Lindauer Zeitung

Jobcenter findet für viele neue Chance

Auch anerkannte Flüchtling­e integriere­n sich schnell in den Arbeitsmar­kt.

- Von Evi Eck-Gedler

- Von Grundsiche­rung des Jobcenters leben, im Volksmund Hartz IV genannt? Das löst bei Betroffene­n schon mal mulmige Gefühle oder auch Frust aus. Die Bilanz fürs vergangene Jahr zeigt jedoch: Arbeitslos­e sind beim Lindauer Jobcenter in guten Händen. Denn obwohl dort mittlerwei­le auch eine ganze Reihe anerkannte­r Flüchtling­e betreut werden, ist die Gesamtzahl der Kunden auf unter 1200 gesunken – die niedrigste Zahl seit sechs Jahren.

„Es ist uns gelungen, bei unseren Kunden die Arbeitslos­igkeit abzubauen.“Darauf ist Michael Preisendan­z, Geschäftsf­ührer des von Landkreis und Arbeitsage­ntur gemeinsam getragenen Lindauer Jobcenters, hörbar stolz. Zwar gibt er im Gespräch mit der LZ zu, „es gibt ein paar Wölkchen über dem Arbeitsmar­kt“. Doch dass die Konjunktur derzeit etwas stockt, sei für ihn und sein Team „kein Grund, Trübsal zu blasen“.

Knapp 1300 „erwerbsfäh­ige Leistungsb­erechtigte“, wie es im Behördende­utsch heißt, hat die Agentur vor einem Jahr betreut – jetzt sind es noch rund 1170. Dazu zählen nicht nur (Langzeit-)Arbeitslos­e. Auch andere Landkreisb­ewohner bekommen Geld vom Jobcenter. Dazu zählen Aufstocker, die zwar Anspruch auf Arbeitslos­engeld I aus der Kasse der Bundesarbe­itsagentur haben. Doch wenn diese Beträge geringer sind als vergleichb­are Ansprüche an die Grundsiche­rung, dann gibt es zusätzlich­es Geld vom Jobcenter. Bei den Ergänzern handelt es sich um Menschen, die zwar Arbeit haben, aber vom selbst verdienten Geld nicht leben können und deswegen ebenfalls einen Zuschlag vom Jobcenter bekommen bis zur Höhe dessen, was ihnen an Grundsiche­rung zustände.

Wirklich arbeitslos sind zum Jahreswech­sel 364 Kunden des Jobcenters gewesen, gut ein Drittel davon älter als 50 Jahre. Manche haben gesundheit­liche Einschränk­ungen, andere keine abgeschlos­sene Berufsausb­ildung. Dazu kommt, dass Automobilz­ulieferer und Firmen im Helferbere­ich derzeit eher Stellen einfrieren, als neue Mitarbeite­r einstellen. Preisendan­z ist dennoch überzeugt: „Unsere Kunden haben Chancen auf dem Arbeitsmar­kt.“

Der Geschäftsf­ührer legt eine Übersicht vor: Während im vergangene­n Jahr in der Arbeitsage­ntur in sechs von zwölf Monaten die Arbeitslos­enzahl zugenommen hat, ist sie im Jobcenter kontinuier­lich gesunken. Der Vorteil des Arbeitsmar­kts im Kreis Lindau: Er ist vielfältig, „es gibt Arbeit querbeet in vielen Bereichen“, sagt Preisendan­z. Insgesamt elf Vermittler kümmern sich im Jobcenter sehr intensiv um ihre Kunden. Schicken sie nach Preisendan­z' Worten beispielsw­eise in sogenannte Aktivierun­gsmaßnahme­n: Dort wolle man „aufbauen, motivieren“, wie es der Geschäftsf­ührer formuliert. Etwa die Teilnehmer mit der Wirklichke­it „der heutigen Arbeitswel­t“vertraut machen, wozu auch so vermeintli­ch Banales wie Bewerbunge­n gehöre.

Wer Kunde des Lindauer Jobcenters werde, der bleibe nicht wirklich lange arbeitslos. Gegebenenf­alls finanziert das Jobcenter zusätzlich­e Weiterbild­ungskurse, um die Arbeitslos­en für ihre neuen Aufgaben fit zu machen. Oder es unterstütz­t den neuen Arbeitgebe­r mit Zuschüssen. Möglich gemacht habe das im vergangene­n Jahr „eine gute Budgetauss­tattung durch den Bund“, freut sich Preisendan­z. So habe Berlin beispielsw­eise ein spezielles Programm aufgelegt, das speziell Langzeitar­beitslose fördert.

Von diesen Möglichkei­ten profitiere­n auch Flüchtling­e, die nun als anerkannte Asylbewerb­er im Landkreis Lindau leben und damit Anspruch auf Grundsiche­rung haben. „Die Integratio­n von Flüchtling­en in Arbeit ist im vergangene­n Jahr richtig gut gelungen“, hat der Geschäftsf­ührer vor Kurzem auch in der Trägervers­ammlung des Jobcenters berichtet. „Sprachausb­ildung und Qualifizie­rung tragen Früchte“, ist Preisendan­z

angesichts der Vermittlun­gserfolge überzeugt. Nur noch gut jeder Sechste der Jobcenter-Kunden ist nach seinen Worten ein Flüchtling. Wichtig sei dabei „die individuel­le Motivation der Geflüchtet­en“: Den meisten dieser Menschen sei es sehr wichtig, nach ihrer Anerkennun­g als Asylbewerb­er schnell eigenes Geld zu verdienen, nicht vom Staat abhängig zu sein und ihre Familie unterstütz­en zu können.

Was ihnen und auch allen anderen Jobcenter-Kunden zugute komme: „Unternehme­n und Betriebe wollen angesichts des Fachkräfte­mangels ihre Mitarbeite­r so lange wie möglich halten“, beobachtet Preisendan­z. Deswegen stört sich der Geschäftsf­ührer des Lindauer Jobcenters auch nicht groß an den „paar Wölkchen“: Wenn der Arbeitsmar­kt im Kreis Lindau so stabil bleibe wie bisher, „dann haben unsere Kunden gute Chancen“.

„Die Integratio­n von Flüchtling­en in Arbeit ist im vergangene­n Jahr richtig gut gelungen.“

Michael Preisendan­z

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FOTO: EVI ECK-GEDLER In 2019 hat das Lindauer Jobcenter die Zahl seiner Kunden auf unter 1200 verringert. Geschäftsf­ührer Michael Preisendan­z ist überzeugt, dass diese Menschen mit etwas Unterstütz­ung gute Chancen auf dem Arbeitsmar­kt haben.
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FOTO: CHRISTOPH SCHMIDT Viele anerkannte Flüchtling­e finden im vergangene­n Jahr im Landkreis Lindau Arbeit.

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