ÖPNV: Erst das Geld oder erst das Konzept?
Mehrheit hält 250 000 Euro für mehr Busverkehr ab Juli für ausreichend – Grünen wollen schnelleren Ausbau
- Der Haushalt 2020 des Landkreises Lindau steht solide da. Auch deshalb, weil es den Gemeinden und Städten momentan finanziell gut geht. Darin sind sich alle Kreisräte einig. Im Detail jedoch gibt es Streitpunkte. Dazu gehört der öffentliche Nahverkehr: Während eine Mehrheit der Kreisräte nach und nach Teile des bereits beschlossenen neuen ÖPNV-Konzepts umsetzen will, bis es im Herbst 2023 komplett startet, geht dieses „Schritt für Schritt“den Grünen nicht schnell genug. Sie fordern deutlich mehr Geld im Kreisetat, um schneller mehr zu ändern. Bisher finden sie dafür aber keine Mehrheit.
„Es muss mehr passieren.“In puncto ÖPNV ist das für Thomas Kühnel unabdingbar. Der Kreisrat der Grünen hat deshalb bereits im Haushaltsausschuss vor gut zwei Wochen eine halbe Million Euro zusätzlich für einen schnelleren Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs im Kreis Lindau beantragt. Doch die Mehrheit seiner Ausschusskollegen hielt jenen Betrag, den die Verwaltung ohnehin schon zusätzlich im Haushalt notiert hat, für ausreichend: Danach will der Landkreis weitere 250 000 Euro für zusätzliche Angebote ab Sommer investieren.
In diesem Jahr steigen die Ausgaben für den ÖPNV damit insgesamt auf gut eine Million Euro an. Dass „mehr passieren muss“, ist auch für Landrat Elmar Stegmann klar. Er hat aus diesem Grund auch kurzfristig noch einmal den Arbeitskreis Verkehr zusammengerufen. In der Sitzung des Kreisausschusses am Donnerstag fasste Stegmann zusammen, was die Teilnehmer mit dem Schweizer Verkehrsplaner Peter Schob erörtert haben. So sei es unter anderem darum gegangen, wie das Marketing
für den ÖPNV ausgebaut werden kann und um Dinge wie die bessere Lesbarkeit der Fahrpläne an den Bushaltestellen. Aber eben auch um die Frage, ob und welche Buslinien abends länger oder am Wochenende öfter fahren können.
Für den Landrat und viele Kreisräte ist dabei wichtig, „dass wir nicht jetzt etwas einführen, das wir mit dem Start des neuen ÖPNV-Konzepts im Herbst 2023 wieder streichen müssen“. Stegmann stellt sich aber auch hinter die Devise des Verkehrsplaners Schoob, wonach „ÖPNV kein Maßanzug ist, sondern der breiten Masse passen muss“. Das bedeute, dass nicht jeder Bürger zu jeder Zeit mit einem öffentlichen Verkehrsmittel fahren könne. So sei sich der Arbeitskreis bei seinem jüngsten Treffen einig gewesen, dass zwar die Regionalbusse im Kreisgebiet auf einigen Linien abends länger müssen – „aber eben nicht immer bis 1 Uhr nachts“, wie es Stegmann formulierte.
Verbessern will der Kreis nach den Worten des Landrats den ÖPNV am Wochenende: Viele Linien sollen samstags künftig im Stundentakt fahren, sonntags soll es teilweise einen Zwei-Stunden-Takt geben. Auch mehr Öffentlichkeitsarbeit halten Landrat und Arbeitskreis für wichtig, „und das nicht nur zu neuen Linien,
sondern auch zum bestehenden Angebot“, wie Stegmann sagte.
Klar geworden ist nach seiner Aussage im Gespräch mit dem Verkehrsplaner aber auch, dass weitere Verbesserungen im öffentlichen Nahverkehr erst zum 1. Juli starten, mit dem Wechsel zum Sommerfahrplan. Damit sind nach seiner Ansicht die von der Verwaltung ohnehin vorgesehenen zusätzlichen 250 000 Euro für den ÖPNV in diesem Jahr ausreichend: „Das entspricht ja, umgerechnet aufs nächste Jahr, bereits der von Ihnen beantragten halben Million Euro“, befand Stegmann.
Und lenkte im Nachsatz den Blick der Kreisräte auf ein anderes
Problem: Wer mehr Busverbindungen fordere, müsse dabei bedenken, dass „überall Busfahrer fehlen, in privaten wie in öffentlichen Unternehmen“.
Beschließen soll die vom Arbeitskreis jetzt empfohlenen Verbesserungen übrigens der Wirtschaftsausschuss noch in dieser Amtszeit: Der Landrat will eine letzte Sitzung dieses Gremiums im April ansetzen. Den diesjährigen Kreisetat mit einem Gesamtvolumen von 90,5 Millionen Euro haben die beiden Grünen-Kreisräte Thomas Kühnel und Max Strauß wegen des Themas ÖPNV im Kreisausschuss dann abgelehnt.