Der Zurück-zu-alter-Stärke-Trainer
Unter Hansi Flick blühen beim FC Bayern alte Helden auf – Ligagipfel entscheidend
- Auch wenn Hansi Flick nach dem überaus knappen 4:3 (3:1)Pokalsieg des FC Bayern München gegen die TSG Hoffenheim innerlich den Zeigefinger hob und sagte: „Das ist ein Weckruf für uns“, wussten die Kicker ihre Laissez-faire-Minuten schon recht gut einzuordnen und die entsprechenden Schlüsse zu ziehen. Joshua Kimmich kam mit breitem Grinsen aus der Kabine und auch Thomas Müller scherzte wie gewohnt. Vor dem Gipfeltreffen des nun wieder Spitzenreiters gegen RB Leipzig (So., 18 Uhr/Sky) freute er sich nach dem Dominanzeinbruch, und drei Gegentoren sogar scheinbar: „Schön zu sehen, dass so etwas passieren kann, da man sich dann rückbesinnen kann, worauf es ankommt.“Ankommen, das wurde wieder einmal deutlich, kommt es vor allem auf die Einstellung bis zum Schluss. Denn eine weitere Erkenntnis lautete: Wenn die Bayern wirklich wollen, kann sie derzeit wohl zumindest national niemand stoppen. Das liegt nicht nur am wiedererstarkten und hochgelobten Vize-Kapitän Müller, der mit seinem Tor den Reigen eröffnete. Dritter Frühling, endlich wieder der alte Müller, was wurde und wird nicht alles über den Urbayer fabuliert. Die einfache Erklärung ist aber anders: „Ich fühle mich gerade gut, habe mich aber nicht verändert – das Spiel der Mannschaft ist einfach besser“, müllerte er und gab damit nicht nur seinem Ex-Trainer Niko Kovac eine kräftige Watschn, sondern vor allem auch Trainer Flick den nächsten von derzeit zahlreichen Ritterschlägen.
Kleine Winkelzüge, große Wirkung
Flick hat es geschafft, beinahe schon weggelobte Spieler wieder in ihre Hochform zu führen. Jérôme Boateng gab bis zu seiner verletzungsbedingten Auswechslung einen Innenverteidiger wie aus besten TripleZeiten. Etwas erschlankt und fit hat sich der 31-Jährige, dem von Uli Honeß als Freund schon ein Vereinswechsel nahegelegt wurde, zur ernsten Alternative gemausert.
Weiter geht der Besser-gemachtFlick-Reigen mit Leon Goretzka. Der 24-Jährige, vor der Winterpause auch verletzungsbedingt nicht wirklich in den Tritt gekommen, zeigt nun, dass er der Antreiber im Mittelfeld für die kommenden Jahre sein kann. „Er ist torgefährlich. Diese Spieler machen den Unterschied aus“, sagte DFB-Legende Michael Ballack jüngst bei Sport1. Sein potenzieller Nachfolger ist bei den Bayern und auch der Nationalelf gesetzt, positioniert sich öffentlich politisch und scheint der Mannschaft ein Element zu geben, das fehlt. Er habe „das gewisse Etwas und übernimmt Verantwortung“, lobte Sportdirektor Hasan Salihamidzic.
Auch Thiago oder nix ist plötzlich wieder das Münchner Motto. Von ExTrainer Pep Guardiola geprägt, ist der Spanier seit Dezember wieder eine feste Säule. Dass er ein exzellenter Ballstreichler- und virtuose ist, war immer unbestritten, seit nun auch gute Defensivarbeit dazu kommt sowie Vollstreckerqualitäten, ist der 28-Jährige prädestiniert für eine Vertragsverlängerung.
Thiago profitiert von Flicks Maßnahme, Joshua Kimmich dauerhaft im zentral defensiven Mittelfeld zu positionieren. Kimmich agiert als verbindend zwischen Defensive und
Offensive, bei gegnerischem Ballbesitz lässt sich Thiago fallen und bildet mit ihm eine Doppelsechs. Haben die Bayern den Ball, kann Thiago auf der Achterposition als Ballverteiler mit Offensivdrang glänzen.
Alles kleine Winkelzüge von Hansi Flick, die aber große Wirkung zeigten. Dass die vom Hoffenheim-Spiel gesendete Warnung nach acht Pflichtspielsiegen am Stück den 54-Jährigen deutlicher warnen ließ, ist mit dem offensichtlichen Zurückschalten zu begründet. „Die letzten 20, 30 Minuten haben wir es schleifen lassen. Das wurde bestraft“, resümierte Kapitän Manuel Neuer.
Die Spitze kommt überraschend
Schleifen lassen, davon ist auszugehen, werden es die Bayern gegen den strauchelnden Emporkömmling aus Leipzig schon aufgrund der ClubDNA nicht. „Auf der einen Seite wäre es ein super Zeichen gewesen, wenn wir vor Leipzig wieder 4:1 oder 5:1 gewonnen hätten“, sagte Kimmich: „Aber wir hätten auch nicht gedacht, dass wir vor der Partie überhaupt vor Leipzig stehen.“Dass es die BayernKicker
verstanden haben, sollte auch dem Bessermacher Flick schon bewusst sein. Denn – wie Kimmich es formuliert – was die Meisterschaft angeht, ist es gegen Leipzig zwar „keine Vorentscheidung, aber schon etwas entscheidend.“
Mit dem Allgäuer Bayern-Fanclub im Studio, ist sich die Anschwitzencrew zumindest beim Ausgang des Spitzenspiels einig. Alle Infos finden Sie online auf:
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