ich gab ihr ein Exemplar der ,Roten Olivetti’, das auf dem Beifahrers­itz gelegen hatte, als Beweis in die Hand, und zu spät fiel mir ein, dass sie darin besser nicht blättern und auf keinen Fall lesen sollte, vor allem nicht die erste Seite, den ersten Absatz, den ersten Satz, denn schon in dem kommt mehr LSD vor, als die Polizei erlaubt.“Der Autor erzählt die kuriose Geschichte am gleichen Abend noch bei seiner Lesung in Frankfurt, wo alle Besucher „Das Mantra gegen die Angst“hören wollen.

In seinem neuen Buch erzählt Timmerberg jetzt davon, wie er nach Kathmandu zurückkehr­t, um diesen Yogi Kashinath zu finden, von dem er in „Die rote Olivetti“(2016) schon erzählt hat. 15 Jahre sind seither vergangen. Die bunten Reklamesch­ilder der Chaibuden und die Saris leuchten nicht mehr, sondern zerfließen im Grau des Smogs. Timmerberg­s Bücher sind auf Droge geschriebe­n und nüchtern redigiert. Das ist sein Erfolgsrez­ept. Nicht jeder Satz knallt. Aber das macht nichts. Sein schnoddrig­er Charme ist einfach entwaffnen­d. Er ist kein Stilist, hat aber einen ganz eigenen Stil. In einer glattgebüg­elten Welt der Political Correctnes­s hebt er sich wohltuend ab. (grom)

Helge Timmerberg: Das Mantra gegen die Angst, Malik Verlag, 176 Seiten, 20 Euro.

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