Bürgermeister Roland Haugs muss 45 000 Euro Strafe bezahlen
Landgericht Ravensburg lehnt Berufung des Hoßkircher Schultes ab und verdoppelt Strafmaß
(jule) - Schuldig auch in zweiter Instanz: Das Landgericht Ravensburg hat Bürgermeister Roland Haug am Mittwochnachmittag wegen uneidlicher Falschaussage vor Gericht verurteilt. Richter Martin Hussels-Eichhorn und die Schöffen sahen es in dem Berufungsprozess als erwiesen an, dass Haug im Hoßkircher Mordprozess nicht die Wahrheit gesagt hatte. Er verhängte die von der Staatsanwaltschaft geforderte Strafe von 150 Tagessätzen zu je 300 Euro, also 45 000 Euro. Das ist eine Verdoppelung des Strafmaßes aus der ersten Instanz. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Im Februar 2018 hatte Haug im Hoßkircher Mordprozess im Landgericht eine Aussage gemacht. Dabei widersprach er der Darstellung zweier Kripobeamter. Diese schilderten vor Gericht ein Gespräch mit dem Bürgermeister während einer Hausdurchsuchung. Darin soll Haug von einem Gespräch mit dem Vater des später Verurteilten berichtet haben, in welchem der seinen Sohn unter anderem als jähzornig beschrieb und sich vorstellen könnte, dass er seiner Frau etwas antun würde. Im Mordprozess bestritt Haug dies mehrfach. Das Amtsgericht hatte Haug im Juni 2019 bereits wegen uneidlicher Falschaussage verurteilt. Dagegen hatten sowohl Haugs Verteidiger Stephan Tschaidse als auch Staatsanwalt Peter Spieler Berufung eingelegt.
Der Verteidiger verlas die bereits beim Amtsgericht vorgetragene Stellungnahme seines Mandanten, dass Haug im Nachhinein ein Missverständnis durch einen Versprecher einräumt. Die Aussagen der Zeugen ergaben erwartungsgemäß dasselbe Bild wie im Verfahren der ersten Instanz. Die beiden Kripobeamten hielten an ihren Aussagen fest. Richter Matthias Geiser war im Mordprozess Berichterstatter, schilderte Haugs Aussage und dass dieser auf ein mögliches Missverständnis ausweichend reagiert habe. Neu war die Aussage des Vaters der im Februar 2017 Getöteten, dass er seinen Schwiegersohn gar nicht als jähzornig wahrgenommen und auch nicht so betitelt habe.
Im Fokus der Ermittlungen des Gerichts standen besonders die Einkommensverhältnisse von Haug. Wie schon vor dem Amtsgericht machte der Angeklagte in der öffentlichen Sitzung keine genauen Angaben. Da vor allem die Höhe des Tagessatzes aus erster Instanz auch durch die Berufung der Staatsanwaltschaft infrage gestellt war, hatte der Richter unter anderem Haugs Konten über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht abgefragt und 163 Seiten Kontoauszüge durchgearbeitet. Demzufolge bekam der Bürgermeister vergangenes Jahr 6763,29 Euro pro Monat für das Amt in Ebersbach-Musbach überwiesen, weitere 2334,90 Euro für das in Hoßkirch. Da es zum Jahreswechsel eine Erhöhung von 3,2 Prozent für den öffentlichen Dienst gab, beläuft sich das Gesamteinkommen aktuell auf 9389,34 Euro. Hinzu kommen Aufwandsentschädigungen etwa für Sitzungen des Kreistags und die Erstattung von Fahrkosten.
In seinem Plädoyer rief Staatsanwalt Peter Spieler in Erinnerung, dass Haug im Mordprozess vehement die Aussage der Polizisten bestritten hat. Auch ein Missverständnis habe er ausgeschlossen und stellte den Sachverhalt nun aber doch als solches dar. „Will uns der Angeklagte weismachen, dass er in einer Mordermittlung einfach so dahergeplappert hat, ohne zu wissen, was er redet“, fragte Spieler. Besser könne man sich als Amtsträger nicht disqualifizieren. Er forderte 150 Tagessätze zu je 300 Euro als Strafe, der Verteidiger den Freispruch. Tschaidse betonte nochmals, dass er von einem Missverständnis ausgehe. Auch hätte sich alles schnell klären können, wenn die Polizei direkt bei ihm nachgehakt hätte. Für ihn bleiben klare Zweifel, dass Haug bewusst vor Gericht die Unwahrheit gesagt hat. Diese Zweifel hatten Richter Hussels-Eichhorn sowie die beiden Schöffen nicht. Auch Irrtum und Missverständnis schloss der Richter in seiner Urteilsbegründung aus. „Auf diese Möglichkeit hätten Sie spätestens in der 45-minütigen Denkpause kommen und es klarstellen müssen“, sagte Hussels-Eichhorn. Als Inhaber eines öffentlichen Amtes habe ein Bürgermeister auch die Verantwortung, ein Vorbild zu sein. Über das mögliche Motiv habe das Landgericht sich keine Gedanken gemacht und wolle sich auch nicht an Spekulationen beteiligen. Auch betonte der Richter, dass es nicht selbstverständlich sei, dass eine Geldstrafe verhängt werde. Auf Falschaussage steht eigentlich eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten. „Berufliche Konsequenzen haben Sie mit Sicherheit auch zu erwarten“, sagte der Richter.
Für mögliche dienstrechtliche Folgen ist das Landratsamt zuständig. Laut Richter Hussels-Eichhorn hat diese sich bereits eingeschaltet. Ein automatischer Verlust der Beamtenrechte wäre nach Paragraf 24 des Beamtenstatusgesetzes eine Konsequenz, wenn eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verhängt worden wäre. Das Urteil des Landgerichts ist noch nicht rechtskräftig. Es kann Revision vor dem Oberlandesgericht eingelegt werden.