Sitzmann und Untersteller ziehen sich 2021 zurück
Der nun verbotene Verein Combat 18 nimmt schon im Namen Bezug auf den Nationalsozialismus
(klw/tja) Zwei prominente Südwest-Grüne ziehen sich aus der Politik zurück: Baden-Württembergs Finanzministerin Edith Sitzmann und Franz Untersteller, zuständig für das Umweltressort, wollen 2021 nicht mehr zur anstehenden Landtagswahl antreten. Sitzmann gab persönliche Gründe für den Schritt an. Untersteller teilte mit, er habe Lust, noch einmal etwas anderes zu machen. Welche Aufgabe das sein könnte, blieb zunächst offen.
Bis zu drei Jahre Pause vor einem Wechsel in die Wirtschaft – das fordert derweil die Organsiation Transparency International für BadenWürttemberg. Anlass ist der Wechsel von Volker Ratzmann (Grüne), dem Bevollmächtigten des Landes Baden-Württemberg beim Bund, zur Deutschen Post. Andere Länder und der Bund schreiben in solchen Fällen Karenzzeiten von bis zu drei Jahren vor, im Südwesten fehlt eine solche Regel bisher.
- Es war am 24. September 2017, als die Bundespolizei im fränkischen Schirnding an der tschechischen Grenze nach einem Tipp zwölf Männer aus dem Verkehr winkte. Sie kamen von einem Schießtraining in Eger (Cheb) zurück. Bei der Durchsuchung ihres Kleinbusses fanden die Beamten 24 Schuss Munition. Es waren besondere Projektile dabei. Sie haben eine enorme Durchschlagskraft und kommen etwa in Sturmgewehren zum Einsatz. Die zwölf Männer gehörten nach Angaben von Ermittlern zu Combat 18 Deutschland, einer rechtsextremen Gruppe, die seit acht Jahren existiert. Am Donnerstag wurde sie vom Bundesinnenministerium verboten, die Polizei durchsuchte am Morgen acht Wohnungen in sechs Bundesländern.
Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden richtet sich die gewaltbereite Vereinigung gegen die verfassungsmäßige Ordnung, „da sie mit dem Nationalsozialismus wesensverwandt ist“. „Das heutige Verbot ist eine klare Botschaft: Rechtsextremismus und Antisemitismus haben in unserer Gesellschaft keinen Platz“, sagte Innenminister Horst Seehofer (CSU) am Donnerstag. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) erklärte: „Der Rechtsstaat zeigt, dass er wehrhaft ist.“Oppositionspolitiker kritisierten, das Verbot komme zu spät.
Combat 18 – übersetzt Kampf 18 – war in den 1990er-Jahren als bewaffneter Ableger des britischen Blood & Honour-Vereins (Blut & Ehre) gegründet worden und hat Sektionen in mehreren Ländern. Die Zahl 18 steht in Neonazi-Kreisen als Chiffre für den ersten und achten Buchstaben im Alphabet: „A“und „H“, die Initialen von Adolf Hitler.
Die Mutterorganisation, die bereits im Jahr 2000 in Deutschland verboten wurde, vertritt die Ideologie des „führungslosen Widerstands“. Die Sektionen werden angehalten, in kleinen, unabhängigen Einheiten Waffen zu horten, Todeslisten anzulegen und Anschläge zu begehen.
Als nach dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) über angebliche Kontakte des Täters zu Combat 18 berichtet wurde, kamen Forderungen auf, den Verein zu verbieten. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wehrte das damals ab. Man müsse erst sichere Beweise haben. Gleichzeitig betonte er im vergangenen Jahr immer wieder, er werde „ganz ernsthaft prüfen, welche Gruppierungen zu verbieten sind“. Im Bericht des Bundesverfassungsschutzes taucht Combat 18 Deutschland nicht auf. Dafür ist die Gruppe zu klein. Beobachter sprechen von einer zweistelligen Zahl von Mitgliedern.
„Der Schritt ist lange, lange überfällig. Und es bleibt ein Rätsel, warum er nicht vor vielen Jahren erfolgte“, kritisierte der grüne Vizefraktionschef im Bundestag, Konstantin von Notz. Sein Amtskollege André Hahn von den Linken befürchtet, „dass der lange Vorlauf von den Mitgliedern der Gruppe dazu genutzt wurde, Teile ihres Waffenarsenals und weitere belastende Unterlagen beiseitezuschaffen“.
Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) bezeichnete das Verbot als „absolut richtig“. Combat 18 sei eine „neonazistische, rassistische, fremdenfeindliche, demokratiefeindliche und gewaltbereite Gruppierung“.
In Baden-Württemberg sei der Kampf gegen Rechtsextremismus ein Schwerpunkt der Sicherheitsbehörden, sagte Strobl weiter. Deshalb habe er das Landesamt für Verfassungsschutz umstrukturiert und eine eigene Abteilung gegen Rechtsextremismus eingerichtet. Die Behörde bekomme 25 neue Stellen. Außerdem würden Extremisten entwaffnet. „Bereits im Frühjahr 2017 habe ich deshalb die Waffenbehörden angewiesen, Extremisten keine waffenrechtlichen Erlaubnisse mehr auszustellen und, soweit irgend möglich, bereits erteilte Genehmigungen zu widerrufen“, sagte Strobl.
Auch Strobls bayerischer Amtskollege Joachim Herrmann (CSU) begrüßte das Verbot. Es sei „ein wichtiger Schritt im Kampf gegen ein rechtsextremistisches Netzwerk, das wegen seiner losen Strukturen zwar nur schwer zu erfassen, aber hochgefährlich ist“, sagte Herrmann am Donnerstag. Die von der Gruppe verfolgte Theorie eines vermeintlich bevorstehenden Rassenkrieges sei ebenso „absurd wie erschreckend“.
Mit dem Verbot des Innenministeriums wurde der Verein Combat 18 Deutschland aufgelöst. Es ist damit auch verboten, Ersatzorganisationen zu bilden oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisation fortzuführen. Kennzeichen von Combat 18 Deutschland dürfen nicht mehr öffentlich, in einer Versammlung oder in Schriften, Ton- und Bildträgern, oder Abbildungen verwendet werden.