Mit Wasmeiers Segen
Thomas Dreßen verblüfft in seinem Comebackwinter weiter – Sieg in Garmisch
(dpa/ SID) - Ein Teil des Preisgeldes war Thomas Dreßen schon am Abend nach dem Sieg in Garmisch-Partenkirchen wieder los. 45 000 Schweizer Franken, ca. 42 000 Euro, gibt es im Weltcup für den Abfahrtserfolg auf der Kandahar, bei so vielen Freunden und Verwandten unter den Zuschauern wollte sich der beste deutsche Skirennfahrer nicht lumpen lassen. Der 26-Jährige wohnt mit seiner Freundin zwar inzwischen in Österreich, sein Heimatort Mittenwald aber ist nur eine halbe Stunde von Garmisch entfernt. „Das wird noch richtig teuer heute für mich“, sagte Dreßen schon vor den Feierlichkeiten zum vierten Weltcupsieg seiner Karriere.
Er wird es verkraften können. Der letzte – und bis Samstag auch einzige Deutsche, der auf der Kandahar triumphieren konnte, war Thomas Dreßens Idol Markus Wasmeier gewesen, 1992. Und ebenjener erhob Dreßen nach dessen Triumphfahrt in den Stand einer Skilegende in spe. „Er is’ scho' a wilder Hund, er löst mich in allem ab“, hatte der populärste deutsche Skirennläufer früherer Tage lächelnd über den neuen König der Kandahar gesagt und Dreßen freundschaftlich umarmt. Auch den Olympiasieg, den er einst geschafft hatte, traue er Dreßen zu, verkündete Wasmeier. Da war selbst der sonst so coole Dreßen baff.
Der Chef fand’s „fast kitschig“
Dreßens Sieg auf dessen Hausstrecke 28 Jahre nach Wasmeiers Triumph fand DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier „fast kitschig“– und in der Tat verlief dieser Samstag filmreif. Das Wetter hätte nicht besser sein können, die sonst oft verschmähte Startnummer 1 war ein Glücksgriff und der Kitzbühel-Sieger von 2018 erwischte einen Sahnetag. „So ganz checke ich das noch nicht“, bekannte Dreßen.
Die Abfahrten auf der Streif in Kitzbühel und in Kvitfjell gewann Dreßen 2018, dann folgte sein Kreuzbandriss. In diesem Comebackwinter folgten die Siege in Lake Louise und nun im Werdenfelser Land. Für die WM-Bewerbung der Stadt um die Titelkämpfe 2025 ist das ein Schub. Auf die Strahlkraft der Familie Neureuther verzichten die verantwortlichen Organisatoren in ihren Bemühungen ebenso wie auf die von Doppel-Olympiasieger Wasmeier.
Dreßen ist da als potenzielles Zugpferd für die WM von hohem Wert.
Dreßens Leistung war umso beeindruckender, weil er sich a) nach wie vor in der Comebacksaison nach einem Knie-Totalschaden befindet und keiner von ihm sofort wieder Siege erwartet hatte und weil b) die „Watschn“von der Streif nur eine Woche zurücklag und er die Kitzbühel-Enttäuschung wegsteckte wie ein Champion. „Ich war zu verkrampft“, sagte Dreßen rückblickend – und er bekämpfte diesen Zustand mit einem einfachen Rezept: „Zurück zu den Wurzeln“.
Alles nicht so wichtig nehmen, Spaß haben, „das Ganze genießen“, darauf besann sich der Lokalmatador und fand sein bestechendes Skigefühl wieder. Und dabei, daran sei erinnert, glänzt sein Talent in einem
Aufbauwinter, der ihn erst Stück für Stück wieder an das Topniveau heranführen sollte. Aber Dreßen überholte sich quasi selbst. „Es ist eh bis jetzt schon eine Wahnsinnssaison gewesen mit dem Sieg und zwei Podiums“, sagte er.
„Er ist der Mann für die Zukunft“, lobte Teamkollege Josef Ferstl. „Ich hoffe, wir können ihn noch lange begleiten und wir feiern auch mal wieder.“Dreßens Auftritt stellte an diesem Weltcup-Wochenende jedenfalls wieder alles andere in den Schatten: die neuerlich unbefriedigende Fahrt von Viktoria Rebensburg (Kreuth) beim Super-G in Rosa Chutor ebenso wie die ansprechende Vorstellung von Stefan Luitz (Bolsterlang), der am Sonntag auf der Kandahar im Regen seine beste Riesenslalomleistung in einem bislang weitgehend enttäuschenden Winter zeigte und Platz neun belegte.
Rebensburg schüttelte im Ziel der Olympiapiste von 2014 den Kopf, weil sie wegen eines groben Schnitzers ein besseres Resultat als Rang acht vergeben hatte. „Es ist echt schade, weil es eine sehr gute Fahrt war. Der Fehler war ärgerlich. Es wäre mehr drin gewesen“, sagte Rebensburg im ZDF. 0,87 Sekunden fehlten auf die italienische Siegerin Federica Brignone, seit ihrem Sieg im Dezember beim Super-G in Lake Louise schaffte es Rebensburg nicht mehr auf das Podium.
Luitz überzeugte besonders im zweiten Lauf, zwischenzeitlich lag er in Führung. „Das grüne Licht und der Einser haben so gut getan“, sagte der 27-Jährige. Sein Resultat wertete Luitz als „Schritt in die richtige Richtung.“Bislang hatte der Allgäuer im Riesenslalom nur Rang 16 in Sölden zu Buche stehen. „Ich bin mehr als zufrieden“, betonte er. Beim Sieg des Franzosen Alexis Pinturault rundete Alexander Schmid (Fischen) als 13. das gute deutsche Ergebnis ab.
„So ganz checke ich das noch nicht.“Thomas Dreßen