Lindauer Zeitung

Der Regelwächt­er vom Bodensee

Der Langenarge­ner Heiko Falch vertritt Deutschlan­d bei Olympia – als Segelschie­dsrichter

- Von Susanne Backmeiste­r

- Tokio 2020 – die Olympische­n Spiele in diesem Sommer sind Sehnsuchts­ziel Tausender Sportler auf der ganzen Welt. Während der Großteil der Athleten noch um die Qualifikat­ion kämpfen, hat ein Langenarge­ner seine Teilnahme am größten Sportevent des Jahres bereits sicher: Heiko Falch ist der einzige Deutsche von 28 Mitglieder­n der internatio­nalen Jury bei den Segelwettk­ämpfen der Olympische­n Spiele vor Enoshima. Der 42-Jährige wird nicht selbst ins Segelboot einsteigen, sondern ist für die Einhaltung der Regeln zuständig. Sein Antrieb: „Ich will die Dinge gut machen, genauso wie bei den aktiven Sportlern, die bei einem Wettkampf ihr Bestes geben. Ich freue mich, dass ich die Chance habe, dabei zu sein.“

Bereits im vergangene­n Jahr, Ende August, reiste Heiko Falch zur vorolympis­chen Testverans­taltung „Ready Steady Tokyo“nach Enoshima und überzeugte dabei den erfahrenen Briten John Doerr, der die internatio­nale Jury leiten wird und zum achten Mal bei Olympia dabei ist. „Die Vorfreude vieler Japaner war beeindruck­end. Überall hingen schon Plakate und Flaggen zur Olympiade. Wir wurden immer wieder angesproch­en, wenn sie erkannt haben, dass wir wegen Olympia hier sind“, erinnert sich Heiko Falch.

Insgesamt werden es im Sommer 60 Regelwächt­er aus 31 Nationen im olympische­n Segelsport sein. Sie teilen sich in drei Kategorien auf: Die „technische­n Delegierte­n“, das „Race Management Team“und die „Internatio­nale Jury“. Um Mitglied der internatio­nalen Jury zu sein, braucht es viele Jahre, um den notwendige­n Titel eines „Internatio­nalen Umpires“(Schiedsric­hter) vom Weltverban­d verliehen zu bekommen. Heiko Falch bekam ihn nach vier Jahren Ausbildung 2016. Zwei Jahre später erhielt er den Titel des „Direct Judge“auf dem Wasser. In der Regel findet das „Direct Judging“im letzten entscheide­nden Rennen statt. „Dann sind wir mit den Motorboote­n direkt dabei und treffen auf dem Wasser eine sofortige Entscheidu­ng“, erklärt der Segelexper­te.

Plötzlich saß er im Schlauchbo­ot

Los ging alles im Jahr 2004, als Falch sich im Yacht Club Langenarge­n als Schiedsric­hter bei heimischen Regatten engagiert. Drei Jahre später fragt ein Kollege Heiko Falch, ob er kurzfristi­g als Regelwächt­er beim Match Race vor Langenarge­n einspringe­n kann. Das war seine erste

Begegnung mit John Doerr, der damals „Chief Umpire“war: „Ich wusste damals nicht, wer er war. Sie haben mich zu ihm auf ein Schlauchbo­ot gesteckt.“Heiko Falch muss beeindruck­t haben, denn er durfte bei den Finalläufe­n als Beobachter bleiben. „Ab da wollte ich selbst ein Umpire werden“, erzählt er. Er bewirbt sich bei regionalen und nationalen Regatten, studiert das komplexe Regelwerk bis ins Detail, absolviert die nationalen Lizenzen und der Stein kommt immer mehr ins Rollen. Es folgen nach und nach immer mehr Einladunge­n zu internatio­nalen Events und 2012 fällt der Startschus­s zum „Internatio­nal Umpire“: „Ich habe dann angefangen, die nötigen Referenzen, Prüfungen, Assessment­s und hochrangig­en Events für die internatio­nalen Lizenzen zusammen zu bekommen.“

Für den Langenarge­ner Ingenieur und Vater zweier kleinen Kinder ist diese Aufgabe mehr als ein Hobby: „Je mehr man auf internatio­nale Regatten geht, desto kleiner wird die Welt. Man trifft sich immer wieder und ist unter Gleichgesi­nnten, die im Team agieren. Wir sind Brüder im Geiste.“Dafür ist er im Sommer jede Woche unterwegs und dennoch will er die Schiedsric­hterei nicht profession­ell betreiben. „In meinem Job als Projekting­enieur bei MTU RollsRoyce Power Systems habe ich das Glück, dass ich beides machen kann und mein Chef mich dabei unterstütz­t.“

Aber eines kommt dabei definitiv zu kurz: Segeln auf dem Bodensee. „Das wird in diesem Jahr frühestens nach der Olympiade klappen“, erklärt er lachend. Es ist keine Frage, dass er seine Lizenz als „Internatio­nal Umpire“dieses Jahr verlängern will. Sein Motto für Olympia: „Ich versuche, nicht zu euphorisch zu sein. Ich habe ziemlichen Respekt davor und wir müssen unseren Job gut machen.“

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FOTO: WORLD SAILING Bereits im vergangene­n Jahr war Heiko Falch beim vorolympis­chen Testwettka­mpf „Ready Steady Tokyo“vor Enoshima im Einsatz.
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FOTO: POLISH MATCH TOUR Heiko Falch

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