Wie es in Thüringen weitergehen könnte
Drei Szenarien zur Regierungsbildung – Die politische Situation ist verfahren
(dpa) - Der frisch gewählte Ministerpräsident muss nun ein Kabinett aufstellen. Die Ernennung und Vereidigung der Minister wurde am Mittwoch abgesagt. Welche Szenarien nun denkbar sind:
Kemmerich bildet eine Simbabwe-Minderheitsregierung
Eine mögliche Simbabwe-Koalition ist benannt nach den Farben der Flagge des afrikanischen Landes: Dieser Versuch war nach der Landtagswahl schon einmal gescheitert. Es wäre ein Bündnis aus CDU, FDP, SPD und Grünen. Sozialdemokraten und Grüne entschieden sich früh und klar, lieber mit den Linken weiterzumachen. Auch diesmal gilt eine solche Minderheitskoalition als sehr unwahrscheinlich. Grüne und SPD winkten nach der Wahl Kemmerichs unmissverständlich ab. SPD-Fraktionschef Matthias Hey schloss aus, dass die Thüringer Sozialdemokraten mit einem
Ministerpräsidenten, der mit AfDStimmen gewählt wurde, zusammenarbeiten werden. Die Grünen kündigten an, in die Opposition zu gehen.
Kemmerich wagt eine Minderheitsregierung von CDU und FDP
Die FDP wäre in dieser Konstellation der Minipartner. Sie hat nur fünf Abgeordnete im Landtag, die CDU kommt auf 21. Dennoch: Eine solche Minderheitsregierung ist zumindest denkbar, weil CDU und FDP gern miteinander zusammenarbeiten wollen. Bleiben SPD, Grüne und Linke bei ihrem „Nein“zu einer Zusammenarbeit mit Kemmerich, könnte eine solche Regierung nur Mehrheiten zusammen mit der AfD finden.
Vertrauensfrage oder Neuwahlen
Die Rufe nach Neuwahlen werden auch bundesweit immer lauter. Die Thüringer CDU-Frakion teilte aber mit, dass sie Neuwahlen vermeiden will. Bisher galten Neuwahlen in Thüringen als unwahrscheinlich – trotz der schwierigen politischen Situation. Grund ist, dass dafür eine Zweidrittelmehrheit im Landtag nötig wäre. Von den 90 Abgeordneten im Thüringer Landtag müssten also mindestens 60 Abgeordnete dafür stimmen. Aber auch Neuwahlen nach einer erfolglosen Vertrauensfrage und anschließend gescheiterten Wahl eines neuen Ministerpräsidenten wären denkbar. „Er würde die Vertrauensfrage stellen, dann gibt es eine Abstimmung und dann müssten die Abgeordneten ihm das Vertrauen aussprechen“, sagte der Erfurter Politologe André Brodocz. Um das Vertrauen zu erhalten, wäre eine absolute Mehrheit nötig – also 46 Stimmen. Die Vertrauensfrage müsste Kemmerich selbst stellen. Sollte das Vertrauen nicht ausgesprochen werden, hätte der Landtag drei Wochen Zeit, einen Ministerpräsidenten zu wählen. Sollte dies in dieser Frist nicht gelingen, gäbe es Neuwahlen.