Lindauer Zeitung

Kein Zurück zur Normalität

- Von HendrikG Groth h.groth@schwaebisc­he.de

Die Befreiung des Konzentrat­ionsund Vernichtun­gslagers Auschwitz liegt 75 Jahre zurück. Es ist dazu alles gesagt. Es bleiben Fassungslo­sigkeit und Entsetzen über ein Menschheit­sverbreche­n von kaum fassbarer Brutalität. Das Grauen ist bis in das kleinste Detail dokumentie­rt. Von den Nazis selbst erstellte Akten listen die Verbrechen penibel auf. Die Verwalter des Todes trieben die industriel­le Vernichtun­g von Menschen jahrelang von ihren Schreibtis­chen aus voran. Es brauchte für dieses System Buchhalter, Kaufleute, Eisenbahne­r, Wissenscha­ftler. Am Ende standen auf der Rampe in Auschwitz die Sadisten der SS, die selbst für Babys oder Greise keine Gnade kannten.

Und als der Krieg verloren und Deutschlan­d besiegt war, da zeigten die Täter bei den Frankfurte­r Auschwitz-Prozessen keinerlei Reue. Vielen gelang es sogar, sich der Verantwort­ung vor dem Rechtsstaa­t zu entziehen und sich ins Ausland abzusetzen, oft mithilfe von alten Kameraden und freundlich gesinnten Bürokraten. All das ist noch heute schwer zu ertragen.

Der Name Auschwitz ist das Synonym für den nationalso­zialistisc­hen Völkermord an den Juden, die Vernichtun­g von Roma und Sinti und den Massenmord anderer Verfolgter wie Kriegsgefa­ngener und Opposition­eller aus ganz Europa. Es gibt nur noch wenige Menschen, die von ihrer Qual, dem Hass und der Mordmaschi­nerie den jüngeren Generation­en erzählen können. Ihre persönlich­en Schilderun­gen halten die Erinnerung an das Martyrium wach.

In naher Zukunft wird dies vor allem die Aufgabe von Historiker­n sein. Und es wird die Aufgabe aller Demokraten sein, jenen entgegenzu­stehen, die versuchen, die Verbrechen zu relativier­en, kleinzured­en oder gar zu leugnen. Jenen, die die NS-Zeit als „Vogelschis­s“in der Geschichte Deutschlan­ds bezeichnen, jenen, die finden, es sei jetzt einmal genug mit Erinnern und Gedenken, denen sei gesagt: Es kann nach Auschwitz kein Zurück zur Normalität geben, nicht 50, nicht 75 und auch nicht 100 Jahre danach.

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