Stiftungsstreit: Gericht weist Klagen ab
Zeppelin-Urenkel kündigt Berufung an – Stadt Friedrichshafen sieht ihre Position bestätigt
(mh) - Klage abgewiesen: Albrecht von Brandenstein-Zeppelin ist mit seinem Versuch gescheitert, vor Gericht der Stadt Friedrichshafen die Kontrolle über die Zeppelin-Stiftung zu entziehen. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat am Donnerstag entsprechende Klagen abgewiesen. Weil die Richter eine Berufung in dem Fall zugelassen haben, spricht der Urenkel des Luftschiffpioniers trotzdem vom einem „Erfolg und ersten Schritt auf dem Weg zu einer erfolgreichen Restitution der Zeppelin-Stiftung“. Stadt und Regierungspräsidium Tübingen reagieren zurückhaltend.
Die Mitteilung der 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Sigmaringen unter Vorsitz von Armin Horn war knapp: „Die Klagen werden abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen je zur Hälfte. Die Berufung wird zugelassen.“Weil sich das Gericht bei der rund vierstündigen mündlichen Verhandlung am Mittwoch nur mit der Frage der Zulässigkeit der Klage befasst hat, bedeutet dies, dass Albrecht von Brandenstein-Zeppelin und sein Sohn Frederic nicht befugt sind, in diesem Fall eine Klage zu erheben, weil sie offenbar keine subjektiven Rechte an der Stiftung geltend machen konnten. Was genau die drei hauptamtlichen und zwei ehrenamtlichen Richter zu ihrem Urteil geführt hat, ist noch nicht bekannt. Die schriftliche Begründung wird erst in einigen Wochen erwartet.
Weil sich das Verfahren auf die Frage der Zulässigkeit beschränkt hat, hat die 6. Kammer sich auch nicht inhaltlich mit dem Kernvorwurf des 69-jährigen Adeligen aus Mittelbiberach und seines Sohnes auseinandergesetzt. Ihre Behauptung: Die Zeppelin-Stiftung sei 1947 rechtswidrig aufgelöst und an die Stadt Friedrichshafen übertragen worden. Zudem würden die Mittel der Stiftung entgegen den Festlegungen des Stifters verwendet. Beides weisen die Kommune und das Regierungspräsidium (RP) als Aufsichtsbehörden zurück. Der Versuch, mittels eines Antrags die alte ZeppelinStiftung mit Familienmitgliedern an entscheidender Stelle wiederherzustellen, war im Jahre 2016 an der Ablehnung des RP gescheitert. Dagegen haben Albrecht und Frederic von Brandenstein-Zeppelin mehrere Klagen erhoben. Diese Klagen sind nun abgewiesen worden.
„Ich bin sehr zufrieden, dass das Verwaltungsgericht damit die
Rechtsauffassung des Regierungspräsidiums bestätigt hat“, sagt Regierungspräsident Klaus Tappeser. Um eine abschließende Beurteilung vornehmen zu können, müsse die Urteilsbegründung vorliegen. „Bereits heute sehe ich in dem Urteil aber einen wichtigen Hinweis an die Kläger, ihre Bemühungen um die Wiederherstellung der vor mehr als 70 Jahren aufgehobenen Zeppelin-Stiftung zu überdenken“, betonte Tappeser.
„Mit der Entscheidung des Gerichts ist unsere Rechtsauffassung erneut bestätigt worden“, sagt Andreas Brand, Oberbürgermeister Friedrichshafens. Die Stadt war zu dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht beigeladen.
Die Prozessvertreter der Stadt, Christoph Schönberger, Jura-Professor an der Uni Konstanz, und Rechtsanwalt Andreas Dietzel sehen in der Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine Bestätigung der Rechtsposition Friedrichshafens. „Es ist jedoch leider damit zu rechnen, dass Albrecht von Brandenstein-Zeppelin die Entscheidung nicht akzeptieren und weitere Gerichte beschäftigen wird“, sagt Schönberger.
Diese Vermutung bestätigt der Kläger: „Ich habe immer gesagt: Wenn ich mit meiner Klage in erster
Instanz unterliege, werde ich die nächste Instanz bemühen.“Die Verhandlung in Sigmaringen habe deutlich gemacht, dass die Stiftung „von Seiten der Stadt Friedrichshafen für ihre Zwecke missbraucht wird. Der Oberbürgermeister und die Mitglieder des Gemeinderats missachten den von meinem Urgroßvater als Stiftungsgründer festgelegten Stifterwillen“, schreibt der 69-Jährige. Das RP komme seiner Pflicht zur Aufsicht nicht nach.
Er verfolge „kein merkantiles Interesse an der Zeppelin Stiftung“, betonte von Brandenstein-Zeppelin erneut. Er wolle vielmehr, dass sie als „gemeinnützige, von der Stadt Friedrichshafen unabhängige rechtsfähige Stiftung zur Wissenschaftsförderung auf dem Gebiet der Luftfahrt entsprechend der Stiftung des Grafen Zeppelin wieder anerkannt wird und in ihrem Aufsichtsrat, wie vom Stifter geregelt, auch Familienangehörige einen Sitz haben“. Es gehe um die Frage, ob Nachfahren des Stifters und potentielle Organmitglieder eine existentielle Maßnahme einer Stiftungsaufsicht gerichtlich hinterfragen beziehungsweise ein Restitutionsverfahren anstoßen können, so der Urenkel des Grafen.
Sein Anwalt Stephan Schauhoff misst dem Verfahren grundsätzliche Bedeutung für das Stiftungsrecht bei. „Land und Stadt meinen, niemand habe die Befugnis, ein Gericht über die Wirksamkeit des Gesetzes, durch das die Zeppelin-Stiftung 1947aufgehoben wurde, entscheiden zu lassen. Über die Wirksamkeit eines Gesetzes darf das Regierungspräsidium Tübingen nicht entscheiden. Frühere Klagen wurden ohne Gerichtsentscheidungen beendet, weil die jeweiligen Kläger mit Zustimmung der Stadt Friedrichshafen abgefunden wurden. Deswegen ist eine Rechtsschutzlücke entstanden.“
Sein Kollege Christian Kirchhain sagt, die Klagebefugnis lasse sich auf das Landes-Stiftungsgesetz stützen, auf das dort verankerte Gebot, dass die staatliche Stiftungsaufsicht den historischen Stifterwillen zu achten und das Existenzrecht von Stiftungen zu schützen habe. Die von den Klägern angestrebte richterliche Rechtsfortbildung solle eine Rechtsschutzlücke schließen. Rechtsanwalt Andreas Staudacher zeigte sich mit der Berufungszulassung zufrieden: „Wir sind jetzt an dem Punkt, den der Vorsitzende Richter zu Beginn der Verhandlung benannt hat, dass dieses Verfahren hoch komplex und von grundsätzlicher Bedeutung sei.“