Ducktape Ticket begeistern auch als Sextett
Mix aus (fast) allen musikalischen Schubladen begeistert Lindauer Publikum
- Wolfgang Fauser, Präsident des Jazzclub, hat seinem Publikum ein spezielles Hörerlebnis versprochen. Und er hat Wort gehalten. Mit Ducktape Ticket, dieses Mal als Sextett nach Lindau gekommen, zogen ganz andere Klänge über die Hinterbühne des Stadttheaters, die beim Publikum bestens ankamen.
Schon einmal, vor knapp drei Jahren, standen Paul Bremen, Veit Steinmann und damals Anna-Sophie Dreyer in Lindau auf der JazzclubBühne. Was die drei vom „normalen“Jazzbetrieb unterscheidet, ist zunächst ihr Instrumentarium: Geige, Cello, Bratsche.
Diese Streichinstrumente sind normalerweise in der klassischen Musik vereint, nicht aber in Bereichen
wie Jazz und grenzübergreifend in Rock und Blues.
Dies aber ist die Spezialität der drei Musiker, wobei Dreyer wegen Familiennachwuchses eine Pause einlegt. Dafür steht erstmals Paulina Buss mit ihrer Bratsche mit auf der Bühne und schlägt sich bestens. Leicht hat sie es nicht wirklich, unter anderem gleich zu Beginn, mit rhythmisch vertrackten Riffs nicht zu wackeln. Diese drei also sind der eine Part auf der Hinterbühne. Den anderen Part übernehmen die Rhythmusgruppe um Gitarrist Philipp Brämswig, der mit Joscha Oetz am Bass sowie Ramon Keck am Schlagzeug auf der Bühne steht.
Um es vorweg zu nehmen: Das geht weitestgehend sehr gut zusammen. Vor allem nach der Pause mit der großangelegten Suite „The Undreamt
Oasis“. Geiger Paul Bremen, der diese Suite komponiert hatte, ließ sich beim Komponieren von der Klangbreite John McLaughlins Mahavishnu Orchestra oder ähnlich orchestral angelegten Bands wie King Crimson bereitwillig inspirieren. Er nutzt die Chance, mit der großen Band, die Suite live zu präsentieren. Denn diese Gelegenheit biete sich nur sehr selten, gibt Bremen Einblicke.
Über weite Strecken gibt es Dialoge zwischen den Streichern und der Rhythmusgruppe – durchsetzt mit Raum für Improvisation. Die Suite spiegelt auch sehr gut wider, was die Konzeption von Ducktape Ticket ausmacht. Sie schaffen einerseits Spannung, durch die ungewohnte Instrumentierung, und leben ihre Freude am Wühlen in den verschiedenen musikalischen Schubladen aus. Diese haben ihre Wurzeln sicher in der Klassik und dem Jazz.
Die Schublade Blues bleibt aber ebenso wenig verschlossen wie die Schubladen, in denen normalerweise progressiver Rock und eher freier Jazz zu finden sind. So genießen die drei diese reichhaltigen Zutaten, um sich ihr spezielles Menü zu kochen. Sie haben offensichtlich ihre Freude an den vielen Knöpfen vor sich, mit denen sie ihren elektrisch abgenommenen Sound verstärken, verzerren und verändern können. Damit halten sie den für das Publikum zuständigen Soundmann ganz schön auf Trab.
Mit diesen verstärkten Klängen, bei denen vor allem das Cello an brillanten Höhen ziemlich kastriert klingt, ergibt sich die Gefahr, zusammen mit Gitarre und E-Bass einen einzigen dickflüssigen Brei anzurühren. Zum Glück schaffen es die Musiker jedoch schnell wieder, das Ganze zu verflüssigen und den Zuhörern eine bessere klangliche Transparenz zu bieten.
Die drei Gäste fügen sich gut in die Gruppe ein. Brämswig ist ein Gitarrist, der sich vermutlich überall einfinden kann. Aber auch Schlagzeuger Ramon Keck passt gut zum Sextett. Er ist keiner, der wild auf die Felle einprügelt, sondern gerne auf Klangsuche bei all den Schlaginstrumenten geht. Auch Joscha Oetz liefert der Band ein sehr solides Fundament, auf das die anderen aufbauen können.
Die Spielfreude der sechs steckt schnell das Publikum an und lässt vergessen, dass noch ein paar Stühle frei geblieben sind.