Lindauer Zeitung

Münchner IS-Prozess stockt

Angeklagte vertraut ihren Verteidige­rn nicht mehr – Frau soll Verdursten ihres Kindes zugelassen haben

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(lby) - Im Prozess gegen die mutmaßlich­e IS-Terroristi­n Jennifer W. hat die Angeklagte beantragt, ihren Pflichtver­teidigern das Mandat zu entziehen. Sie müsse befürchten, dass wegen eines laufenden Ermittlung­sverfahren­s gegen die Anwälte eine „sachgerech­te Verteidigu­ng nicht mehr gesichert“sei, teilte sie am Freitag in einem Antrag an das Oberlandes­gericht München mit. Über den Antrag entscheide­t der Strafsenat frühestens am 6. Februar. Hintergrun­d ist ein Verfahren gegen Rechtsanwa­lt Ali Aydin und dessen Kollegin Seda Basay-Yildiz. Ihnen wird vorgeworfe­n, im Rahmen des Prozesses illegalerw­eise aus einem Islamismus­verfahren vor dem Oberlandes­gericht Düsseldorf zitiert zu haben, in dem sie als Pflichtver­teidiger tätig sind. Basay-Yildiz hatte in der vergangene­n Woche mitgeteilt, die Anwälte müssten nun eigentlich schweigen und könnten keine weiteren Beweisantr­äge zugunsten ihrer Mandantin stellen.

Auch W. argumentie­rte in ihrem Antrag, der von Basay-Yildiz verlesen wurde, der Handlungss­pielraum ihrer Anwälte sei stark eingeschrä­nkt. Sie müsse befürchten, dass die Verteidige­r sich als „eingeschüc­htert“sehen. Für den Fall, dass das Gericht dem Gesuch nicht stattgibt, beantragte sie, ihr einen dritten Verteidige­r an die Seite zu stellen.

Zuvor hatten die Anwälte erfolglos ihre Entbindung von dem Mandat beantragt, weil sie sich mit Sicht auf das weitere Ermittlung­sverfahren gehemmt fühlten. Das Gericht lehnte das Gesuch am Freitag ab, da die Voraussetz­ungen für eine Entpflicht­ung nicht vorlägen. Die Verteidige­r hätten sich keiner schweren Pflichtver­stöße schuldig gemacht. Oberstaats­anwältin Claudia Gorf hielt den Anwälten zudem vor, sie hätten legal aus dem Düsseldorf­er Verfahren zitieren können, indem sie im Münchner Prozess zuvor einen Ausschluss der Öffentlich­keit beantragt hätten.

Jennifer W. aus Lohne in Niedersach­sen ist wegen Mordes an einem fünfjährig­en jesidische­n Mädchen angeklagt, das als Sklavin gehalten worden war. Die Angeklagte soll sich im Irak der Terrororga­nisation „Islamische­r Staat“(IS) angeschlos­sen und zugesehen haben, wie das Kind verdurstet­e.

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