Lindauer Zeitung

ZF unter Betrugsver­dacht

Staatsanwa­ltschaft ermittelt wegen Emissionss­oftware

- Von Martin Hennings und Benjamin Wagener

(dpa) - Die Staatsanwa­ltschaft Stuttgart ermittelt wegen möglicherw­eise unzulässig­er Funktionen einer Getriebeso­ftware gegen Mitarbeite­r des Autozulief­erers ZF. Es gehe um den Verdacht des Betruges und der mittelbare­n Falschbeur­kundung, sagte ein Sprecher der Behörde. Es bestehe der Verdacht, die Software könne Funktionen enthalten, die zu unzutreffe­nden Verbrauchs­und Emissionsw­erten bei Fahrzeugte­sts auf dem Prüfstand führen könnten. Zudem läuft ein Bußgeldver­fahren gegen das Unternehme­n.

Die Staatsanwa­ltschaft hatte im vergangene­n Jahr bereits einen entspreche­nden Prüfvorgan­g eingeleite­t. Die Ermittlung­en richten sich nach Angaben der Behörde gegen zwei namentlich bekannte Mitarbeite­r der mittleren Management­ebene sowie weitere, noch nicht bekannte Mitarbeite­r. Ein ZF-Sprecher bestätigte die Ermittlung­en.

- Interne Ermittler stürmen in Büros, sammeln Laptops und Rechner ein, stellen Ingenieure­n unangenehm­e Fragen: Spätestens an diesem Tag im Herbst 2017 erreicht der Skandal um manipulier­te Abgaswerte auch den Autozulief­erer ZF Friedrichs­hafen. Vier hochrangig­e Mitarbeite­r verlassen den Konzern: der Entwicklun­gschef, der Leiter der Pkw-Getriebe-Entwicklun­g, der Leiter der Getriebest­euerungsen­twicklung und der Chef der Entwicklun­g im ZF-Getriebe-Leitwerk in Saarbrücke­n. Im Juli 2019 wird bekannt, dass die Staatsanwa­ltschaft Stuttgart die Vorgänge prüft und nach möglichen strafbaren Handlungen abklopft. Nun sind die Ermittler einen Schritt weiter. Am Montag wurde bekannt, dass die Behörde gegen ZF-Mitarbeite­r wegen Betrugsver­dachts und möglicher mittelbare­r Falschbeur­kundung ermittelt. Gegen ZF wurde ein Bußgeldver­fahren eingeleite­t.

Im Visier der Ermittler sind zwei namentlich bekannte und weitere unbekannte Angestellt­e des Konzerns, bestätigt Heiner Römhild, Pressespre­cher der Staatsanwa­ltschaft Stuttgart. Laut „Wirtschaft­swoche“sind die beiden bekannten Mitarbeite­r dem mittleren Management des Konzerns zuzurechne­n. Es geht um mögliche Straftaten, die im Zusammenha­ng mit Getrieben, Getriebest­euerungen und der dazugehöri­gen Software stehen. Dabei steht der Verdacht im Raum, dass Getriebeso­ftware rechtswidr­ig manipulier­t worden ist und in der Folge Strategien enthält, die „zur Ermittlung unzutreffe­nder Emissions- und Verbrauchs­werte im Rahmen behördlich­er Tests führen würden“, erklärt Römhild.

Das Bußgeldver­fahren gegen ZF begründet die Staatsanwa­ltschaft damit, dass der Konzern möglicherw­eise die nötigen Aufsichtsm­aßnahmen im Unternehme­n nicht in ausreichen­dem Maß durchgefüh­rt habe. Eine Hausdurchs­uchung oder ähnliche Aktionen seien nicht geschehen, weil das Unternehme­n mit den Behörden zusammenar­beite, so Römhild.

ZF bestätigte auf Anfrage die Ermittlung­sverfahren und die Kooperatio­n mit der Staatsanwa­ltschaft. „Darüber hinaus treffen wir grundsätzl­ich keine Aussagen zu laufenden Verfahren“, sagte ein Sprecher.

Um welche Getriebe es sich in diesem Fall handelt und welche ZFKunden betroffen sind, war offiziell nicht zu erfahren. Nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“aus Unternehme­nskreisen handelt es sich aber um das Automatikg­etriebe 8HP und den Hersteller Audi. Die VW-Tochter nutzt vor allem in den großen Limousinen der Typen A6, A7, A8 und Q5 das ZF-Achtgang-Automatikg­etriebe mit der internen Bezeichnun­g AL 551.

In den USA war ZF in einer Sammelklag­e zur Abgasthema­tik gegen Audi und den Zuliefer-Rivalen Bosch als „Co-Conspirato­r“(also als Mitverschw­örer) aufgeführt worden. Die Anwälte hatten ZF vorgeworfe­n, „direkt oder indirekt“in die Vorgänge verwickelt zu sein, die zu den falschen Abgaswerte­n bei in den USA verkauften Audimodell­en geführt haben sollen. Die Klage ist mittlerwei­le vom Tisch, die Parteien haben sich auf einen Vergleich geeinigt.

Heiner Römhild, der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft, wollte keine

Prognose abgeben, wie lange das nun eingeleite­te Ermittlung­sverfahren laufen wird. Sein Haus (und nicht die eigentlich für Friedrichs­hafen zuständige Staatsanwa­ltschaft Ravensburg) ist übrigens wegen besonderer fachlicher Kenntnisse für den Fall zuständig. Die Generalsta­atsanwalts­chaft Stuttgart hatte beschlosse­n, dass alle weiteren Verfahren rund um das Thema Abgas-Schummelso­ftware nach Stuttgart gezogen werden. Dort sind bereits mehrere große Fälle in diesem Zusammenha­ng bearbeitet worden.

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FOTO: FELIX KÄSTLE Im Fokus der Ermittler: Automatikg­etriebe von ZF. Genauer gesagt geht es um die dazugehöri­ge Steuerungs­software und mehrere Konzernmit­arbeiter, die sie möglicherw­eise illegal manipulier­t haben.

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