Liebe, Leid und Intrigen im Bogy
Das Oberstufentheater begeistert sein Publikum mit „Kabale und Liebe“
- Noch heute gehört Friedrich Schillers „Kabale und Liebe“zur Pflichtlektüre eines jeden DeutschAbiturienten. Dass aus einer Pflicht eine Tugend wird, passiert. Dass aber aus der Pflicht derart viel Begeisterung entsteht und dass diese Begeisterung auch noch auf andere überspringen kann, das haben die Schauspieler des Oberstufentheaters bewiesen, als sie das bürgerliche Trauerspiel aus dem 18. Jahrhundert originalgetreu im Musiksaal des Bodenseegymnasiums aufführten.
Eines sei schon mal vorweg genommen: Als nach gut zwei Stunden der letzte Vorhang gefallen war und sich die Schauspieler samt ihres Theaterlehrers, der Pianistin und der Technikcrew auf der Bühne verbeugten, bedachte sie ein restlos begeistertes Publikum mit ordentlich viel Applaus. Restlos begeistert, weil nicht etwa nur ein Funke, sondern gleich ein ganzes Feuer der Begeisterung, das die Schauspieler für dieses Stück aus einer anderen Zeit an den Tag gelegt hatten, auf die Zuschauer übergesprungen war. Und das Publikum sie obendrein noch dafür belohnte, dass es ihnen gelungen war, das Liebesmärchen aus uralten Zeiten
trotz originalgetreuer Inszenierung samt antiquierter Sprache glaubhaft und unterhaltsam in die heutige Zeit zu übertragen. Ganz abgesehen davon, dass die Zuschauer mit ihrem Applaus natürlich auch ihre Bewunderung und Anerkennung für jenes enorme Textpensum zum Ausdruck brachten, das die Schauspieler lernen mussten und in der
Aufführung ohne Hänger oder Fehler wiedergaben.
Friedrich Schiller war gerade mal 23 Jahre alt, als er mit „Kabale und Liebe“sein zweites Theaterstück schrieb und damit die Geschichte von der Unvereinbarkeit von Liebe und Stand und der Unüberwindbarkeit der Schranken zwischen Adel und Bürgertum. „Dann Mutter, dann wenn die Schranken des Unterschieds einstürzen, wenn von uns abspringen all die verhassten Hülsen des Standes, Menschen nur Menschen sind“, sagt Luise (Mona Müntzel), nachdem der Vater, der Stadtmusikant und Kunstpfeiffer Miller (Johannes Weißenborn) und die Mutter (Eileen Meyer), von der Verbindung zwischen ihrer Tochter Luise
mit Major Ferdinand von Walter, (Konrad Haase) Wind bekommen haben. Eine Verbindung, gegen die alle sind: die Eltern der bürgerlichen Luise ebenso wie der Vater des adligen Majors. Präsident von Walter (Jannik Lück) ist es schließlich auch, der versucht, die beiden Liebenden auseinander zu bringen. Und zwar mittels eben jener „Kabale“, also der niederträchtigen Intrigen, die am Ende des Stückes Ferdinand zuerst seine Liebste und dann sich selbst vergiften lassen. Als Handlanger des Vaters und Mitspieler seines bösen Spiels dienen der schillernde Hofmarschall von Kalb (Marcel Dornier) und Wurm, der Haussekretär des Präsidenten (Luca Aulehla). Ein weiteres Opfer, das allerdings nicht sein Leben, sondern nur seine komfortablen Lebensumstände verliert, ist Lady Milford (Felicitas Grießer), die Mätresse des Fürsten und jene Frau, mit der der Präsident seinen Sohn verheiraten will, um selbst mehr Macht und Rum am Hofe zu erlangen. Weniger tragende Rollen spielen zudem Sophie, die Kammerjungfer der Lady (Roxane Köhler) und der Kammerdiener des Fürsten (Ria de Haas).
Obwohl sowohl das Bühnenbild als auch die Kostüme einfach und auf das Wesentliche beschränkt waren, zeigten sie durchaus Wirkung und Tiefsinn. So trug Luises Vater, der Musikus, etwa eine rote Trachtenweste über seinem weißen Hemd und erinnerte damit stark an Mitglieder hiesiger Musikvereine. Jene Szenen, die bei Luise zu Hause spielten, waren durch die beiden hölzernen Notenständer neben dem mit religiöser Literatur beschickten Tisch immer eindeutig der musikalischen und gläubigen Familie zuzuordnen. Ebenso unterstrich Luises weißes Kleid ihre Unschuld, während Lady Milfords rote Robe für sich sprach. Ein zur Rolle passendes Kostüm trug auch von Kalb, der in weißer, enger Hose und rotem Rüschenhemd den katzbuckelnden Hofmarschall gab und den auf den äußeren Schein gerichteten Lebensstil am Hofe versinnbildlichte.
Äußerst eindrucksvoll und eine Besonderheit bei dieser Inszenierung war auch das Klavierspiel von Amelie Dietenmeier, die zwischen den einzelnen Szenen und Akten so wunderbar „Chopin geschreddert hat“, wie Theaterlehrer Steffen Köhler am Ende der Vorstellung erklären sollte. Und das sollte nicht das einzige anerkennende Lob sein, für das er von seinen Theaterschülern einen bunten Konfettiregen verpasst bekam.