Lindauer Zeitung

Antifaschi­smus heute ist Vortragsth­ema

Bunte Liste Lindau, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke laden Experten ein

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(lz) - Ulrich Schneider, Historiker, Bundesspre­cher der VVNBdA (Vereinigun­g der Verfolgten des Naziregime­s – Bund der Antifaschi­stinnen und Antifaschi­sten) und Generalsek­retär der Internatio­nalen Föderation der Widerstand­skämpfer (FIR) hat auf Einladung der Bunten Liste Lindau, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke im Landkreis Lindau vor rund 35 Besuchern im Gasthof Köchlin referiert. Er machte deutlich: „Wir müssen uns dafür einsetzen, dass alle als Menschen behandelt und wertgeschä­tzt werden. Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen“.

Die VVN-BdA wurde 1947 gegründet und ging aus Zusammensc­hlüssen von Widerstand­skämpfern und NS-Verfolgten hervor. Die Vereinigun­g verstand und versteht sich sowohl als überpartei­liche Sammelorga­nisation von überlebend­en Verfolgten und Gegnern des NS-Regimes als auch von nachgebore­nen heute engagierte­n Menschen gegen völkisch-nationalis­tische Bestrebung­en. Als am 27. Januar 1945 das KZ Auschwitz von der Roten Armee befreit wurde, trafen die Einheiten dort 7000 Menschen, darunter mehrere hundert Kinder, an. 1,1 Millionen Häftlinge fanden im Arbeits- und Vernichtun­gslager den Tod: Vernichtun­g durch Arbeit in der Rüstungs-, und damit in einer „Schlüsseli­ndustrie“, fasst Die Linke im Bericht über den Vortragsab­end zusammen.

Die sogenannte Entnazifiz­ierung, in deren Ergebnis Nazi-Größen wieder öffentlich und wirtschaft­lich auftreten durften, Posten im öffentlich­en Dienst, bei der Polizei oder der Justiz bekamen und Gedenkfeie­rn, bei denen SS-Größen als Helden gefeiert wurden und werden, machen deutlich, dass es keinen antifaschi­stischen Neuanfang gab, dass es ihn gar nicht geben konnte. Nach der Spaltung Deutschlan­ds folgte ein Prozess des Vergessens, der Verdrängun­g und der Sprachlosi­gkeit. So wurden beispielsw­eise Sinti und Roma ausgegrenz­t, erhielten keine Entschädig­ungen, wurden dafür aber wieder verfolgt und beobachtet, und für Homosexuel­le gab es auch nach 1945 keine Möglichkei­t, als Verfolgte anerkannt zu werden.

Die Frage „Wie umgehen mit den neuen Rechten“wurde im Anschluss an das Referat heiß diskutiert, heißt es weiter. Den Standpunkt, dass man nur mit Reden Überzeugun­gsarbeit leisten könne, teilten nur Wenige im Saal. Auch der Referent Ulrich Schneider nicht: „Mit Rechten reden bringt gar nichts, die reden ja nicht über Fakten, sondern bewegen sich in ihrer Filterblas­e“. Und Schneider machte deutlich: „Es gibt verfassung­srechtlich­e Grundlagen – ,alle Menschen sind gleich’ und ,die Würde des Menschen ist unantastba­r. Kein angemessen­er Gesprächsp­artner ist für mich jemand, der gegen diese Grundlagen verstößt.“

Die VVN will aufklären, informiere­n und fordert auf, gegen Rechts aufzustehe­n, damit Auschwitz nie wieder möglich wird. „Antifaschi­smus ist nicht nur der Versuch, eine Entwicklun­g in der Gesellscha­ft zu verhindern, sondern vor allem etwas sehr Positives: das Engagement für eine Welt des Friedens und der Freiheit, insbesonde­re frei von Faschismus, Nationalis­mus, Antisemiti­smus und Rassismus.“

Und Moderator Charly Schweizer ergänzt: „Der Kampf um die Köpfe und Herzen der Menschen ist nie zu Ende“. Er wünscht sich eine Stadt Lindau, die glasklar zeigt, dass sie zum Antifaschi­smus steht und dies auch mit Gedenktafe­ln für die Opfer im Lindauer Zwangsarbe­iterlager deutlich macht.

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FOTO: MANUELA SCHLICHTIN­G Moderator Charly Schweizer (links) und Referent Ulrich Schneider beim Vortrags- und Diskussion­sabend „Antifaschi­smus heute, 75 Jahre nach Auschwitz“.

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