Weiterbildung signalisiert Lernbereitschaft
Viele Studierende hangeln sich während des Studiums von Praktikum zu Praktikum. Andere arbeiten über mehrere Jahre als studentische Aushilfe und fühlen sich, als wären sie längst im Berufsalltag angekommen. Und manche verzichten gänzlich auf einschlägige Erfahrung, da sie finanziell ums Überleben kämpfen und Jobs nachgehen, die für den späteren Beruf irrelevant sind. Doch muss man als frisch gebackener Uni-Absolvent überhaupt schon passende Berufserfahrung vorweisen? Und wenn ja: wie viel? Darauf zu verzichten ist aus Sicht von Ragnhild Struss jedenfalls nicht empfehlenswert. „Praktika stellen als einschlägige Praxiserfahrung einen klaren Wettbewerbsvorteil gegenüber rein theoretisch ausgebildeten Berufseinsteigern dar“, sagt die Expertin vom Hamburger Karriereberatungsunternehmen Struss und Partner. „Daher gilt: Je mehr Praktika man absolviert hat, umso besser.“Menge allein ist aber nicht alles. In jedem Fall sei es wichtig, dass ein roter Faden erkennbar ist und die Tätigkeiten nicht wild durcheinander gewürfelt wirken, erläutert Struss.
Technikbranche.“Beim Eintritt in geisteswissenschaftliche Berufe hebe Vorerfahrung den Lohn im Schnitt um elf Prozent. Grundsätzlich sei das Einstiegsgehalt in den anderen Bereichen aber höher. Laut Sander zeigen Erasmusstudien, dass Studierende, die Berufserfahrung im Ausland gesammelt haben, schneller einen Job finden. Verena Schultz-Coulon von der Universität Heidelberg präzisiert: „Tätigkeiten im Ausland sind sinnvoll und wichtig, wenn Studierende in internationalen Konzernen oder bei internationalen Organisationen arbeiten möchten.“Im Zuge der zunehmenden Globalisierung sei es wichtig, interkulturelle Erfahrungen und entsprechende Kompetenzen zu erwerben.
Ob Kellnern, Kurierfahrten oder Flyer verteilen: Wer neben dem Studium Brotjobs nachgeht, um sich sein Auskommen zu sichern, muss sich nicht schämen. „Zunächst ist es sehr wichtig, die eigene Lebenslage mit Stolz zu betrachten“, sagt Ragnhild Struss. „Wer neben dem Studium darauf angewiesen ist, durch fachfremde Jobs Geld zu verdienen, dem gebührt Respekt.“Sie empfiehlt diesen Studierenden aber, „alle möglichen Arten der Weiterbildung zu nutzen: VHSKurse belegen, Vorträge besuchen oder Bücher lesen.“Denn solche autodidaktischen Bemühungen signalisierten Eigeninitiative, fachliches Interesse und Lernbereitschaft.
Eine weitere Möglichkeit besteht laut Struss darin, staatliche Förderung zu beantragen, um sich dann mit Praktika oder anderen Tätigkeiten beschäftigen zu können. Neben BAFÖG könnten Stipendien eine Option sein.
Auch Malte Sander rät Studierenden, sich finanzielle Hilfe zu holen. „Es ist möglich, sich einen Überbrückungskredit von beispielsweise einem Jahr auszahlen zu lassen, sodass man sich innerhalb dieses Zeitraums mit Berufserfahrung auseinandersetzen kann.“Fazit: Es ist ratsam, während des Studiums möglichst viele Erfahrungen zu sammeln. Ein roter Faden sollte aber erkennbar sein. Diejenigen, die beim Berufseinstieg noch grün hinter den Ohren sind, haben es etwas schwerer im Wettbewerb um ihre Wunschstelle auf dem Arbeitsmarkt. (dpa)