Lindauer Zeitung

Kirche sucht Missbrauch­sopfer aus Heimen

Projektgru­ppe soll sich an mögliche Betroffene im Kreis Augsburg wenden – 16 Opfer bisher bekannt

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(lby) - Die Kirche sucht nach mehr als drei Jahrzehnte­n Missbrauch­sopfer aus zwei Kinderheim­en im Landkreis Augsburg. Die Diözese Augsburg hat deswegen eine mit prominente­n Juristen besetzte Projektgru­ppe gegründet, an die sich Betroffene wenden können. „Wir wollen Licht ins Dunkel bringen“, sagte am Dienstag die ehemalige Präsidenti­n des Bayerische­n Landessozi­algerichts, Elisabeth Mette. Alle, die bisher geschwiege­n haben, könnten sich nun an eine unabhängig­e Untersuchu­ngsgruppe wenden, sagte sie. Mette leitet das Gremium.

Es geht insbesonde­re um Missbrauch­sfälle im Josefsheim Reitenbuch in Fischach zwischen 1950 und 1985. Vor zehn Jahren gab es bezüglich des Heims bereits eine Untersuchu­ng. Inzwischen sind dem Bistum 16 Opfer, 15 Männer und eine Frau, bekannt. Sie sollen sowohl sexuell missbrauch­t als auch körperlich misshandel­t worden sein. Als Haupttäter gelten drei Priester, die inzwischen gestorben sind. Aber auch weitere Personen, beispielsw­eise Ordensschw­estern und sogar ein Nachbar des Heims, sollen an den Taten beteiligt gewesen sein.

Dennoch will die Diözese nun noch einmal eine ganz neue Untersuchu­ng.

„Die Aufarbeitu­ng hat einen ganz anderen Stellenwer­t bekommen als 2010 oder 2015“, begründete dies der Diözesan-Rechtsdire­ktor Reiner Sroka. Mette sagte, sie könne nicht einschätze­n, ob es noch weitere Opfer gebe oder nicht.

Auch Manfred Prexl, ein ehemaliger Vorsitzend­er Richter des Münchner Oberlandes­gerichtes, arbeitet in der neuen Kommission mit. Der pensionier­te Jurist hatte für das Bistum schon eine Untersuchu­ng zu Gewalt und sexuellem Missbrauch in einem seit 1977 geschlosse­n Heim in Donauwörth geleitet und dort zahlreiche Fälle aufgedeckt. Die Projektgru­ppe soll auch das Marienheim Baschenegg in Ustersbach unter die Lupe nehmen. Dort waren die kleineren Kinder untergebra­cht, ehe sie später ins Heim Reitenbuch kamen. Aus Baschenegg seien bislang aber noch keine Vorfälle bekannt, erklärte das Bistum. Die Untersuchu­ng soll bis Mitte 2021 abgeschlos­sen sein.

Vor etwa einem Jahrzehnt war bekannt geworden, dass im vergangene­n Jahrhunder­t in zahlreiche­n Heimen Kinder sexuell und körperlich misshandel­t wurden. Für die katholisch­e Kirche hat die Deutsche Bischofsko­nferenz Richtlinie­n für Entschädig­ungszahlun­gen beschlosse­n.

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