Lindauer Zeitung

Experten wollen das Rätsel um den Wehrmachts­soldaten lösen

Kriegsgräb­erfürsorge durchsucht am Donnerstag­vormittag das Gebiet um den Reutiner Bahnhof – Knochen wird in Lindau beigesetzt

- Von Julia Baumann

- Viel Lob bekommt der Baggerfahr­er, der vergangene Woche am Bahnhof Reutin auf die Überreste eines Wehrmachts­soldaten gestoßen ist. Denn er hat sofort reagiert und seine Arbeit eingestell­t. Nur deswegen haben Experten jetzt eine Chance, das entscheide­nde Puzzleteil zu finden, mit dem sie den Mann identifizi­eren können.

Am Donnerstag­vormittag sondieren Mitarbeite­r des Volksbunde­s Deutsche Kriegsgräb­erfürsorge dafür das Gebiet um den Reutiner Bahnhof. Wie berichtet, hatte der Baggerfahr­er dort neben einem Stück Knochen einen Wehrmachts­helm, den Hörer eines Feldtelefo­ns, einen Blechtelle­r, eine Glasflasch­e und ein Soldbuch ausgegrabe­n. Die Gegenständ­e lassen darauf schließen, dass es sich um die Überreste eines Wehrmachts­soldaten handelt. Historiker gehen davon aus, dass der Mann bei den Luftangrif­fen auf Lindau in den Tagen ab dem 22. April 1945 ums Leben gekommen sein könnte.

Die Mitarbeite­r des Volksbunde­s wollen die Ergebnisse der Sondierung abwarten, wie sie in einer PresMitarb­eiter semitteilu­ng schreiben. „Was für ein Glück, dass der Baggerfahr­er mitgedacht hat und sofort mit den Arbeiten aufgehört hat. So haben wir die Hoffnung, dass wir möglicherw­eise noch etwas finden können, das uns tatsächlic­h stichhalti­ge Auskünfte gibt“, schreibt Artur Berger, Mitarbeite­r des Volksbunde­s Deutsche Kriegsgräb­erfürsorge. „Am wichtigste­n wäre natürlich eine Erkennungs­marke.“Denn damit können die Experten ganz leicht herausfind­en, wer der Mann war. Artur Berger kommt am Donnerstag nach Lindau, um das Gelände um den Reutiner Bahnhof abzusuchen. Wenn er dabei tatsächlic­h auf weitere Knochen und Gegenständ­e stößt, wird der Volksbund in der kommenden Woche mit den Grabungsar­beiten beginnen.

Die menschlich­en Gebeine werden auf dem neuen Aeschacher Friedhof beigesetzt. Dort gibt es ein Gräberfeld, auf dem bereits 62 Tote des Zweiten Weltkriege­s ruhen. Die Beifunde wird die Polizei dem Mitarbeite­r des Volksbunde­s übergeben, wie es in der Pressemitt­eilung heißt. Vor allem auf die Entzifferu­ng des Soldbuches setzen die Volksbund

große Hoffnungen. „Wir gehen davon aus, dass wir – gemeinsam mit dem Bundesarch­iv in Berlin – das Soldbuch so behandeln können, dass die Schrift wieder lesbar wird. Ein Soldbuch weist eindeutig auf einen Soldaten hin“, schreibt Artur Berger.

Der Fund von Kriegstote­n in Süddeutsch­land ist sehr ungewöhnli­ch. Während in den Gebieten rund um Berlin, den Seelower Höhen und in Halbe in Brandenbur­g noch zahlreiche Tote gefunden, exhumiert und beigesetzt werden, gab es in Süddeutsch­land in den vergangene­n Jahren laut Kriegsgräb­erfürsorge keine Spontanfun­de mehr.

Der Volksbund Deutsche Kriegsgräb­erfürsorge ist eine humanitäre Organisati­on, die 1919 in Berlin gegründet wurde. Heute pflegt der Volksbund im Auftrag der Bundesregi­erung in ganz Europa und weltweit 832 Kriegsgräb­erstätten mit rund 2,8 Millionen Toten. Jährlich werden noch zwischen 15 000 und 20 000 Kriegstote gefunden und beigesetzt.

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Überreste vermutlich eines Wehrmachts­soldaten sind bei Grabungsar­beiten an der Baustelle zum neuen Bahnhof Reutin aufgetauch­t. Nun hoffen Experten, seine Erkennungs­marke zu finden.

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