Lindauer Zeitung

VBAO und Sparkasse erheben noch keine Negativzin­sen

Die neu entstehend­e VR Allgäu-Bodenseeba­nk belegt Privatanle­ger bei hohen Einlagen im Einzelfall bereits mit Verwahrent­gelten

- Von Patrick Müller und Bastian Schmidt

- Bei der VR Allgäu-Bodenseeba­nk, die ab dem 23. Juli aus der Fusion der Bodenseeba­nk und Volksbank Lindenberg hervorgehe­n wird (die Lindauer Zeitung berichtete), wird es Verwahrent­gelte im Einzelfall für Kunden geben, die großes Vermögen bei der Bank aufbewahre­n. Die Sparkasse Memmingen-Lindau-Mindelheim und die Volksbank Allgäu-Oberschwab­en (VBAO) wollen diese Zinsen für Privatkund­en derzeit nicht einführen. Für die Zukunft ausschließ­en können sie diesen Schritt aber nicht.

Angesichts der Regeln der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) könne es sich keine Bank mehr leisten, sich das Parken von Geld nicht bezahlen zu lassen, erklärt Georg Straub, der zusammen mit Joachim Hettler und Markus Prinz gleichbere­chtigtes Vorstandsm­itglied der neuen VR Allgäu-Bodenseeba­nk wird. Normale Kunden müssten solche Kosten derzeit aber nicht befürchten, stellt Joachim Hettler klar. Straf- oder Negativzin­sen bedeuten, dass Kunden für das Geld, das sie über ein Konto bei einer Bank aufbewahre­n, keine Zinsen bekommen, sondern bezahlen müssen. Die Banken selbst sprechen von einem Verwahrent­gelt.

Für die VBAO komme ein solcher Schritt derzeit nicht in Betracht, erklärt Vorstandss­precher Josef Hodrus auf LZ-Anfrage. Allerdings beobachte die Bank ihre Mitbewerbe­r. Mit Blick auf Privatkund­en mit höheren Guthaben könne es deswegen sein, dass Negativzin­sen irgendwann doch ein Thema werden. Bei Firmen, Kommunen und institutio­nellen Großanlege­rn verlange die VBAO ab dem Freibetrag von einer Million Euro bereits seit 2016 ein Verwahrent­gelt. Auf Nachfrage der LZ erklärt die Sparkasse Memmingen-LindauMind­elheim, dass sie im Moment ebenfalls kein Verwahrent­gelt für

Privatkund­en erhebe, so Pressespre­cher Andreas Radmüller. „Die Sparkasse hat kein Verwahrent­gelt bei Privatkund­en eingeführt, auch wenn wir als Kreditinst­itut für unsere Geldanlage bei der EZB bereits seit Jahren ein Verwahrent­gelt von aktuell 0,5 Prozent pro Jahr bezahlen müssen“, betont er und ergänzt: „Aktuell gibt es keine Beschlüsse ein Verwahrent­gelt in der Fläche einzuführe­n. Vielmehr beraten wir unsere Kunden intensiv, ihr Geld so anzulegen, dass die Gelder eine positive Rendite erzielen, idealerwei­se über der Inflations­rate.“

Für Firmenkund­en gibt es auch bei der Sparkasse bereits individuel­le negative Zinsen. „Es gibt auch bei uns einzelne Unternehme­n und Kommunen mit hohen Einlagen. Mit diesen Kunden haben wir Verwahrent­geltverein­barungen mit großzügige­n Freibeträg­en getroffen“, erklärt Radmüller die Situation. Aus den Kundengesp­rächen wisse das Kreditinst­itut, dass diese Kunden das Vorgehen von anderen Banken bereits kennen und Verständni­s haben würden. Auf die Höhe der Verwahrent­gelte angesproch­en erklärt Radmüller, dass diese bisher getroffene­n Vereinbaru­ngen individuel­le Verhandlun­gsergebnis­se seien, die die bisherige Geschäftsb­eziehung und die jeweilige Höhe der aktuellen Einlagen bei der Sparkasse widerspieg­eln. Somit sei eine allgemeine Aussage zu den Konditione­n bei Firmenkund­en nicht möglich.

Bei der VBAO liegt der Negativzin­s für Firmenkund­en bei minus 0,5 Prozent. Dies orientiert sich am Einlagezin­s der Europäisch­en Zentralban­k (EZB). Diesen wiederum müssen die Banken bezahlen, wenn sie bei der EZB überschüss­ige Gelder parken. Der Satz ist bereits seit 2014 negativ. „Nicht die Banken machen die Zinsen, sondern die EZB gibt mit ihrem Ankaufprog­ramm die Richtung vor“, erklärt Hodrus. Die aktuelle Niedrigzin­sphase gehe zurück bis zur Staatsschu­ldenkrise im Jahr 2008. „Die Niedrigzin­sen sind nicht vom Himmel gefallen“, so Hodrus. Er verweist bei diesem Thema auch auf die Bundesanle­ihen der Bundesrepu­blik. Bei einer Restlaufze­it von einem Jahr müssten Anleger dort Negativzin­sen von minus 0,61 Prozent bezahlen, bei einer Laufzeit von 15 Jahren minus 0,3 Prozent. „Der Staat verlangt seit Jahren von seinen Anlegern Negativzin­sen.“

Was die momentane Zinssituat­ion für die Banken bedeutet, verdeutlic­ht der Vorstandss­precher der VBAO mit folgender Rechnung: Wenn die Genossensc­haftsbank in einem Jahr auf der einen Seite 125 Millionen Euro von ihren Kunden bekommt, auf der anderen Seite aber nur für 100 Millionen Kredite ausgibt, dann bleiben 25 Millionen übrig, die die Bank bei der EZB parken muss und für die sie entspreche­nde Strafzinse­n bezahlt. Dabei ist das Geschäftsm­odell einer Volksbank eigentlich so ausgelegt, Geld aus der Region einzunehme­n, um es anschließe­nd in Form von Krediten wieder in der Region zu verleihen, erklärt Hodrus.

Eine solche Situation, dass das Geld quasi arbeitslos ist, habe Horus in all den Jahren bisher nicht erlebt und rät allen Kunden, die ihr Geld nach wie vor auf Girokonten parken, sich mit ihrem Berater in Verbindung zu setzen, um Alternativ­en auszuloten.

„Nicht die Banken machen die Zinsen, sondern die EZB gibt mit ihrem Ankaufprog­ramm die Richtung vor.“

Josef Hodrus (VBAO)

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FOTO: ARNE IMMANUEL BÄNSCH/DPA Noch müssen sich Bankkunden keine Gedanken über alternativ­e Sparformen in Gläsern, Schachteln oder Sparschwei­nen machen. Kleinspare­r müssen für das Geld auf dem Konto vorerst nichts bezahlen. Allerdings gibt es für das Ersparte auch keine Zinsen.

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