100-Euro-Ticket: Bahn macht nicht mit
Landrat will prüfen, ob Bürger-Jahreskarte vorerst mit den Oberallgäuer Busunternehmen möglich ist
- Die zeitnahe Einführung eines 100-Euro-Tickets für alle Busse und Züge im Oberallgäu ist vom Tisch. Das ist das Ergebnis eines Arbeitstreffens mit Vertretern der Deutschen Bahn. Die Bahn brauche mehr Zeit, schilderte gestern Landratsamt-Sprecher Andreas Kaenders das Kernproblem. „Das ist typisch für die DB“, schimpft jetzt Landrat Anton Klotz. Er interpretiert die Aussagen so, dass der Konzern wohl sogar die nächsten zwei Jahre nicht in der Lage sei, zu solchen Konzepten, wie sie auch andere Regionen wünschten, Angebote zu machen.
Für den Landrat ist das Thema eines Bürgertickets damit noch nicht komplett vom Tisch. Er überlegt, ob dann heuer zumindest ein Ticket nur für die Busse im Oberallgäu machbar und sinnvoll ist. Nach bisherigen Reaktionen könne man das wohl hinkriegen, hofft Klotz und setzt auf ein weiteres Treffen mit den Busunternehmern. Sein zusätzlicher Gedanke: Wenn schon die Deutsche Bahn nicht mitmacht, springe vielleicht zumindest die Länderbahn auf. Deren Alex-Züge rollen zwar nur noch bis Jahresende im Oberallgäu, aber es wäre zumindest für einen begrenzten Zeitraum ein etwas besseres Angebot.
Ob der Landkreis vielleicht einfach zu spät bei der Deutschen Bahn angefragt hat? Landrat Klotz verneint. Man habe die Bahn Ende September informiert. Danach habe die DB einen Fragenkatalog zu Themen wie Geltungsbereich des Jahrestickets, Projektpartner und Vertrieb geschickt. Das Landratsamt habe die Punkte beantwortet, sagt Klotz.
Klaus von Petersdorff, Geschäftsführer beim Regionalverkehr Allgäu, sagt, die Busunternehmer könnten sich durchaus vorstellen, mit dem Landkreis eine andere, auch kleinere Lösung zu finden. Deshalb setze man sich in Kürze mit Landkreis-Vertretern zusammen. Dass die Bahn ihre Beteiligung an dem Ticket intensiv prüft und dabei gewisse Vorgehensweisen hat, könne er nachvollziehen.
Gleichwohl: Der Kurs der Deutschen Bahn ist ein herber Rückschlag, das vom Kreistag einstimmig gewünschte 100-Euro-Ticket im Oberallgäu schnell einzuführen. Denn mit insgesamt acht Bahnhöfen südlich von Kempten hätte gerade die Bahn eine tragende Rolle, um vernetzt mit den Buslinien den Autoverkehr zu reduzieren.
Das ist beispielsweise auch dem Sonthofer Stadtrat bewusst. Der beschloss erst Dienstagabend, sich an einem Konzept zur Ausweitung des Busverkehrs in der Ferienregion Alpsee-Grünten samt kostenlosem Urlauber-Busticket zu beteiligen. „Endlich geschieht etwas“, sagte Bürgermeister Christian Wilhelm mit Blick auf die verschiedenen Initiativen für den öffentlichen Nahverkehr. Ebenso bekräftigte Sonthofens CSU-Fraktionschef Josef Zengerle, dass er auch als Kreisrat hinter dem 100-Euro-Ticket stehe. Doch der große Wurf ist nach den schlechten Nachrichten aus dem Landratsamt vorerst vom Tisch.
Was bleibt, ist der Wunsch vieler Menschen nach einem günstigen öffentlichen Verkehr und mehr Klimaschutz. Da dürfte die Enttäuschung nach der jüngsten Entwicklung wachsen. Allein die Initiative „100 Euro Ticket auch in Kempten“, die sich für ein über das Oberallgäu hinausgehendes Angebot stark macht, hat dafür bereits rund 2500 Unterschriften gesammelt.