Kein Zurück zur Normalität
Die Befreiung des Konzentrationsund Vernichtungslagers Auschwitz liegt 75 Jahre zurück. Es ist dazu alles gesagt. Es bleiben Fassungslosigkeit und Entsetzen über ein Menschheitsverbrechen von kaum fassbarer Brutalität. Das Grauen ist bis in das kleinste Detail dokumentiert. Von den Nazis selbst erstellte Akten listen die Verbrechen penibel auf. Die Verwalter des Todes trieben die industrielle Vernichtung von Menschen jahrelang von ihren Schreibtischen aus voran. Es brauchte für dieses System Buchhalter, Kaufleute, Eisenbahner, Wissenschaftler. Am Ende standen auf der Rampe in Auschwitz die Sadisten der SS, die selbst für Babys oder Greise keine Gnade kannten.
Und als der Krieg verloren und Deutschland besiegt war, da zeigten die Täter bei den Frankfurter Auschwitz-Prozessen keinerlei Reue. Vielen gelang es sogar, sich der Verantwortung vor dem Rechtsstaat zu entziehen und sich ins Ausland abzusetzen, oft mithilfe von alten Kameraden und freundlich gesinnten Bürokraten. All das ist noch heute schwer zu ertragen.
Der Name Auschwitz ist das Synonym für den nationalsozialistischen Völkermord an den Juden, die Vernichtung von Roma und Sinti und den Massenmord anderer Verfolgter wie Kriegsgefangener und Oppositioneller aus ganz Europa. Es gibt nur noch wenige Menschen, die von ihrer Qual, dem Hass und der Mordmaschinerie den jüngeren Generationen erzählen können. Ihre persönlichen Schilderungen halten die Erinnerung an das Martyrium wach.
In naher Zukunft wird dies vor allem die Aufgabe von Historikern sein. Und es wird die Aufgabe aller Demokraten sein, jenen entgegenzustehen, die versuchen, die Verbrechen zu relativieren, kleinzureden oder gar zu leugnen. Jenen, die die NS-Zeit als „Vogelschiss“in der Geschichte Deutschlands bezeichnen, jenen, die finden, es sei jetzt einmal genug mit Erinnern und Gedenken, denen sei gesagt: Es kann nach Auschwitz kein Zurück zur Normalität geben, nicht 50, nicht 75 und auch nicht 100 Jahre danach.