„Es gibt Selbstüberschätzung. Gerade bei Männern.“
Sie ist erfahren, er frisch dabei: Trainer-Paar bei Move erzählt, wie es das Radsport-Programm angeht
- Selbst ein Trainer lernt nie aus. Seit 2012 gehört Petra Widmann aus Weingarten zu dem knapp 40-köpfigen Trainerteam des Radsport-Programms Move. Jedes Jahr entdeckt sie neue Touren und Menschen. Und steckte auch ihren Partner Michael Thoma, gebürtiger Hannoveraner, mit dem Radsport an. Nachdem er 2019 aushilfsweise Gruppen anleitete, steigt er dieses Jahr richtig als Move-Trainer ein. Im Interview mit Volontärin Birga Woytowicz erzählen die beiden, wie sie das Training angehen und warum Leistung nicht alles ist.
Herr Thoma, Sie übernehmen zum ersten Mal eine eigene Gruppe. Wie groß ist die Aufregung?
Thoma: Ich habe schon ein wenig Bammel. Als ich im vergangenen Jahr zum ersten Mal vorne gefahren bin, habe ich nur gedacht: Hoffentlich verfährst du dich nicht. Wenn ich alleine fahre, kann ich schnell umdrehen. Mit zwanzig Leuten im Rücken geht das nicht.
Widmann: Manche Trainer fahren nach Navi. Aber ich selbst habe noch nie eins benutzt und fahre lieber aus dem Kopf. Bei meinem letzten Mitguide wusste ich teils aber nicht mehr, wo ich bin. Er kennt so viele kleine Nebenstraßen und Ecken, an denen ich selbst noch nicht war“
Sie fordern sich selbst, aber auch die Teilnehmer heraus. Welche Leistungen sind Ihnen über die Jahre besonders im Kopf hängen geblieben?
Ich glaube er ist der älteste Teilnehmer, schon deutlich über 70. Seit ich mitfahre, ist er dabei. Der lässt manch jungen Teilnehmer am Berg stehen. Das ist abartig (Widmann lacht). Aber er fährt auch jeden Tag für sich. Ich kann schon mithalten, muss mich aber auch anstrengen.
Das ist ein Extrembeispiel. Wie groß ist denn das Thema Selbsteinschätzung bei Einsteigern?
Widmann: Es gibt schon oft Selbstüberschätzung. Gerade bei Männern fällt mir das auf. Untereinander können sie sich oft nicht eingestehen, wenn sie schlechter sind und heizen sich dann gegenseitig an ohne auf den Puls zu achten.
Thoma: Auf der Hälfte des Bergs haben sie dann keine Kraft mehr. Ich habe aber auch die Erfahrung gemacht, dass sich Teilnehmer selbst unterschätzen. Im vergangenen Jahr waren zwei Frauen dabei, die nicht vorne im Wind fahren wollten. Irgendwann haben sie sich dann doch getraut und viel Spaß gehabt.
Wie schwer ist es, die Teilnehmer auszubremsen und sich richtig auf sie einzustellen?
Widmann: Das dauert eine Weile. Wir bitten auch immer ehrlich rückzumelden, wenn es zu schnell geht. Die Teilnehmer sollten auch auf ihre Pulsbereiche achten, die in der Leistungsdiagnostik vor Trainingsstart gemessen werden.
Thoma: Das glauben zwar viele am
Anfang nicht. Aber weniger ist oftmals mehr. Gerade nach den ersten Ausfahrten sollte man nicht komplett fertig sein. Wenn man konstant niedrige Pulsbereiche hält, ist der Trainingserfolg größer, als wenn man an Grenzen geht.
Wie schnell sind Sie denn unterwegs, wenn Sie privat fahren?
Thoma: Wir fahren 22 bis 23 Kilometer pro Stunde. Also eher gemütlich. Aber mit dem Rennrad kommt man sehr weit. Anders als beim Joggen. Durch das Rennrad habe ich die Gegend erst richtig kennen gelernt.