Der Demokrat aus dem Herzen des Trump-Landes
Pete Buttigieg war Bürgermeister in Amerikas Rostgürtel – Nun punktet er bei den Vorwahlen der Demokraten
- Es wäre besser gewesen, die Demokraten hätten den Mittleren Westen wiederentdeckt, ohne dass es dazu erst des Sieges Donald Trumps bedurft hätte, schreibt Pete Buttigieg in seiner Autobiografie. „Aber besser spät als nie.“
Bis Silvester war der 38-Jährige Bürgermeister in jenem Rust Belt, in dem Trump 2016 die Wahl für sich entschied. South Bend, die Stadt in Indiana, in deren Rathaus er saß, kann symbolisch für den Niedergang des Rostgürtels der alten Industrie stehen, der Trumps „Make America Great Again“auf Resonanz stoßen ließ. Dort gehörte das StudebakerWerk einst zu den größten Autofabriken des Landes, bevor es 1963 in die Pleite rutschte und eine traurige Ruinenlandschaft hinterließ. Nach der Finanzkrise war der wirtschaftliche Tiefpunkt erreicht. Er hatte unter anderem zur Folge, dass die Bewohner South Bends einem Nobody den Spitzenposten in der City Hall anvertrauten, als der 2011 neu zu besetzen war. Und dass sie ihn angesichts erster Hoffnungszeichen vier Jahre darauf mit 80-Prozent-Mehrheit im Amt bestätigten, nachdem er sich in einer Zeitungskolumne zu seiner Homosexualität bekannt hatte.
Ob Buttigieg beim Vorwahlauftakt in Iowa, wo das Endergebnis wegen peinlicher Technikpannen noch immer nicht feststeht, als Erster oder Zweiter durchs Ziel ging, muss offiziell noch ermittelt werden. Eines zeichnet sich jedenfalls ab: Der geschliffene Redner, Absolvent der Spitzenuniversitäten Harvard und Oxford, hat gute Chancen, Joe Biden, den sichtlich erschöpften Ex-Vizepräsidenten, in der Rolle des führenden Moderaten des Bewerberfelds abzulösen. Einen gesellschaftlichen Linksruck strebt zwar auch er an, er will ihn aber mit kleinen Schritten erreichen – nicht durch radikale Reformen wie die Senatoren Bernie Sanders und Elizabeth Warren. In der hitzigen Diskussion um die Zukunft des Gesundheitssystems steht er für Kompromisse. Zwar soll der Staat auch in seiner Skizze fortan Krankenversicherungen anbieten, nicht mehr nur für Senioren, wie es schon jetzt der Fall ist. Doch niemand soll gezwungen werden, seine private Police aufzugeben. Letzteres unterscheidet ihn vom Duo Sanders/Warren, das einen schnellen Übergang zu einem rein staatlichen System ins Auge fasst.
Dass Buttigieg ein Kriegsveteran ist, soll ihm zusätzlich helfen bei Wählern der Mitte, die zwar mehrheitlich mit Amerikas Feldzügen im Irak und in Afghanistan hadern, bei denen die Armee als solche aber nach wie vor hohes Ansehen genießt. 2014 wurde er für sechs Monate nach Kabul beordert, mit dem Auftrag, den Taliban die Finanzierung des Drogenschmuggels zu erschweren. Seine berufliche Karriere hatte er bei der Unternehmensberatung McKinsey begonnen. Beides, die Erfahrung beim Militär wie der Ausflug in die Welt des Business, soll auch „künftige Ex-Republikaner“, wie er sie augenzwinkernd nennt, motivieren, ihm ihre Stimme zu geben.