Der dritte Versuch
Ségolène Royal schließt nach ihrer Entlassung eine Präsidentschaftskandidatur nicht aus
- Ségolène Royal sorgt dafür, dass sie auffällt. Knallbunte Blazer, auffällig geblümte Tücher und eine dunkle, durchsetzungsstarke Stimme. Die setzt die frühere Sozialistin seit ihrem Ausscheiden aus der Regierung 2017 vor allem ein, um für sich selbst Werbung zu machen. Präsident Emmanuel Macron war das bei seiner Botschafterin für Arktis und Antarktis zu viel: Er entließ die 66-Jährige kürzlich.
Auf dem Papier schien die frühere Umweltministerin für den in Zeiten des Klimawandels so wichtigen Posten bestens qualifiziert. Doch Recherchen des Radiosenders France Info ergaben im vergangenen Jahr, dass die frühere Lebensgefährtin von Ex-Präsident François Hollande zu den internationalen Treffen selten erschien. Das Budget, das mit ihrem ehrenamtlichen Engagement einherging, soll sie für Einweihungsfeiern in der französischen Provinz oder Werbung für ihre Bücher ausgegeben haben. Die Finanzstaatsanwaltschaft ermittelt deshalb.
Ihren Rauswurf veröffentlichte „Ségo“selbst auf ihrer Facebook-Seite. „Ich erfahre durch diesen Brief, dass der Präsident mich entlassen will, weil ich nicht die Absicht habe, auf meine Meinungs- und Redefreiheit zu verzichten, die in der Verfassung garantiert ist“, schrieb sie. Die Regierung begründet die Entlassung damit, dass Royal nicht die Zurückhaltung gezeigt habe, die bei einem diplomatischem Amt erwartet werde. Die beliebte Ex-Ministerin hatte sich mehrmals zu Macrons Politik geäußert und unter anderem die Rentenreform kritisiert. Der Regierung hatte sie zudem ein „machohaftes Ego“vorgeworfen.
Die selbstbewusste Offizierstochter ist für ihre offenen Worte bekannt. In ihrem 2018 erschienenen Buch „Ce que je peux enfin vous dire“(Was ich Ihnen endlich sagen kann) spricht sie über Ökologie und
Feminismus, aber auch über die Untreue ihres früheren Partners Hollande. Den setzte sie 2007 direkt nach der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl vor die Tür, weil er ein Verhältnis mit der Journalistin Valérie Trierweiler hatte. „Ich habe François Hollande aufgefordert, das Haus zu verlassen und sein Gefühlsleben für sich auszuleben“, erklärte die betrogene Partnerin damals.
Gegen Sarkozy gescheitert
Mit dem Ex verbindet sie auch heute noch ein politischer Ehrgeiz, der sie zu einer erneuten Präsidentschaftskandidatur treiben könnte. Royal sieht sich als Vertreterin einer „dritten Kraft“, die sie zwischen Macron und der Rechtspopulistin Marine Le Pen aufbauen will. „Wenn ich die am besten Platzierte bin, dann bin ich dazu bereit“, sagt sie zu einer Kandidatur in zweieinhalb Jahren. 2007 war Royal in der Stichwahl gegen Nicolas
Sarkozy gescheitert und hatte danach unter Tränen angekündigt: „Ich komme wieder.“2011 unterlag sie allerdings Hollandein der Vorwahl der Sozialisten deutlich. Der hatte die Mutter seiner vier Kinder später als Umweltministerin ins Kabinett holte.
Die beiden hatten sich Ende der 1970er-Jahre an der Elite-Hochschule ENA kennengelernt und schnell ein politisches Powerpaar gebildet. Sie als Beraterin von Präsident François Mitterrand und Ministerin und er als Abgeordneter und Parteichef. Dabei schreckte vor allem „Ségo“nicht davor zurück, ihr Familienleben in aller Öffentlichkeit auszubreiten. Schon am Tag nach der Geburt ihrer jüngsten Tochter ließ sie sich im Krankenhaus filmen. Es sei ihr dabei um die Sache der Frauen gegangen, sagte sie später. „Ich wollte zeigen, dass man Ministerin sein und vier Kinder haben kann.“