Lindauer Zeitung

Dreßen macht’s wie Wasmeier

Zum ersten Mal seit 28 Jahren fährt ein deutscher Skifahrer in Wengen aufs Podest – Slalomspez­ialisten enttäusche­n

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(SID) - Thomas Dreßen saß hoch über der majestätis­chen Berglandsc­haft von Wengen mit einem ungläubige­n Lächeln im Helikopter, der die Besten der traditions­reichen Lauberhorn­Abfahrt zur Siegerehru­ng ins „Weltcupdör­fli“bringt. Dass er bei diesem Klassiker als erster Deutscher seit Markus Wasmeier vor 28 (!) Jahren aufs Podest rasen würde, „hätte ich nicht gedacht“, sagte der derzeit beste deutsche Skirennläu­fer, „ein Podium am Lauberhorn ist ein Traum, das wollte ich immer mal schaffen. Was soll ich sagen außer geil?“

Rebensburg scheitert früh

Ganz anders war die Gefühlslag­e bei Linus Straßer nach dem Slalom, der Münchner schlug im Zielraum wütend mit der lädierten rechten Faust auf eine luftbefüll­te Werbebande. „Ich habe mich extrem geärgert“, sagte er, beim Sieg des Franzosen Clément Noël war deutlich mehr drin als Rang 17. „Ich muss ehrlich sagen: Das war ziemlich dumm gefahren von mir“, meinte Straßer. Ähnliches galt für Viktoria Rebensburg, die beim Riesenslal­om in Sestriere als Siebte erneut das Podest verpasste.

Dreßen dagegen war nach seinem dritten Platz schon eine Woche vor dem Saisonhigh­light in Kitzbühel „extrem happy“. Der 26-Jährige aus Mittenwald ist erst der dritte Deutsche

überhaupt auf dem Wengener Abfahrts-Podium: Josef Ferstl war 1977 Zweiter, Doppel-Olympiasie­ger Wasmeier gewann 1987 im Schatten von Eiger, Mönch und Jungfrau und holte 1989 sowie 1992 zweite Plätze.

Nur 0,31 Sekunden fehlten Dreßen auf der nach Schneefall um über einen Kilometer verkürzten Strecke auf den von Tausenden skiverrück­ten Landsleute­n umjubelten Sieger Beat Feuz. Dabei war es nach Rang fünf 2018 erst seine zweite SpezialAbf­ahrt

im Berner Oberland. „Das war wieder eine Topleistun­g von ihm“, sagte Cheftraine­r Christian Schwaiger. Wieder, weil Dreßen in seiner Comeback-Saison nach schwerer Knieverlet­zung schon die Abfahrt von Lake Louise gewann und auch im Super-G von Gröden Dritter war.

Dennoch kam der Coup auch für Schwaiger „ein bisschen überrasche­nd, weil doch einige Hoppalas im Training waren“. Bei der Generalpro­be

hatte Dreßen das tückische Ziel-S vermasselt, in dem alljährlic­h Siegträume platzen. Als er am Samstag bei der Jagd nach der Ideallinie durch diese Schlüssels­telle raste, „habe ich meinen fetten Arsch nach vorne bewegt“, sagte er scherzhaft.

Anders ausgedrück­t: Dreßen schaltete seinen Kopf ein - und machte mit einer taktischen Meisterlei­stung die entscheide­nden Hundertste­lsekunden gut. Dass es nicht sogar für den vierten Weltcup-Sieg reichte, lag daran, dass Dreßen die Minsch-Kante und die folgende Canadian Corner „nicht perfekt“fuhr. „Ich hätte die Eier haben müssen, auf Zug zu fahren“, sagte er und lachte, „aber das habe ich mir nicht zugetraut.“

Sein Teamkolleg­e Manuel Schmid holte als 13. sein bestes Karriere-Ergebnis – auf den Skiern, mit denen Dreßen 2018 in Kitzbühel gewann. Für Dreßen stand daher vor der Rückkehr ins Ski-Mekka fest: „Kitzbühel wird geil.“

Rebensburg dagegen behauptete trotzig, sie nehme „viele positive Sachen“mit aus Italien. Dort lag sie als Dritte nach dem ersten Lauf im „Riesen“noch auf Podestkurs, im Parallel-Rennen schied sie tags darauf in Runde eins aus. „Die Dinge, an denen wir gearbeitet haben, haben sich als gut erwiesen“, sagte die 30-Jährige scheinbar unbeeindru­ckt, „das müssen wir weiter machen.

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FOTO: FABRICE COFFRINI/AFP Thomas Dreßen während der Lauberhorn-Abfahrt.

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