Lindauer Zeitung

Mordanklag­e gegen Todesraser

Ein 22-Jähriger steht in Moers wegen eines illegalen Autorennen­s vor Gericht

- Von Elke Silberer

(dpa) - Es ist der Abend des Ostermonta­gs 2019: Ein Treffen auf dem Parkplatz eines Supermarkt­es im niederrhei­nischen Moers. Zwei junge Kerle lassen laut Anklage die Motoren ihrer schweren PS-starken Autos aufheulen – wie eine Art Machtdemon­stration. Sie wollen es wissen, es kommt zum Rennen. Einer kracht in einen Kleinwagen einer unbeteilig­ten Frau. Sie stirbt nach drei Tagen.

Nach dem mutmaßlich­en illegalen Autorennen hat am Montag vor dem Landgerich­t Kleve der Prozess gegen zwei 22 Jahre alte Männer begonnen. Die Angeklagte­n aus Duisburg haben sich laut Anklage im vergangene­n April in Moers mit ihren über 550 und 600 PS-starken Autos auf einer zweispurig­en Wohnstraße ein Rennen geliefert. Beide Angeklagte­n gaben beim Prozessauf­takt das Rennen zu.

Beide hätten die Gaspedale durchgetre­ten, stellte Staatsanwä­ltin Julia Pöschel fest. Der wegen Mordes Angeklagte erreichte demnach mit dem Mercedes-AMG eine Spitzenges­chwindigke­it von über 160 Kilometern pro Stunde – auf der linken Spur. An einer Kreuzung bog die 43-jährige Autofahrer­in mit ihrem Kleinwagen auf die bevorrecht­igte Straße ab. Sie habe die Autos in der Dunkelheit sehen können, aber nicht die Umstände der Fahrt, sagte Staatsanwä­ltin Julia Pöschel.

Der Unfallfahr­er habe vergeblich versucht zu bremsen, sei ins Heck des Kleinwagen­s gekracht: Der Kleinwagen schleudert­e in ein geparktes Auto und gegen einen Baum, die Frau wurde herausgesc­hleudert. Sie starb nach drei Tagen. Eine weitere Frau muss nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft einfach nur Glück gehabt haben: Bei dem Aufprall des Mercedes war die Wucht so groß, dass ein Reserverad aus dem Kleinwagen heraus katapultie­rt wurde. Die Fußgängeri­n habe sich zufällig zu ihrem Hund gebeugt, ansonsten hätte sie das Rad wohl erwischt.

Der mutmaßlich­e Todesfahre­r wurde in Handschell­en in den Gerichtssa­al geführt. Für ihn geht es um viel in dem Prozess: Er ist des Mordes angeklagt und der Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrz­eugrennen mit Todesfolge. Laut Anklage hatte er keinen Führersche­in und war mit dem Auto des Vaters unterwegs. Ihm sei es gleichgült­ig gewesen, dass im Falle eines Unfalls Menschen sterben könnten, begründete die Staatsanwä­ltin die Mordanklag­e. Er habe die Gefahr für Leib und Leben anderer Menschen in Kauf genommen und habe mit einem Zusammenst­oß rechnen müssen.

Anwalt Thilo Pfordte sagte dagegen, der 22-Jährige sei sich der Gefahr bewusst gewesen, habe aber darauf vertraut, dass es nicht zu einem Unfall komme. Er sei davon ausgegange­n, „dass alles gut gehen würde“. Nach dem Unfall hatte der Angeklagte laut Anklage sein Auto stehen lassen und war geflüchtet. Der zweite Angeklagte soll mit drei Bekannten

in einem Range Rover unterwegs gewesen sein. Der zweite Angeklagte ist der Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrz­eugrennen mit Todesfolge angeklagt. Nach dem Unfall habe er sein Auto in einer Seitenstra­ße abgestellt und mit seinen Beifahrern Erste Hilfe geleistet, stellte die Anklage fest.

Der Ehemann des Opfers und die volljährig­en Kinder sind Nebenkläge­r in dem Verfahren. Sie wohnten auch weiterhin in dem Viertel und kämen immer wieder an der Unfallstel­le vorbei, sagte ihr Anwalt Christian Stieg. „Der erste Verhandlun­gstag ist für sie wichtig, aber sehr belastend“, erklärte Stieg. Die Familie selbst war nicht im Gericht.

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FOTO: POLIZEI DUISBURG/DPA Bei einem mutmaßlich­en Autorennen prallte laut Anklage einer der Fahrer in einem Kreuzungsb­ereich gegen den Wagen einer 43-jährigen Frau, die drei Tage später starb.

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