ZF unter Betrugsverdacht
Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Emissionssoftware
(dpa) - Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt wegen möglicherweise unzulässiger Funktionen einer Getriebesoftware gegen Mitarbeiter des Autozulieferers ZF. Es gehe um den Verdacht des Betruges und der mittelbaren Falschbeurkundung, sagte ein Sprecher der Behörde. Es bestehe der Verdacht, die Software könne Funktionen enthalten, die zu unzutreffenden Verbrauchsund Emissionswerten bei Fahrzeugtests auf dem Prüfstand führen könnten. Zudem läuft ein Bußgeldverfahren gegen das Unternehmen.
Die Staatsanwaltschaft hatte im vergangenen Jahr bereits einen entsprechenden Prüfvorgang eingeleitet. Die Ermittlungen richten sich nach Angaben der Behörde gegen zwei namentlich bekannte Mitarbeiter der mittleren Managementebene sowie weitere, noch nicht bekannte Mitarbeiter. Ein ZF-Sprecher bestätigte die Ermittlungen.
- Interne Ermittler stürmen in Büros, sammeln Laptops und Rechner ein, stellen Ingenieuren unangenehme Fragen: Spätestens an diesem Tag im Herbst 2017 erreicht der Skandal um manipulierte Abgaswerte auch den Autozulieferer ZF Friedrichshafen. Vier hochrangige Mitarbeiter verlassen den Konzern: der Entwicklungschef, der Leiter der Pkw-Getriebe-Entwicklung, der Leiter der Getriebesteuerungsentwicklung und der Chef der Entwicklung im ZF-Getriebe-Leitwerk in Saarbrücken. Im Juli 2019 wird bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart die Vorgänge prüft und nach möglichen strafbaren Handlungen abklopft. Nun sind die Ermittler einen Schritt weiter. Am Montag wurde bekannt, dass die Behörde gegen ZF-Mitarbeiter wegen Betrugsverdachts und möglicher mittelbarer Falschbeurkundung ermittelt. Gegen ZF wurde ein Bußgeldverfahren eingeleitet.
Im Visier der Ermittler sind zwei namentlich bekannte und weitere unbekannte Angestellte des Konzerns, bestätigt Heiner Römhild, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Stuttgart. Laut „Wirtschaftswoche“sind die beiden bekannten Mitarbeiter dem mittleren Management des Konzerns zuzurechnen. Es geht um mögliche Straftaten, die im Zusammenhang mit Getrieben, Getriebesteuerungen und der dazugehörigen Software stehen. Dabei steht der Verdacht im Raum, dass Getriebesoftware rechtswidrig manipuliert worden ist und in der Folge Strategien enthält, die „zur Ermittlung unzutreffender Emissions- und Verbrauchswerte im Rahmen behördlicher Tests führen würden“, erklärt Römhild.
Das Bußgeldverfahren gegen ZF begründet die Staatsanwaltschaft damit, dass der Konzern möglicherweise die nötigen Aufsichtsmaßnahmen im Unternehmen nicht in ausreichendem Maß durchgeführt habe. Eine Hausdurchsuchung oder ähnliche Aktionen seien nicht geschehen, weil das Unternehmen mit den Behörden zusammenarbeite, so Römhild.
ZF bestätigte auf Anfrage die Ermittlungsverfahren und die Kooperation mit der Staatsanwaltschaft. „Darüber hinaus treffen wir grundsätzlich keine Aussagen zu laufenden Verfahren“, sagte ein Sprecher.
Um welche Getriebe es sich in diesem Fall handelt und welche ZFKunden betroffen sind, war offiziell nicht zu erfahren. Nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“aus Unternehmenskreisen handelt es sich aber um das Automatikgetriebe 8HP und den Hersteller Audi. Die VW-Tochter nutzt vor allem in den großen Limousinen der Typen A6, A7, A8 und Q5 das ZF-Achtgang-Automatikgetriebe mit der internen Bezeichnung AL 551.
In den USA war ZF in einer Sammelklage zur Abgasthematik gegen Audi und den Zuliefer-Rivalen Bosch als „Co-Conspirator“(also als Mitverschwörer) aufgeführt worden. Die Anwälte hatten ZF vorgeworfen, „direkt oder indirekt“in die Vorgänge verwickelt zu sein, die zu den falschen Abgaswerten bei in den USA verkauften Audimodellen geführt haben sollen. Die Klage ist mittlerweile vom Tisch, die Parteien haben sich auf einen Vergleich geeinigt.
Heiner Römhild, der Sprecher der Staatsanwaltschaft, wollte keine
Prognose abgeben, wie lange das nun eingeleitete Ermittlungsverfahren laufen wird. Sein Haus (und nicht die eigentlich für Friedrichshafen zuständige Staatsanwaltschaft Ravensburg) ist übrigens wegen besonderer fachlicher Kenntnisse für den Fall zuständig. Die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart hatte beschlossen, dass alle weiteren Verfahren rund um das Thema Abgas-Schummelsoftware nach Stuttgart gezogen werden. Dort sind bereits mehrere große Fälle in diesem Zusammenhang bearbeitet worden.