Alle fünf wollen ein soziales Lindau
OB-Kandidaten diskutieren über Jugend, Familien und Flüchtlinge.
- Alle fünf OB-Kandidaten wollen ein Lindau, das Flüchtlinge integriert, einen Betreuungsplatz für jedes Kind bereithält, Obdachlosen ein Dach über dem Kopf gibt und die Jugend mitentscheiden lässt.
Ausschließlich um soziale Themen ging es bei der Podiumsdiskussion, zu der die Kolpingsfamilie Claudia Alfons, Claudia Halberkamp, Mathias Hotz, Kai Kattau und Daniel Obermayr eingeladen hatte. Unter der Leitung von Moderator Thomas Bergert betonten alle, wie sehr ihnen soziale Themen am Herzen liegen. Bei vielen Fragen waren sie sich völlig einig. Bis auf Kattau hatten auch alle im Wahlkampf bereits mindestens eine der sozialen Einrichtungen in Lindau besucht, um mit Verantwortlichen über drängende Themen zu sprechen.
Claudia Alfons hat im Rahmen der Aktion Rollentausch einen Tag im Tafelladen der Caritas gearbeitet. Gefragt nach Integration der Flüchtlinge will sie sich als OB dafür einsetzen, dass auch die Sprachkurse bekommen, denen der Bund diese bisher nicht zubilligt. Geld für soziale Zwecke könnte nach Lindau kommen, wenn die Stadt mehr private Investitionen fördern würde, wie sie beim Unternehmen Chance vorbildlich seien. Mehr zahlen sollte die Stadt für Kirchen und freie Träger, die in Lindau Kindergärten betreiben. Lindau sollte Möglichkeiten schaffen, damit über die Bahnhofsmission auch solche Obdachlose ein Bett finden, die nicht aus Lindau stammen. Junge Lindauer sollen über einen Jugendrat selbst über ihre Belange mitentscheiden. Es brauche mehr bezahlbare Wohnungen und Betreuungsangebote, damit Kinder gut versorgt sind, wenn beide Eltern arbeiten müssen oder wollen. Wichtig sei die Qualität der Betreuung, außerdem bräuchten Eltern flexible Angebote, wenn sie mal früher zur Arbeit müssen oder wenn es im Büro mal länger dauert.
Die Stadt sollte Grundstücke unter dem Marktpreis verkaufen, damit Familien kostengünstig Wohneigentum erwerben können.
Claudia Halberkamp
hat im Wahlkampf bereits sowohl mit Sozialstation, Caritas und Bahnhofsmission als auch mit Vertretern anderer Lindauer Einrichtungen gesprochen. Sie lobte die Arbeit von Landratsamt und Flüchtlingshelfern und hofft, dass jetzt die Integration der Menschen gelingt. Geld für soziale Zwecke will sie holen, indem Lindau noch mehr Förderprogramme ausschöpft als bisher schon. Sie will ein integriertes Sozialkonzept, das auf der Hinteren Insel zum Beispiel das Nebeneinander einer Senioren-WG mit Wohnungen Alleinerziehender gezielt möglich macht. Grundsätzlich hält sie die sozialen Themen für die, die über das Wohlbefinden der Lindauer entscheiden. Dabei werde es auch künftig vor allem auf die Ehrenamtlichen ankommen, denn bezahlbar sei das alles nie. Auch Halberkamp will ein Jugendparlament möglich machen. Mit Schulleitern habe sie über engere Zusammenarbeit zwischen Mittelschule, Realschulen und Gymnasien gesprochen, damit auch die eine Stimme bekommen, die sich nicht vordrängen. Insgesamt müsse Sozialarbeit in Lindau mehr aufsuchen, sonst erreiche man die schwächsten Jugendlichen, Familien oder Senioren nicht. Weil auch die WG Wohnungen nicht unter dem Herstellungspreis vermieten darf, müsse man an Grundstückspreisen und Herstellungskosten arbeiten. Dabei gab sie zu bedenken, dass Lindau kaum mehr Grundstücke für Neubaugebiete habe, umso sorgfältiger müsse man mit den Flächen umgehen.
