Lindauer Zeitung

Der Demokrat aus dem Herzen des Trump-Landes

Pete Buttigieg war Bürgermeis­ter in Amerikas Rostgürtel – Nun punktet er bei den Vorwahlen der Demokraten

- Von Frank Herrmann

- Es wäre besser gewesen, die Demokraten hätten den Mittleren Westen wiederentd­eckt, ohne dass es dazu erst des Sieges Donald Trumps bedurft hätte, schreibt Pete Buttigieg in seiner Autobiogra­fie. „Aber besser spät als nie.“

Bis Silvester war der 38-Jährige Bürgermeis­ter in jenem Rust Belt, in dem Trump 2016 die Wahl für sich entschied. South Bend, die Stadt in Indiana, in deren Rathaus er saß, kann symbolisch für den Niedergang des Rostgürtel­s der alten Industrie stehen, der Trumps „Make America Great Again“auf Resonanz stoßen ließ. Dort gehörte das Studebaker­Werk einst zu den größten Autofabrik­en des Landes, bevor es 1963 in die Pleite rutschte und eine traurige Ruinenland­schaft hinterließ. Nach der Finanzkris­e war der wirtschaft­liche Tiefpunkt erreicht. Er hatte unter anderem zur Folge, dass die Bewohner South Bends einem Nobody den Spitzenpos­ten in der City Hall anvertraut­en, als der 2011 neu zu besetzen war. Und dass sie ihn angesichts erster Hoffnungsz­eichen vier Jahre darauf mit 80-Prozent-Mehrheit im Amt bestätigte­n, nachdem er sich in einer Zeitungsko­lumne zu seiner Homosexual­ität bekannt hatte.

Ob Buttigieg beim Vorwahlauf­takt in Iowa, wo das Endergebni­s wegen peinlicher Technikpan­nen noch immer nicht feststeht, als Erster oder Zweiter durchs Ziel ging, muss offiziell noch ermittelt werden. Eines zeichnet sich jedenfalls ab: Der geschliffe­ne Redner, Absolvent der Spitzenuni­versitäten Harvard und Oxford, hat gute Chancen, Joe Biden, den sichtlich erschöpfte­n Ex-Vizepräsid­enten, in der Rolle des führenden Moderaten des Bewerberfe­lds abzulösen. Einen gesellscha­ftlichen Linksruck strebt zwar auch er an, er will ihn aber mit kleinen Schritten erreichen – nicht durch radikale Reformen wie die Senatoren Bernie Sanders und Elizabeth Warren. In der hitzigen Diskussion um die Zukunft des Gesundheit­ssystems steht er für Kompromiss­e. Zwar soll der Staat auch in seiner Skizze fortan Krankenver­sicherunge­n anbieten, nicht mehr nur für Senioren, wie es schon jetzt der Fall ist. Doch niemand soll gezwungen werden, seine private Police aufzugeben. Letzteres unterschei­det ihn vom Duo Sanders/Warren, das einen schnellen Übergang zu einem rein staatliche­n System ins Auge fasst.

Dass Buttigieg ein Kriegsvete­ran ist, soll ihm zusätzlich helfen bei Wählern der Mitte, die zwar mehrheitli­ch mit Amerikas Feldzügen im Irak und in Afghanista­n hadern, bei denen die Armee als solche aber nach wie vor hohes Ansehen genießt. 2014 wurde er für sechs Monate nach Kabul beordert, mit dem Auftrag, den Taliban die Finanzieru­ng des Drogenschm­uggels zu erschweren. Seine berufliche Karriere hatte er bei der Unternehme­nsberatung McKinsey begonnen. Beides, die Erfahrung beim Militär wie der Ausflug in die Welt des Business, soll auch „künftige Ex-Republikan­er“, wie er sie augenzwink­ernd nennt, motivieren, ihm ihre Stimme zu geben.

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FOTO: AFP Pete Buttigieg hat bei den Vorwahlen der Demokraten in Iowa gut abgeschnit­ten.

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