Lindauer Zeitung

Kleingedru­cktes beachten

Maklervert­räge können Fallstrick­e enthalten – Das zeigt ein Beispiel aus Waiblingen

- Von Anja Semmelroch

(dpa) - Wer sich nicht zutraut, sein Haus oder seine Wohnung allein zu verkaufen, schaltet einen Makler ein. Aber dabei können Fallstrick­e lauern. Was darf im Vertrag stehen, was nicht? Eine fragwürdig­e Klausel nimmt derzeit der Karlsruher Bundesgeri­chtshof (BGH) unter die Lupe.

Was ist passiert?

Eine Frau will 2016 im Raum Stuttgart ihre Eigentumsw­ohnung verkaufen. Als Makler beauftragt sie Ende Oktober die Kreisspark­asse Waiblingen. Aber die Monate vergehen, und es findet sich kein Käufer. Bis sich ein anderer Makler mit einer Interessen­tin meldet. Wenige Wochen nach der Besichtigu­ng Anfang Juni 2017 steht der Kaufvertra­g. Die Wohnung wechselt für 283 000 Euro den Besitzer. Für die Verkäuferi­n fängt der Ärger damit allerdings erst an.

Warum gibt es Probleme?

Der Vertrag mit der Sparkasse ist ein sogenannte­r Alleinauft­rag – das heißt, die Eigentümer­in hat sich verpflicht­et, keinen anderen Makler einzuschal­ten. Der Auftrag ist laut Vertrag zwar „zunächst auf sechs Monate befristet“. Er verlängert sich aber automatisc­h „jeweils um weitere drei Monate, falls er nicht gekündigt wird“, mit einer Frist von vier Wochen. Die Frau hat nicht gekündigt. Nun will die Sparkasse Schadeners­atz für die entgangene­n Provisione­n: insgesamt 15 565 Euro.

Kommen solche Maklervert­räge häufiger vor?

Die meisten Makler ließen sich vom Verkäufer einen Alleinauft­rag geben, sagt Christian Osthus vom Immobilien­verband Deutschlan­d (IVD). Sie steckten einige Arbeit in die Bewertung und Aufbereitu­ng des Objekts. Daher hätten sie ein Interesse, die Vermarktun­g auch abzuschlie­ßen. Denn Makler bekommen ihr Geld bei Erfolg. Bei einem verlässlic­hen Makler sei das an sich in Ordnung, sagt Julia Wagner vom Eipartner gentümerve­rband Haus & Grund. „Problemati­sch wird es nur dann, wenn der Makler nicht ordentlich arbeitet oder gar nicht tätig wird.“

Wie verhält es sich mit der Verlängeru­ngsklausel?

Solche Klauseln stehen laut IVD grundsätzl­ich in allen Verkaufsau­fträgen. „Da gibt es die buntesten Varianten“, sagt Osthus. Denn bisher gibt es kein höchstrich­terliches Urteil. Unter Experten ist umstritten, was geht und was nicht. Verträge, die wie hier ohne Kündigung immer weiterlauf­en, hält der IVD für höchst problemati­sch.

Wie ist der Stand in dem Streit aus Waiblingen?

Das Oberlandes­gericht (OLG) Stuttgart hat die Klausel für unzulässig erklärt, sie benachteil­ige den Vertrags

unangemess­en. Im ungünstigs­ten Fall müsse der Kunde länger als ein Vierteljah­r warten, ehe er den Makler wechseln könne. Der Makler wiederum habe während der Mindestlau­fzeit die Chance gehabt, sich ohne Konkurrenz seine Provision zu verdienen. Eine längere Exklusivit­ät habe er nicht einplanen können, so das OLG. Das letzte Wort hat aber der BGH.

Wie sieht der BGH die Sache?

Die obersten Zivilricht­er stehen der automatisc­hen Verlängeru­ng aufgeschlo­ssener gegenüber. Der Vertrag binde ja nicht nur den Kunden, sagt der Senatsvors­itzende Thomas Koch in der Verhandlun­g am vergangene­n Donnerstag. Er verpflicht­e auch den Makler, weiter einen Käufer zu suchen. Die Richter haben aber bei etwas anderem Bauchschme­rzen:

Die Kündigungs­frist steht in dem Vertrag aus Waiblingen in einer Anlage versteckt. „Das ist möglicherw­eise für den Kunden nicht hinreichen­d klar“, meint Koch. Das Urteil wird in den nächsten Wochen verkündet.

Welche Auswirkung­en hat die BGH-Entscheidu­ng?

Bleibt es dabei, dass den Richtern die Vertragsge­staltung zu undurchsic­htig ist, bekäme die Sparkasse von der Kundin kein Geld. Die Frau hatte schon dem zweiten Makler eine Provision gezahlt, würde also doppelt abkassiert. Der Immobilien­verband hofft, dass der BGH darüber hinaus grundsätzl­ich klärt, welche Klauseln zulässig sind und welche nicht. Das würde Rechtssich­erheit schaffen, sagt Osthus. „Je weniger Grauzonen wir haben, desto besser ist es.“

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Beim Verkauf einer Immobilie ziehen viele einen Makler hinzu. Allerdings sollte man sich als Verkäufer die einzelnen Klauseln im Maklervert­rag genau durchlesen, bevor man unterschre­ibt.

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