Wenigstens Marco Mayer steigt auf
Spielertrainer sehnt sich nach Ruhe und hört zum Saisonende bei der SpVgg Lindau auf
- Endlich Ruhe. Während der Winterpause hatte Marco Mayer, Spieltrainer des Fußball-Kreisligisten SpVgg Lindau, nach anstrengenden Wochen endlich einmal Zeit, sich zu erholen. Und sich Gedanken zu machen. Noch vor dem Jahreswechsel traf der 35-Jährige eine Entscheidung: Er wird die Spielvereinigung Lindau nach der laufenden Saison verlassen. Zu kräftezehrend waren die vergangenen eineinhalb Jahre, seit er im Sommer 2018 von seinem Heimatverein SV Beuren im Allgäu an den Bodensee kam. Damit meint er weniger die Arbeit mit der Mannschaft auf dem Platz, als vielmehr die Turbulenzen und Schlagzeilen rund um den Verein unter der Führung von Schönheitschirurg und nunmehr SpVgg-Ehrenpräsident Werner Mang. „Lindau war und ist ein schwieriges Pflaster“, sagt Mayer. „Als ich hierherkam, dachte ich, der Fußball und der Verein stehen im Vordergrund. Aber es ging leider oft um andere Dinge.“Obwohl ihn viele Trainerkollegen vor der SpVgg gewarnt hätten, habe ihn das Projekt gereizt. Doch schnell musste er feststellen: „Es gab viele Egos, die ihre eigenen Interessen durchdrücken wollten und es wurde im Umfeld sehr viel Negatives an den Verein herangetragen.“
Davon hat Mayer nun genug. Von Beginn an stand er mit seiner Mannschaft in den Schlagzeilen, auch weil die SpVgg unter Mang ebendiese in schöner Regelmäßigkeit produzierte – was immer wieder Unruhe in die Mannschaft brachte. Vier Beispiele: Als die SpVgg in der vergangenen Saison kurz vor den Relegationsspielen um den Aufstieg stand – von Anfang an Mayers großes Ziel –, fand in Lindau das Jahrhundertspiel gegen den FC Bayern München statt. „Das war natürlich ein absolutes Highlight. Aber es hat den Fokus der Mannschaft vollkommen vom eigenen Ziel abgelenkt“, sagt Mayer. Nach dem verpassten Aufstieg sollte der Sprung in die Bezirksliga in dieser Saison unbedingt klappen. Doch bevor die neue Spielzeit überhaupt gestartet war, herrschte erneut Unruhe, nachdem Mang bei der Präsentation der neuen Spieler den Trainer ordentlich unter Druck setzte: „Wenn wir nicht Herbstmeister werden mit mindestens drei bis sechs Punkten Vorsprung, dann wird radikal ausgetauscht“, sagte der mittlerweile zurückgetretene Präsident in aller Deutlichkeit. „Nach diesem Tag hätte ich eigentlich den Schlussstrich ziehen müssen“, ärgert sich Mayer noch heute.
Der dritte Fall war Mangs Ankündigung zu seinem Rücktritt als SpVgg-Präsident, die der Schönheitschirurg unmittelbar vor dem wichtigen Ligaspiel gegen den TSV Tettnang publik machte. Die Partie ging klar mit 1:4 verloren. „Davor hatten wir fünf Spiele in Folge gewonnen. Und plötzlich war wieder Unruhe drin“, sagt Mayer, der zu diesem Zeitpunkt schon fast nicht mehr auf der Bank gesessen hätte: Im fünften Saisonspiel gegen Langenargen sei der Präsident in der 49. Minute – die SpVgg führte bereits mit 3:0 – zu ihm gekommen und habe ihn wegen des schwachen Saisonstarts mit nur fünf Punkten aus vier Spielen entlassen. Nach dem deutlichen 5:1-Sieg gegen den FVL habe Mang die Kündigung zurückgenommen. „Das war natürlich der Höhepunkt“, sagt Mayer, der sich jetzt wieder mehr auf den Fußball konzentrieren will.
Die nötige Ruhe hofft er beim Landesligisten FV Rot-Weiß Weiler zu finden, wo der 35-Jährige zur kommenden Saison das Traineramt von Jürgen Kopfsguter übernehmen wird. „Weiler ist ein sehr strukturierter Verein“, sagt Mayer über seinen neuen Arbeitgeber, für den er bereits als Spieler von März 2011 bis Juni 2012 auflief. Mayer, der nur noch von der Seite und nicht mehr auf dem Platz coachen wird, freut sich auf die neue Aufgabe und hofft, dass Weiler besser zu ihm passt als Lindau. Schöner Nebeneffekt: Marco Mayer steigt auf jeden Fall auf. „Ich habe immer gesagt, dass Lindau auf Dauer nur mit der Unterstützung des Professors sportlich höherklassig spielen kann“, sagt Mayer. Nach Mangs Rücktritt und der damit ausbleibenden Finanzierung sieht er diese Möglichkeit nicht mehr.
Dennoch will er seine Aufgabe bei der Spielvereinigung in Zusammenarbeit mit dem neuen Vorstand ordentlich zu Ende bringen. „Ich will es durchziehen, auch wenn es schwierig wird. Ich habe das Ziel, einen soliden Grundstein für die nächsten Jahre zu legen“, sagt er. Ein Abschied schon in der Winterpause kam für Mayer daher nicht infrage – auch weil er die Gefahr sah, dass die SpVgg dann endgültig auseinanderbricht. Schon so gab es in der Winterpause einen großen Umbruch beim Tabellendritten der Kreisliga A2. Sechs Spieler haben den Verein verlassen, darunter die Stammkräfte Alexander Koppers (FV Ravensburg), Musa Gaye (SV Beuren), Alexandros Nikolaidis (FC Wangen) und Misel Saric (SV Lochau). Elf neue Spieler – hauptsächlich ehemalige Lindauer und Kicker aus der Region – stoßen dafür neu zur Mannschaft. Für Mayer bedeutet das, erneut eine neue Mannschaft aufzubauen. Ob das Team, das derzeit sechs Punkte Rückstand auf Tabellenführer Ailingen hat, aber nur einen Punkt hinter dem Relegationsplatz liegt, in der Rückrunde um den Aufstieg mitspielen kann, lasse sich schwer sagen, erklärt Mayer. Allein schon, weil er viele der neuen Spieler noch gar nicht kennt. „Klar ist, dass wir das Maximum rausholen wollen. Und ich freue mich auf die Rückrunde. Die Mannschaft hat jetzt endlich keinen Druck mehr – und das kann sich sehr positiv auswirken.“
„Als ich hierherkam, dachte ich, der Fußball und der Verein stehen im Vordergrund. Aber es ging leider oft um andere Dinge.“
Marco Mayer