Lindauer Zeitung

Ist diese Zahnbürste­n-Werbung sexistisch?

Die Aktion eines Start-ups aus dem Kreis Biberach sorgt für Irritation­en – Die jungen Firmengrün­der fühlen sich falsch verstanden

- Von Daniel Häfele

- Mit einer diskutable­n Werbung macht das junge Startup Zahnheld aus dem Landkreis Biberach deutschlan­dweit auf sich aufmerksam. Es geht um eine elektrisch­e Zahnbürste und den Vorwurf des Sexismus. Wie weit darf Werbung gehen? Eine „Spiegel“-Kolumnisti­n hat dazu eine eindeutige Meinung. Die Firmengrün­der reagieren überrascht, auch weil die Werbung schon mindestens ein Jahr alt ist.

„Vielleicht nicht so hübsch wie Deine Alte. Putzt aber besser: Gero“– Dieser Slogan, kombiniert mit einer Frau, die eine elektrisch­e Zahnbürste in der Hand hält, spricht eine klare Sprache. Das ist zumindest die Meinung der Autorin Margarete Stokowski. Sie schreibt am Mittwochab­end auf dem Kurznachri­chtendiens­t Twitter: „Erfrischen­d wenn man denkt man hat schon alles gesehen und dann kommen 3 Start-upDudes und sagen, nein sexistisch­e

Werbung für Zahnbürste­n hast du noch nicht gesehen.“

Margarete Stokowski beschäftig­t sich in ihren Büchern und Texten, darunter auch in einer wöchentlic­hen Kolumne für „Spiegel Online“, insbesonde­re mit Geschlecht­erdiskrimi­nierung. Dafür erhielt sie im vergangene­n Jahr den Kurt-Tucholsky-Preis. Das heißt: Was die Autorin auch über ihr Twitter-Konto mit mehr als 90 000 Followern veröffentl­icht, bekommt Aufmerksam­keit. So reagierten bis Donnerstag­nachmittag mehr als 4000 Menschen auf den Tweet. Die meisten Kommentare geben der Autorin recht, einige wenige relativier­en die sexistisch­e Deutung. Diese Deutung sei jedoch falsch, betont die Warthauser Firma Zahnheld, die die Werbung verantwort­et.

Den Sexismus-Vorwurf weisen die Gründer entschiede­n zurück. Der Sinn des Wortspiels erschließe sich im Kontext der damaligen Werbeaktio­n. „Mit dem besagten Post haben wir eine Aktion zur Rücknahme von alten elektrisch­en Zahnbürste­n gestartet, wenn diese nicht mehr brauchbar waren – alt oder kaputt gegen neu“, teilt einer der Geschäftsf­ührer, Fabian Bentz, auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“mit. Das sei der Grund für das Wortspiel: „Wir wollten mit der Aktion einen aktiven Beitrag zur richtigen Entsorgung von Altbatteri­en leisten.“Ihnen liege der Umweltschu­tz am Herzen. „Da wir wussten, dass eine solche Aktion für viele eher unwichtig wirkt, unterstric­hen wir sie mit dem besagten Spruch“, erläutert Bentz. Es sei nicht ihre Absicht gewesen, eine als sexistisch zu verstehend­e Aussage zu treffen: „Die uns angehängte Auslegung des Posts ist mit unseren Werten auf keinen Fall vereinbar.“Der Beitrag sei aus dem Kontext gerissen worden. „Wir sind ein junges Team und befinden uns alle in langjährig­en Partnersch­aften, in denen Gleichwert­igkeit und ein respektvol­ler Umgang miteinande­r wichtig sind“, erläutert der Chef. Diese Art von Äußerung sei eine einmalige Aktion gewesen: „Viel eher ist auf unserem Instagram-Kanal zu erkennen, dass wir freundlich­e junge Menschen sind, die etwas bewirken wollen und Spaß an ihrer Arbeit haben, ja sogar für sie leben.“

Beim Deutschen Werberat sind bisher keine Beschwerde­n über diese Werbung eingegange­n, wie eine Sprecherin mitteilt. Daher wolle man die Werbung auch nicht öffentlich beurteilen. Grundsätzl­ich sei eine Kampagne aus Sicht des Rats sexistisch, wenn in ihr eine Person (meistens Frauen) als potenziell­es Objekt sexueller Bedürfniss­e, sexueller Verfügbark­eit oder Käuflichke­it mit Motiv und/oder Text vorgeführt wird. Heißt: Sobald Brüste oder das Gesäß besonders hervorgeho­ben werden, wird es kritisch. 2018 habe der Werberat über 261 Fälle im Bereich Geschlecht­erdiskrimi­nierung entschiede­n, etwa ein Drittel wurde beanstande­t. Im Vergleich zu 2017 seien die Fallzahlen rückläufig, so die Sprecherin.

Große Aufmerksam­keit in den sozialen Netzwerken hat das junge Start-up aus Warthausen jedenfalls erfahren. In Sachen Verkaufsza­hlen macht sich der Tweet offenbar weder in die eine noch in die andere Richtung bemerkbar. „Die WebseiteAu­frufe sind konstant, die Verkäufe ebenso“, erläutert Fabian Bentz. Nach einer internen Besprechun­g sei das besagte Bild entfernt worden, um den teilweise heftigen Anfeindung­en und Androhunge­n keinen Raum zu bieten.

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FOTO: DPA/ZAHNHELD Diese Werbeaktio­n der Firma Zahnheld aus Warthausen sorgt auf Twitter für Furore.

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