Mit Feinsinn gegen kulinarische Beliebigkeit
Woran erkennt man einen Koch, der hinterm Herd nicht bloß seine Zeit absitzt? Am Essen natürlich – und dabei vor allem an den originellen Ideen, die sich zwischen Rohstoff, Kochtopf und Teller entwickeln. So einen kreativen Denker muss man sich wohl hinter dem Namen Wilhelm Schmid vorstellen. Der nämlich ist der Küchenchef in der Feld-Wirtschaft in Bermaringen bei Blaustein im AlbDonau-Kreis. Dass der Name des Lokals kein Zufall ist, sondern die Begriffe „Feld“und „Wirtschaft“eine nicht nur sinnbildliche, sondern wortwörtliche Nähe pflegen, macht das Restaurant besonders. Zwar genügen die Obst- und Gemüsegärten hinterm Haus nicht, um das Ideal der Selbstversorgung zu erreichen.
Doch sie tragen dazu bei, dass die FeldWirtschaft ihr jahreszeitliches Selbstverständnis
radikal vertritt. Ebenso wie das Team durch selbst bewirtschaftete Flächen die viel beschworene Regionalität lokal auslebt. Und damit der Formel „kurze Wege“wieder Glaubwürdigkeit verleiht.
Was das auf dem Teller bedeutet? Dass zum Beispiel die Karotten auf dem Vorspeisenteller in ihrer süßlich-exotischen Aromatik wunderbare Frucht am Gaumen entwickeln. Und der Rettich erst – maskulin abgeschmeckt mit Knoblauch! Die Küche schenkt jedem Detail Beachtung, so auch dem lauwarmen Lachs, den sautierten Pilzen, dem mürben Oktopussalat, der mit Kreuzkümmel veredelten Roten Beete sowie dem mit Kurkuma zitronengelb abgeschmeckten Blumenkohl. Damit wird die Vorspeise zu einem unkonventionellen Geschmacksparcours, der trotz des Einsatzes bisweilen exotischer Aromen nicht zum kulinarischen Irrgarten mutiert.
Die Seele von Bedienung, ein weibliches Exemplar mit besonders herzlicher Art, empfiehlt die jenseits der Karte angebotenen Teller: Schweinebraten mit Spitzkraut und einem grasgrünen Semmelknödel. Außerdem: Leber vom Ur-Rind mit Bratkartoffeln der Sorte Bamberger Hörnchen sowie Sauerkraut und Mango-Chutney. Und auch bei den Hauptgerichten lässt jede Gabel, jeder Löffel die besondere Achtsamkeit spüren. Das Schwein als überaus saftige Angelegenheit verströmt einmal mehr den Geschmack von Kreuzkümmel. Sehr mild mit sahnigem Anklang präsentiert sich das Spitzkohlgemüse. Und im Semmelknödel feiern Rucola, Bärlauch und Spinat ausgelassen die Farbe Grün.
Da stellt sich beim Schneiden durch die auffallend dünn geschnittenen Tranchen von der Leber fast schon ein bisschen Erleichterung ein. Denn die Innerei offenbart, dass auch in der Feld-Wirtschaft Fehler passieren können. Die Leber ist in weiten Teilen zu durch und damit trocken gebraten, was ihr einen unangenehmen Biss gibt und das Aroma raubt. Viel Spaß machen indes das milde Sauerkraut sowie der süßliche Kontrast aus Mango-Chutney. Die gekräuterten Kartoffeln stehen dem in nichts nach. Diese ehrliche Küche inszeniert sich übrigens in einem von dunklen Holzbalken gehaltenen Raum, der mit natürlichen Materialen zum Wohlgefühl beiträgt.
Der Abschluss wieder einfach, aber einfach gut: Eis aus Kokosmilch, nur sanft süß, leicht beleckt durch Basilikumöl. Essen für Fortgeschrittene und ein starkes Zeichen gegen kulinarische Beliebigkeit.
Feld-Wirtschaft
Wagnergasse 6
89134 Blaustein/Bermaringen Tel. 07304-41886 www.feld-wirtschaft.de Geöffnet Donnerstag bis Sonntag ab 17 Uhr, sonntags auch 12-15.30 Uhr. Hauptgerichte 17-26 Euro.
Weitere „Aufgegabelt“-Folgen: www.schwäbische.de/aufgegabelt