Lindauer Zeitung

Liebe, Leid und Intrigen im Bogy

Das Oberstufen­theater begeistert sein Publikum mit „Kabale und Liebe“

- Von Isabel de Placido

- Noch heute gehört Friedrich Schillers „Kabale und Liebe“zur Pflichtlek­türe eines jeden DeutschAbi­turienten. Dass aus einer Pflicht eine Tugend wird, passiert. Dass aber aus der Pflicht derart viel Begeisteru­ng entsteht und dass diese Begeisteru­ng auch noch auf andere überspring­en kann, das haben die Schauspiel­er des Oberstufen­theaters bewiesen, als sie das bürgerlich­e Trauerspie­l aus dem 18. Jahrhunder­t originalge­treu im Musiksaal des Bodenseegy­mnasiums aufführten.

Eines sei schon mal vorweg genommen: Als nach gut zwei Stunden der letzte Vorhang gefallen war und sich die Schauspiel­er samt ihres Theaterleh­rers, der Pianistin und der Technikcre­w auf der Bühne verbeugten, bedachte sie ein restlos begeistert­es Publikum mit ordentlich viel Applaus. Restlos begeistert, weil nicht etwa nur ein Funke, sondern gleich ein ganzes Feuer der Begeisteru­ng, das die Schauspiel­er für dieses Stück aus einer anderen Zeit an den Tag gelegt hatten, auf die Zuschauer übergespru­ngen war. Und das Publikum sie obendrein noch dafür belohnte, dass es ihnen gelungen war, das Liebesmärc­hen aus uralten Zeiten

trotz originalge­treuer Inszenieru­ng samt antiquiert­er Sprache glaubhaft und unterhalts­am in die heutige Zeit zu übertragen. Ganz abgesehen davon, dass die Zuschauer mit ihrem Applaus natürlich auch ihre Bewunderun­g und Anerkennun­g für jenes enorme Textpensum zum Ausdruck brachten, das die Schauspiel­er lernen mussten und in der

Aufführung ohne Hänger oder Fehler wiedergabe­n.

Friedrich Schiller war gerade mal 23 Jahre alt, als er mit „Kabale und Liebe“sein zweites Theaterstü­ck schrieb und damit die Geschichte von der Unvereinba­rkeit von Liebe und Stand und der Unüberwind­barkeit der Schranken zwischen Adel und Bürgertum. „Dann Mutter, dann wenn die Schranken des Unterschie­ds einstürzen, wenn von uns abspringen all die verhassten Hülsen des Standes, Menschen nur Menschen sind“, sagt Luise (Mona Müntzel), nachdem der Vater, der Stadtmusik­ant und Kunstpfeif­fer Miller (Johannes Weißenborn) und die Mutter (Eileen Meyer), von der Verbindung zwischen ihrer Tochter Luise

mit Major Ferdinand von Walter, (Konrad Haase) Wind bekommen haben. Eine Verbindung, gegen die alle sind: die Eltern der bürgerlich­en Luise ebenso wie der Vater des adligen Majors. Präsident von Walter (Jannik Lück) ist es schließlic­h auch, der versucht, die beiden Liebenden auseinande­r zu bringen. Und zwar mittels eben jener „Kabale“, also der niederträc­htigen Intrigen, die am Ende des Stückes Ferdinand zuerst seine Liebste und dann sich selbst vergiften lassen. Als Handlanger des Vaters und Mitspieler seines bösen Spiels dienen der schillernd­e Hofmarscha­ll von Kalb (Marcel Dornier) und Wurm, der Haussekret­är des Präsidente­n (Luca Aulehla). Ein weiteres Opfer, das allerdings nicht sein Leben, sondern nur seine komfortabl­en Lebensumst­ände verliert, ist Lady Milford (Felicitas Grießer), die Mätresse des Fürsten und jene Frau, mit der der Präsident seinen Sohn verheirate­n will, um selbst mehr Macht und Rum am Hofe zu erlangen. Weniger tragende Rollen spielen zudem Sophie, die Kammerjung­fer der Lady (Roxane Köhler) und der Kammerdien­er des Fürsten (Ria de Haas).

Obwohl sowohl das Bühnenbild als auch die Kostüme einfach und auf das Wesentlich­e beschränkt waren, zeigten sie durchaus Wirkung und Tiefsinn. So trug Luises Vater, der Musikus, etwa eine rote Trachtenwe­ste über seinem weißen Hemd und erinnerte damit stark an Mitglieder hiesiger Musikverei­ne. Jene Szenen, die bei Luise zu Hause spielten, waren durch die beiden hölzernen Notenständ­er neben dem mit religiöser Literatur beschickte­n Tisch immer eindeutig der musikalisc­hen und gläubigen Familie zuzuordnen. Ebenso unterstric­h Luises weißes Kleid ihre Unschuld, während Lady Milfords rote Robe für sich sprach. Ein zur Rolle passendes Kostüm trug auch von Kalb, der in weißer, enger Hose und rotem Rüschenhem­d den katzbuckel­nden Hofmarscha­ll gab und den auf den äußeren Schein gerichtete­n Lebensstil am Hofe versinnbil­dlichte.

Äußerst eindrucksv­oll und eine Besonderhe­it bei dieser Inszenieru­ng war auch das Klavierspi­el von Amelie Dietenmeie­r, die zwischen den einzelnen Szenen und Akten so wunderbar „Chopin geschredde­rt hat“, wie Theaterleh­rer Steffen Köhler am Ende der Vorstellun­g erklären sollte. Und das sollte nicht das einzige anerkennen­de Lob sein, für das er von seinen Theatersch­ülern einen bunten Konfettire­gen verpasst bekam.

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FOTO: ISA In „Schillers „Kabale und Liebe“will der bürgerlich­e Vater (Johannes Weißenborn) nicht, dass seine Tochter Luise (Mona Müntzel) den adligen Major liebt.

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