Die letzte Zigarette des Rock 'n' Roll
In einer Zeit verwirrender Nachrichten drohen die wirklich wichtigen Dinge unterzugehen. Zum Glück gibt es diese Kolumne, die mit 46 Zeilen und in etwa 1560 Zeichen ausschließlich das Wesentliche abhandelt. Zweifellos gehört die Kunde, dass Rolling Stones Gitarrist Keith Richards das Rauchen aufgegeben hat, unbedingt dazu. Nach mehr als 60 Jahren totaler Nikotinabhängigkeit offenbarte sich der 76 Jahre alte Gitarrenspieler in einem Radiointerview. Nicht ohne anzumerken, dass ihm das Aufhören schwerer gefallen sei, als weiland vom Heroin loszukommen. Schon einige Zeit zuvor war bekannt geworden, dass Richards nur noch gelegentlich ein Glas Wein zum Essen trinkt, anstatt bereits zum Frühstück zwei Zahnputzgläser voll Whiskey hinabzustürzen, wie früher nicht unüblich. Natürlich drängt sich nach einem solchen Leben voller Rock 'n' Roll die Frage nach der Moral von der Geschichte auf. Denn gerade Keith Richards hätten wir diesen ernüchternden wenn auch vernünftigen Schritt nicht zugetraut.
Von seinem Bandkollegen Mick Jagger ist ja schon die längste Zeit bekannt, dass er pedantisch auf seine Gesundheit achtet. Das sollte er auch, muss er doch im Alter von 76 Jahren noch immer den hüftschwingenden Sexprotz auf der Bühne geben. Keith Richards indes könnte durchaus noch gemütlich im Sitzen weiterspielen. Den begehrenswerten Rockstar glaubhaft im Ohrensessel zu mimen, dürfte Jagger da schon schwerer fallen. Am Ende bleibt festzuhalten: Rock 'n' Roll ist nicht tot. Er lässt es nur ein bisschen ruhiger angehen. (nyf )