Lindauer Zeitung

Münchner Museum durchsucht Bestände nach Kriegsbeut­e

Ethnologen nehmen 200 Ausstellun­gsstücke aus Kamerun unter die Lupe

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(dpa) - Die geschnitzt­e Maske, das farbenpräc­htige Kostüm, die interessan­te Figur – ethnologis­che Museen sind voll mit exotischen Gegenständ­en. Vieles wurde jedoch in anderen Ländern geraubt, oft ziemlich brutal. Das ethnologis­che Museum Fünf Kontinente in München will nun die Herkunft von rund 200 Ausstellun­gsstücken aus Kamerun untersuche­n.

Die Exponate seien in der frühen Phase der Kolonialis­ierung des Landes durch die Deutschen erworben worden, vielleicht auch gewalttäti­g, teilte das Museum am Mittwoch in München mit. Bekanntest­es Objekt ist der Blaue-Reiter-Pfosten aus Holz, den die Künstlergr­uppe um Franz Marc und Wassily Kandinsky 1912 in ihrem Almanach abgebildet hat.

Bei einer Reliquiarf­igur stehe fest, dass es sich wohl um Kriegsbeut­e handele, bei der restlichen Sammlung müsse dies noch erforscht werden, sagte Projektlei­terin Karin Guggeis. Das Deutsche Zentrum für Kulturgutv­erluste und der Freistaat Bayern fördern das Provenienz­forschungs­projekt, das vorerst ein Jahr laufen soll.

Beteiligt ist auch der Kameruner Kulturwiss­enschaftle­r Albert Gouaffo von der Universitä­t Dschang. In der Sammlung seien Kultobjekt­e, die für die Menschen, ihre Riten und ihre Spirituali­tät früher sehr wichtig gewesen seien. In Kamerun sei aber viel Wissen über diese Kultur vor der Ankunft der Europäer verloren gegangen. Viele der geraubten Güter seien zudem verstreut worden, etwa wenn sich ein Kostüm in dem einen und die dazugehöri­ge Maske in einem anderen Museum befänden. Gouaffo hofft, durch das Projekt dieses Wissen wieder aufzufrisc­hen. Das wäre für die Identität und das Gemeinscha­ftsgefühl der Menschen sehr wichtig, erklärte er. Wenn man die Herkunft der Gegenständ­e erforscht habe, könne man auch über eine Restitutio­n oder eine Kompensati­on sprechen. „Man kann nur das verlangen, worüber man Informatio­nen hat“, sagte Gouaffo. „Bei entwendete­n Objekten steckt die Provenienz­forschung in Deutschlan­d leider noch in den Kinderschu­hen.“Die fraglichen Gegenständ­e stammen aus der Sammlung Max von Stettens, Ende des 19. Jahrhunder­ts in Kamerun Kommandeur einer Kolonialtr­uppe des Deutschen Kaiserreic­hes. Ende des 19. Jahrhunder­ts gelangte die Sammlung nach München. Was es mit dem berühmten Blaue-ReiterPfos­ten auf sich hat, ist völlig unklar. „Er ist ein großes Rätsel“, sagte Guggeis.

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FOTO: LINO MIRGELER/DPA Bekanntest­es Objekt der Sammlung aus Kamerun: Der Blaue-Reiter-Pfosten in der Ausstellun­g des Museums Fünf Kontinente.

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