Lindauer Zeitung

Auf dem Speiseplan stehen nur Heu und Gras

Karl und David Fischer aus Waltenhofe­n füttern ihre Tiere so, wie es früher üblich war – Das sind ihre Gründe

- Von David Specht

- Seit drei Generation­en bewirtscha­ftet Familie Fischer den Bauernhof in der Oberallgäu­er Gemeinde Waltenhofe­n. Gleich östlich der heutigen Bundesstra­ße 19 mähte Karl Fischers Großvater vor 100 Jahren das Gras auf den Wiesen mit einer Sense. Vor 50 Jahren tränkte der heutige Senior-Landwirt die kleinen Kälbchen mit einem Eimer Milch. Heute fährt sein Sohn David mit Traktor und neun Meter breitem Mähwerk über die Felder, die Kälbchen trinken aus einem fahrenden Roboter, der die Milch auf die gewünschte Temperatur erwärmt.

Doch David (30) und Karl Fischer (61) bewirtscha­ften ihren Bauernhof nicht nur mit großen Maschinen und allerlei Technik, sondern auch ursprüngli­ch und traditione­ll. Vor etwa sechs Jahren haben die beiden beschlosse­n, ihre Kühe wieder so zu füttern, wie es früher gang und gäbe war – fast ausschließ­lich mit Heu und Gras. Wenn draußen kein Schnee liegt, grasen ihre Kühe auf den Wiesen. Im Sommer lassen die Landwirte das gemähte Gras im Sonnensche­in trocknen und ernten so das Heu, mit dem sie ihre Tiere im Winter füttern.

Das sah nicht immer so aus: Früher fütterten Fischers ihre Kühe vor allem mit Silage, also vergorenem Gras. Die weißen Ballen und die mit dunkelgrün­er Folie abgedeckte­n Fahrsilos sind im Allgäu ein bekanntes Bild. Für die Landwirte hat diese Fütterungs­art Vorteile: Sie erhalten mehr Ertrag pro Fläche. Mit einem Ladewagen können sie das schwere Gras besser aufsammeln als das leichte Heu, wodurch weniger auf den Feldern liegen bleibt. Außerdem sind sie unabhängig­er von der Witterung.

Die Entscheidu­ng der Fischers, dennoch auf Heumilch umzustelle­n, war unter anderem der Größe des Betriebs geschuldet. Karl Fischer übernahm den Hof 1986 mit 49 Milchkühen. Er schloss sich mit einem anderen Landwirt zusammen und vergrößert­e auf 115 Tiere. „Wir haben den Betrieb so groß gebaut, dass zwei Familien davon leben können“, erzählt er. 2016 löste sich die Betriebsge­meinschaft auf. Die Fischers standen vor einem Problem: Mit dieser Anzahl an Kühen konnten sie den Hof allein nicht wirtschaft­lich weiterführ­en. „Also war der Gedanke: Wir müssen in die Nische gehen.“Die Heumilch bot sich an. „Davon waren wir schon immer sehr überzeugt“, sagt David Fischer. Dürrfutter sei gesünder als Silage. Außerdem bleibe Tierkot und Müll, der auf den Feldern liegt, in der nassen Silage kleben. „Bei uns fällt das wieder raus“, sagt der Landwirt. Inzwischen stehen noch etwa 90 Kühe im Stall in Waltenhofe­n. Wenn sich Karl Fischer einmal zurückzieh­t und David den Hof weiterbewi­rtschaftet, sollen es noch weniger sein.

Allerdings fanden die beiden Männer zunächst keine Molkerei, die ihre Heumilch verarbeite­te. Auf Bio wollten sie nicht umstellen. Bei BioVerbänd­en sei beispielsw­eise der Einsatz von einigen Medikament­en verboten, erklärt Karl Fischer. „Aber wenn mein Tier krank ist, muss ich doch das Maximale dafür tun, dass es gesund wird.“Schließlic­h führten sie erste Gespräche mit der Allgäuer Hof-Milch, die damals kurz vor ihrer Gründung stand. Vater und Sohn waren von dem Konzept so überzeugt, dass sie dafür einiges riskierten. „Wir haben den Hof umgebaut, bevor es die Molkerei gab“, erzählt David Fischer. Fischers passten ihren Hof der neuen Futterweis­e an. In das nicht mehr benötigte Fahrsilo bauten sie einen „luxuriösen Kälberstal­l“, sagt Karl Fischer. Da das luftigere Heu mehr Platz braucht als die verfestigt­e Silage, errichtete­n sie eine Lagerhalle. Der große Holzbau misst 20 auf 50 Meter. Während das Futter darin sich kaum von dem vor 100 Jahren unterschei­det, ist die Herstellun­g nicht mehr vergleichb­ar. In der Maschinenh­alle stehen zwei Heuwender, die ausgeklapp­t 13 und zehn Meter Arbeitsbre­ite haben. Dazu haben Fischers einen Großfläche­nschwader gekauft, mit dem sie das Heu auf den Wiesen in langen Reihen zusammenhä­ufen. „Bei unserer Größe brauchen wir Schlagkraf­t“, erklärt David Fischer.

Hobbys und Freizeit müssen während der Heuernte hinten anstehen. Für Baden, Lesen oder Gemeindera­t bleibt schlicht keine Zeit. Sowohl

Karl (CSU und Zweiter Bürgermeis­ter) als auch David (Grüne) sitzen in dem Gremium in Waltenhofe­n. Beide werden bei der nächsten Wahl nicht mehr antreten – auch um mehr Zeit für den Hof zu haben.

Oftmals haben die Bauern nur zwei trockene Tage, bevor Regen die Heuernte ruinieren würde. Doch auch dabei können die Landwirte mit Technik nachhelfen: Mit körpergroß­en Lüftern blasen sie Luft, die von einem Hackschnit­zel-Brenner erwärmt wird, in die Heulagerha­lle. Damit können sie das Heu teilweise noch in der Halle trocknen, wenn das Wetter nicht mitspielt. Der Weg zurück zur Tradition ist für die David und Karl Fischer mit viel Arbeit verbunden und war oftmals nur durch große Investitio­nen möglich.

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FOTO: CHRISTOPH KÖLLE David (links) und Karl Fischer füttern die Kühe auf ihrem Bauernhof im Oberallgäu­er Waltenhofe­n hauptsächl­ich mit Heu und Gras.

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