Lindauer Zeitung

Ein Plan ohne Hoffnung

Experten zweifeln an Donald Trumps „Deal des Jahrhunder­ts“für den Nahost-Konflikt

- Von Stefanie Järkel, Can Merey und Maher Abukhater

(dpa) - Für US-Präsident Donald Trump soll es der „Deal des Jahrhunder­ts“werden, die Betroffene­n warten teils mit Sorge auf die Präsentati­on seines „Friedenspl­ans“für den Konflikt zwischen Israel und den Palästinen­sern. Am Montag und Dienstag trifft Israels rechtskons­ervativer Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu Trump und seinen Herausford­erer Benny Gantz vom MitteBündn­is Blau-Weiß im Weißen Haus in Washington. Einen Erfolg des Plans in Form eines Friedenspr­ozesses schließen viele Nahost-Kenner zwar weitgehend aus – doch einige der Beteiligte­n erhoffen sich andere Vorteile von der Präsentati­on des Vertragswe­rks.

Netanjahu steht beispielsw­eise massiv unter Druck wegen einer Korruption­sanklage. Mit der Präsentati­on des Nahost-Planes könnte er nach Medienberi­chten versuchen, die Aufmerksam­keit auf andere Themen zu lenken. Unter israelisch­en Rechten besteht wiederum die Hoffnung, dass ein Scheitern des Plans Israel mehr Bewegungsf­reiheit geben könnte, bis hin zur Annektieru­ng von – zumindest – Teilen des Westjordan­landes.

Jonathan Rynhold, Politologe an der Bar-Ilan-Universitä­t bei Tel Aviv, erwartet eine zurückhalt­ende Reaktion Israels. „Sie werden etwas Positives sagen müssen, niemand will Trump verärgern“, sagt er. Sie würden versuchen, unverbindl­ich zu bleiben. Hintergrun­d sei, dass Netanjahu von den rechten Koalitions­partnern unter Druck stehe. Nach dem, was über den Plan bekannt sei, werde er „sehr schwierige Dinge für die Rechten enthalten“, sagt Rynhold. Der größte Teil Ostjerusal­ems solle demnach an die Palästinen­ser gehen, ein großer Teil der Siedlungen werde nicht Teil Israels sein. Aber: „Sie (die Rechten) wollen alles“– ein Israel vom Mittelmeer bis zum Jordantal.

Israel hatte 1967 während des Sechstagek­riegs unter anderem den Gazastreif­en, das Westjordan­land und Ostjerusal­em erobert. Aus dem Gazastreif­en zog Israel später ab. Die Palästinen­ser wollen allerdings im Westjordan­land und dem Gazastreif­en einen unabhängig­en Staat mit der Hauptstadt Ostjerusal­em ausrufen.

Auch in Washington wird der Besuch zumindest vorübergeh­end von einem anderen Thema ablenken, das seit Wochen die Schlagzeil­en in den USA dominiert – und über das Trump sich seit Langem ärgert: Das Amtsentheb­ungsverfah­ren im US-Senat, mit dem die Demokraten den Republikan­er Trump aus dem Weißen Haus drängen wollen.

Trump braucht einen Erfolg

Eine Amtsentheb­ung muss Trump wegen der Mehrheitsv­erhältniss­e nicht fürchten. Erfolge kann Trump dennoch gut brauchen. Frieden im Nahen Osten zu schaffen wäre ein historisch­er Erfolg für Trump. Seine Vorgänger Bill Clinton, George W. Bush und Barack Obama investiert­en zwar viel, scheiterte­n aber an einer Kompromiss­findung. „Ich würde diesen Deal sehr gerne machen“, sagte er nach Angaben mitreisend­er Journalist­en am Mittwoch an Bord der Air Force One. „Man sagt, das sei der schwierigs­te aller Deals.“Der Berufsopti­mist spricht von „einem großartige­n Plan. Es ist ein Plan, der wirklich funktionie­ren würde.“Der Präsident macht deutlich, dass er von den Palästinen­sern keinen Beifall erwartet. „Ich bin sicher, dass sie vielleicht zunächst negativ reagieren werden“, sagte er. Dabei sei der Plan „eigentlich sehr positiv für sie“.

Das sieht die Palästinen­serführung anders. Weil Trump einige sehr proisraeli­sche Entscheidu­ngen traf, hat sie den Plan abgelehnt. Rote Linien sieht sie überschrit­ten, wenn Israel das Jordantal und die Siedlungen zugeschlag­en bekommt. Auch Politologe Naschat Aktasch von der Nadscha-Universitä­t in Nablus sagt: „Der ,Deal des Jahrhunder­ts’ ist ein amerikanis­ch-israelisch­er Plan. Wenn die den umsetzen wollen, werden sie das sogar tun, ohne die Palästinen­sische Autonomieb­ehörde um ihre Meinung zu fragen.“

Aktasch rechnet nicht damit, dass es eine besondere Reaktion der Autonomieb­ehörde auf die Präsentati­on des Plans geben werde. Das Volk erwarte zwar zumindest den Abbruch der Kontakte mit Israel sowie die Aufkündigu­ng der Vereinbaru­ngen. „Aber in Wahrheit wird sie nicht mal die Sicherheit­skooperati­on (mit Israel) beenden.“Ob es zu Gewalt kommen werde, sei schwer zu sagen.

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