Mathias Hotz war bei der Eröffnung des Mittagstisches der Caritas und bei der Sozialstation, als es um deren geplanten Neubau neben dem Kindergarten Bethlehem in Reutin ging. Hotz lobte die Flüchtlingsarbeit des Landratsamtes und der Ehrenamtlichen. Abrufen sollte die Stadt den Zuschuss des Landkreises, um Kurzzeitpflegeplätze zu schaffen. Da könnte die Stadt auch helfen, wenn sie anderen Trägern ein Grundstück verschaffen würde. Auch Hotz spricht sich für einen Jugendstadtrat aus, wenn die jungen Leute das wollen. Vor einigen Jahren hätten sie das noch ausdrücklich abgelehnt, aber vielleicht sehen die jungen Lindauer das heute anders. Hotz freut sich, dass die GWG bei Neubauten Wohnungen so plant, dass sie für Alleinerziehende geeignet sind. Zudem entstehen demnächst als Folge der Sobon auch in privaten Projekten wie auf dem Cofelyareal bezahlbare Wohnungen. Das sei nötig, da er als Mietrechtsanwalt wisse, wie viele alte Menschen Vermieter in Lindau aus ihren Wohnungen rausklagen.
Kai Kattau ist betroffen, dass ehrenamtliche Flüchtlingshelfer bisher der Stadt etwas für Räume bezahlen sollen, in denen sie Flüchtlingen Deutsch beibringen. Das wolle er als OB sofort ändern. Bei sozialen Einrichtungen will Kattau die Wirtschaft stärker in die Pflicht nehmen, denn woanders gebe es mehr Betriebskindergärten oder Ähnliches. Auch wenn Lindau keine kreisfreie Stadt mit einem Sozialamt ist, sehe er Bedarf an einer Stelle in der Stadtverwaltung, die sich um soziale Fragen kümmert. Vereinsförderung will er vor allem danach ausrichten, ob Vereine große Jugendabteilungen haben. Auch Kattau will ein Jugendparlament einrichten, das auf Umsetzung der im jüngsten Jugendforum benannten Ziele drängen soll. Junge Familien sollten Möglichkeiten haben, kostengünstig Wohneigetum zu erwerben. Kattau warf den Verantwortlichen Versäumnisse vor, weil es die Sobon anderswo bereits seit einem Vierteljahrhundert gebe, in Lindau erst seit zwei Jahren.
Daniel Obermayr hatte Kontakt zur Bahnhofsmission, als es um deren Rettung ging. Auch er will Deutschkurse für Flüchtlinge fördern, denen der Staat solche Kurse nicht bezahlt. Grundsätzlich empfinde er es als unmenschlich, wie viele Menschen der Staat mit Angst vor Abschiebung lasse. Da wünsche er sich mehr Großzügigkeit – auch wenn das nichts sei, was er als OB ändern könnte. Obermayr glaubt, dass Lindau aus bisher unbekannten Fördertöpfen wie zur politischen Bildung Geld für soziale Zwecke nach Lindau leiten könnte. Nach Zecher Vorbild wünscht er sich Treffpunkte auch in den anderen Stadtteilen. Ein Jugendparlament kann er sich auch vorstellen, wenn es nicht nur zur Scheinmitsprache gedacht ist, sondern echte Entscheidungsrechte hat. Wichtig sei aber auch, die Jugendlichen zu fördern, die nicht so aktiv sind. Die müsse man suchen und finden, dafür brauche man spezielle Jugendarbeiter. Obermayr hält die Sobon für nicht so gelungen, weil sie Wohnungen nur für 25 Jahre bezahlbar hält. Wichtiger wäre es, dass die Stadt selbst oder über die GWG baut und dauerhaft günstig vermietet. Hinzu sollen Genossenschaften kommen, die bezahlbare Wohnungen bauen und vermieten. Deshalb dürften ab sofort nur solche Flächen zu Bauland werden, die der Stadt gehören.