Debatte über das Waffenrecht nach Familiendrama
Nach dem Familiendrama in Rot am See herrscht in dem Ort Fassungslosigkeit
(dpa) - Nach dem Familiendrama mit sechs Toten in Rot am See im Kreis Schwäbisch Hall fordert Innenexperte Uli Sckerl (Grüne) eine weitere Verschärfung des Waffenrechts. Innenminister Thomas Strobl (CDU) habe einen „klaren Prüfauftrag“, sagte Sckerl am Sonntag. Der 26-jährige mutmaßliche Täter von Rot, über dessen Motiv weiter Unklarheit herrscht, war Sportschütze, Inhaber einer Waffenbesitzkarte und legal im Besitz der Pistole. Strobl hatte bereits am Freitag erklärt, man müsse schauen, ob beim zuletzt verschärften Waffenrecht nachgearbeitet werden muss. Dies befürchtet der Deutsche Schützenbund (DSB). „Wenn mit einer legalen Waffe so etwas passiert, ist immer die Diskussion da, wie man die Schraube noch weiter anziehen kann“, sagte DSBVize Walter Wolpert.
- Es ist der Tag danach. Ein Tag, nachdem ein 26-jähriger Sportschütze in einem Gasthof in Rot am See (Landkreis Schwäbisch Hall) sechs Familienmitglieder erschossen und zwei verletzt hat. Die Stimmung in der Straße, in der das Familiendrama einen Tag zuvor stattgefunden hat, ist bizarr. In einem Moment rollen viele Autos am „Deutschen Kaiser“vorbei. Minuten später ist es menschenleer und still.
Kamerateams und Fotografen lichten in der mittäglichen Wintersonne das ockerfarbene Haus ab. Vor dem Haus parkt ein Streifenwagen, der kurz darauf davonfährt. Außer dem rot-weißen Flatterband der Polizei erinnert nichts an die schrecklichen Ereignisse. Bis auf eines: Immer wieder legen Passanten Blumen in der Nähe des Gasthofs ab, zünden Kerzen an. Sie verharren nur kurz, keiner bleibt lange stehen. Ihre Gesichter spiegeln wider, was der gesamte Ort empfinden muss.
„Ich glaube es immer noch nicht“, sagt ein Mann, der schräg gegenüber des Tatorts wohnt. „Das sind Nachbarn, ganz normale Leute. Die kennt man alle.“Auch den mutmaßlichen Täter. Den 26-Jährigen, der ebenfalls in dem Gasthof gewohnt hat, habe er ab und an auf seinem Fahrrad vorbeifahren sehen. „Er war völlig unaufällig“, sagt er. Mehr will oder kann er nicht sagen. Er verabschiedet sich, geht zurück ins Haus. Eine junge Frau winkt ebenfalls ab, nachdem sie Blumen niedergelegt und eine Kerze angezündet hat. „Sorry“, sagt sie nur leise und geht davon.
„Wir sind aus der Gegend“, sagt hingegen eine ältere Frau, die den Tatort mit ihrem Mann besucht. Gekannt habe sie die Opfer und den mutmaßlichen Täter nicht. Dennoch nehmen sie Anteil: „Man kann nicht fassen, dass das passiert ist“, sagt sie.
Zwar nimmt der Alltag an diesem Samstag, dem Tag danach, seinen augenscheinlich gewohnten Gang. Viele Autos rollen durch die 5400-Einwohner-Gemeinde, die eine gute halbe Autostunde von Schwäbisch Hall entfernt ist. Der Gasthof ist von der Hauptstraße, die durch den Ort führt, gut sichtbar. Eine Straße geht eine kleine Anhöhe hinauf zum Bahnhof, der nur unweit, wenige Meter hinter dem ockerfarbenen Haus liegt. Doch bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass doch nicht alles so wie immer ist. Jeder Autofahrer, der die Kreuzung auf der Hauptstraße zur Anhöhe passiert, blickt sie hinauf. Ausnahmslos. Einer der Supermärkte ganz in der Nähe ist auffällig leer. Still ist es an diesem Ort für einen Samstag. Das sei sonst nicht so, sagt eine Frau auf dem Parkplatz auf Nachfrage. „Das ist heute sehr auffällig“, sagt sie.
In der Ortsmitte sind ebenfalls nur wenige Leute zu Fuß unterwegs. Eine Familie tritt aus der Tür eines Hauses. In den Händen hält jeder von ihnen einen Blumenstrauß. Ihr Ziel dürfte klar sein.