A2-Milch – ein Nischenprodukt
Andernorts ein Trend, im Allgäu noch eine Seltenheit: die „Urmilch“– Umstrittene Wirkung
- In Neuseeland ist A2-Milch schon längst ein Trend, sagt Elisabeth Bischofberger, Fachfrau für Ernährung beim Landwirtschaftsamt Kempten. Dort gelte sie als bekömmlicher als die „normale“A1-Milch. Im Allgäu ist diese Entwicklung nicht erkennbar: Hiesige Molkereien bieten die „Urmilch“, wie die A2-Milch auch genannt wird, nicht an. Nur in wenigen Kühlregalen steht sie daher bislang. Falls der Trend hier ankommt, könnten Landwirte allerdings schnell liefern, sagt Franz Birkenmaier, Zuchtleiter beim Fachzentrum Rinderzucht.
Denn bei der Braunvieh-Rasse sei im Allgäu schon jetzt zu knapp 90 Prozent die A2-Variante vorherrschend: Es hänge von den Genen des Tiers ab, welche Milch eine Kuh gibt, erklärt Birkenmaier. Um zu beweisen, dass ein Tier die „Urmilch“
produziert, müsse es genetisch untersucht werden. Knapp 30 Euro koste es, ein Tier typisieren zu lassen.
„Urmilch“wird die A2-Milch genannt, weil früher alle Kühe diese Art von Milch produzierten. Eine Genmutation führte dazu, dass heutzutage oft die A1-Variante auftritt. Die vermeintlich bessere Verträglichkeit der „Urmilch“erklären manche mit der unterschiedlichen Zusammensetzung des Milcheiweißes, erklärt Bischofberger.
Skeptisch bleibt AOK-Ernährungswissenschaftlerin Susanne Boms: „Es gibt wenige Studien von unabhängigen Instituten.“Es seien also keine wissenschaftlichen Grundlagen dafür vorhanden, dass A2-Milch auch für laktoseintolerante Menschen bekömmlich ist. Zumal der Laktosegehalt gleich ist. Bei Laktoseintoleranz rät Boms, vorerst Laktose-Produkte wegzulassen oder
AOK-Ernährungswissenschaftlerin Susanne Boms
auf Alternativen wie Mandelmilch umzusteigen. Allerdings variiere das Ausmaß der Unverträglichkeit von Person zu Person: „Viele können trotzdem Naturjoghurt essen und Schaf- oder Ziegenmilch trinken.“
Aktuell bietet laut Bischofberger keine Molkerei im Raum Kempten die A2-Milch an. „Bis jetzt hatten wir noch keine Anfragen von Händlern bezüglich A2Milch“, erklärt zum Beispiel Philipp Haggenmüller, Produktentwickler bei der Molkerei „Hof-Milch“in Missen-Wilhams – „das kann aber ganz schnell kommen“. Daher habe das Unternehmen bereits Lieferanten darauf hingewiesen, eher in Richtung A2 zu züchten.
Solange allerdings die Molkereien keine A2-Milch wollen, bleiben auch die Landwirte verhalten, wie während einer Versammlung von Züchtern deutlich wird. Ein Bauer erklärt: „Die Molkerei kann die A2-Milch nicht von der A1-Milch anderer Betriebe
trennen.“Sonst müssten Molkereien einen separaten Milchwagen schicken. Nur bei einer eigenen Milchtankstelle mache das Sinn, dort könne man sie getrennt von der A1Milch anbieten, sagt ein anderer Oberallgäuer Landwirt.
Offener sieht das der Waltenhofener Landwirt David Fischer: „Die Urmilch ist schon interessant, wenn der Absatz stimmt und sie auch vermarktet wird.“Bis jetzt handele es sich aber um ein Nischenprodukt.
Das bestätigt Feneberg-Pressesprecherin Sonja Kehr: „Die A2-Milch ist noch nicht sehr bekannt, entsprechend sind die Verkaufsmengen auch nicht besonders groß.“
Unter dem Namen „Wohlfühl“Produkte verkauft das LebensmittelUnternehmen A2-Milch und -Joghurt. Diese stammen Kehr zufolge von einem Betrieb in der Nähe von Augsburg, der sich auf A2-Produkte spezialisiert hat.
„Es gibt wenige Studien von unabhängigen Instituten.“
„Die Urmilch ist schon interessant, wenn der Absatz stimmt und sie auch vermarktet wird.“
Landwirt David Fischer