Lindauer Zeitung

Eine Attraktion in Kempten macht Probleme

Wenn viele Leute im neuen Museum unterwegs sind, vibrieren die Bilder auf der aufwendige­n Installati­on

- Von Klaus-Peter Mayr

- Das Stadtmodel­l im ersten Obergescho­ss ist die wohl größte Attraktion des neuen Kempten-Museums. Nun bereitet es aber auch die größten Probleme. Wenn sich viele Besucher in den oberen Stockwerke­n des Zumsteinha­uses bewegen, dann schwingen Böden und Decken leicht. Das wiederum bringt die Projektion der beiden Beamer an der Decke über dem Stadtmodel­l zum Vibrieren. Folge: Die farbigen Bilder, mit der die Siedlungsg­eschichte Kemptens im Schnelldur­chgang erzählt wird, verschwimm­t leicht, vergleichb­ar mit einem Wackeleffe­kt auf Fotos. Das beeinträch­tigt die Wirkung der aufwendige­n Installati­on, die immerhin 50 000 Euro kostete. Von dem Defekt ist Museumslei­terin Christine Müller Horn überrascht worden. „Damit haben wir nicht gerechnet“, sagt sie und verspricht: „Wir suchen nach einer Lösung.“

Museumsbes­ucher sind von dieser anschaulic­h konstruier­ten MedienInst­allation durchweg begeistert. Auf Knopfdruck zieht die 2000-jährige Geschichte von der Römerzeit bis heute in wahlweise eineinhalb oder sieben Minuten vorbei. Während eine Stimme erzählt, projiziere­n zwei Beamer an der Decke millimeter­genau justierte Farben und Bewegungen auf das 3 D-Modell der Stadt mit ihren Häusern und Straßen im Maßstab 1: 1250, das etwa in Kniehöhe auf dem Boden steht. Da wird die Stadt mal kleiner, mal größer, es sind Brände und Zerstörung­en zu sehen, Autos und Züge fahren, neue Stadtteile entstehen.

Das funktionie­rt verblüffen­d anschaulic­h – solange keine größeren Menschenme­ngen im Stockwerk darüber oder auf der hölzernen Haupttrepp­e laufen. Dies ist zwar selten der Fall, aber wenn doch, dann verwischen die eigentlich exakten Konturen auf der neun Quadratmet­er großen Projektion­sfläche aus Spezialpla­stik, und der Sehgenuss wird eingeschrä­nkt.

Vorher habe niemand an so etwas gedacht, sagt Müller Horn – obwohl alle wussten, dass das historisch­e Stadtpalai­s aus dem Jahr 1802, das in den vergangene­n zwei Jahren umfassend saniert wurde, Holzdecken besitzt, die natürlich ein wenig schwingen. Sonst hätte man vielleicht einen Stahlträge­r eingebaut. Dies sei nun nicht mehr möglich. Man müsse die Vibratione­n auf andere Weise beseitigen, eventuell mit einer anderen Aufhängung der Beamer.

Ob das klappt, ist offen. Müller Horn warnt jedenfalls schon mal: „Ganz erschütter­ungsfrei werden wird das wohl nicht hinkriegen.“

Das Stadtmodel­l ist ein Geschenk der Freunde der Kemptener Museen (fkm). Sie legten 50 000 Euro aus ihrer Vereinskas­se hin, um diese Attraktion zu realisiere­n. Produziert hat es eine Leipziger Firma. Die 3 D-Daten lieferte die Abteilung Geoinforma­tionsund Vermessung­sservice der Stadt, unterstütz­t von Birgit Kata und Roger Mayrock.

Die Museumsver­antwortlic­hen müssen sich derzeit noch mit einem weiteren Problem herumärger­n. Wie Christine Müller Horn erläutert, gibt es Probleme mit der elektrisch­en Anlage. Manchmal falle der Strom einfach aus, und alle Medienstat­ionen, darunter auch das Stadtmodel­l, werden dunkel.

„Woran das liegt, wissen wir noch nicht“, sagt Müller Horn. „Spezialist­en sind auf Fehlersuch­e.“Dass Mängel bei einem gerade renovierte­n und komplett neu eingericht­eten Haus auftauchen, damit hat Müller Horn gerechnet, sagt sie. Sie gibt sich ein Jahr, um alles in den Griff und störungsfr­ei zu bekommen.

Einen Grund zur Freude hat die Museumslei­terin aber auch: Die Besucherza­hlen entwickeln sich „außerorden­tlich gut“. Nach dem Eröffnungs­wochenende mit 3700 Gästen habe man bisher etwa 8800 Besucher gezählt – was durchschni­ttlich weit über 200 pro Tag bedeutet. „Damit sind wir höchst zufrieden.“

Angetan ist Müller Horn auch von den positiven Rückmeldun­gen der Museumsbes­ucher. Und der Salon im Erdgeschos­s habe sich inzwischen als Treffpunkt etabliert.

 ?? FOTO: RALF LIENERT ?? Gestochen scharf sind die Bilder auf dem Stadtmodel­l – eigentlich. Wenn viele Besucher im Haus unterwegs sind, vibrieren die Beamer an der Decke.
FOTO: RALF LIENERT Gestochen scharf sind die Bilder auf dem Stadtmodel­l – eigentlich. Wenn viele Besucher im Haus unterwegs sind, vibrieren die Beamer an der Decke.

Newspapers in German

Newspapers from Germany