Bis die Laktatwerte in die Höhe schnellen
Österreichs sechsmaliger Handballmeister HC Hard setzt auf ein besonderes Training
- Die Stimmung ist auf dem Höhepunkt, die Unterstützer mobilisieren die letzten Luftreserven. Lautstark feuern seine Mitspieler Thomas Weber an, als wäre er auf dem Weg, den entscheidenden Treffer für den nächsten Titelgewinn des Alpla HC Hard zu besorgen. Dabei steht der Bruder des in der deutschen Handballbundesliga bestens bekannten Robert auf verlorenem Posten. Im Trainingslokal des Boxclubs Dornbirn muss sich der Handballer den Angriffen des ehemaligen Bronzemedaillengewinners der Kadetten-EM im Boxen erwehren. Dass dies jedoch gegen Schwergewicht Aleksander Aleksic eher einem Kampf gegen Windmühlen gleicht, dürfte logisch sein. Vorarlbergs Box-Legende Jürgen König hatte allerdings auch eine gewichtige Vorarbeit geleistet, brachte er die Erstliga-Handballer in den 90 Minuten zuvor doch an ihre körperlichen Grenzen.
An drei Tagen marschierten die Hünen des sechsfachen österreichischen Handballmeisters in den viel zu kleinen Trainingsraum der Dornbirner Faustkämpfer. Eine Ideevon
Hards Fitnesstrainer Stefan Jäger, der sich einen neuen Trainingsansatz für die Ballsportler ausgedacht hatte. „Boxen ist ein Ganzkörpersport, da ist auch für den Handball etwas rauszuholen. Die kämpferische Komponente steht aufgrund unserer vielen Eins-zueins-Situationen natürlich im Vordergrund, damit können wir unseren Leuten hoffentlich auch die Angst vor Zweikämpfen nehmen und so ihr Kämpferherz schulen“, meinte Cheftrainer Klaus Gärtner. Der Coach, der gerade erst seinen Abschied zum Saisonende bekannt gegeben hat, sah sich das Spektakel von der Bank aus an – und hatte seinen Spaß.
„Der Gegner macht meist das Gegenteil von dem, was wir gerne hätten. Darum müssen wir die Räume eng machen, um unserem Gegenüber nicht zu viel Spielraum zu geben“, erklärte König. Sicherlich eine brauchbare Übung, sollten doch auch im Handball die Räume nicht zu großzügig vergeben werden. „Die Intervalle entsprechen nicht ganz den unseren, aber die Intensität ist genau richtig, einige gehen mal über ihre Grenzen“, so Gärtner, der von einer „super Rückmeldung“seiner Spieler berichtete. Bei seinen ehemaligen Vereinen, der SG FlensburgHandewitt und den Rhein-Neckar Löwen, habe er „Ausflüge“dieser Art nicht unternommen. Vielleicht wird er dies aber ab Sommer bei den Löwen tun, wenn er nach zwei Jahren wieder dorthin zurückkehrt.
Die Arbeit an den Sandsäcken, bei der Härte, Schnelligkeit und Reaktionszeit gefördert werden, ließ den Schweiß in Strömen fließen, danach standen die Sparrings gegen Aleksic und Walter Hermann, einem weiteren Schwergewichtler, an. „Das ist eine tolle Erfahrung, wobei sich der Boxer zurücknehmen kann. Darum lassen wir nicht zwei Spieler gegeneinander antreten. Aber sie müssen ihre Körper abdecken, denn da können unsere Trainer natürlich härter draufschlagen“, warnte Jürgen König. Der 53-Jährige musste beim einen oder anderen Gefecht aber auch aufpassen, ließen sich ein, zwei Handballer nicht so leicht einschüchtern.
„Sie sollen im Boxen ruhig aus sich rausgehen, das ist auch im Handball hilfreich. Die Laktatwerte schnellen in die Höhe, im Rücken gab es schon nach den ersten Einheiten Muskelkater“, merkte König an. Und Klaus Gärtner dachte schon voraus, was er für die Verfolgungsjagd auf Margareten in der Bonusrunde der Liga gebrauchen könnte. „Man greift doch mal gern auf die Erinnerung zurück, als Trainer arbeitest du auch viel mit Bildern“, so der gebürtige Heidelberger.
Das Sparring wie auch die etwas derbere Ansprache des elffachen Box-Champions gefielen Gärtner, „manche unserer Spieler sind manchmal zu weich, da hilft die direkte Konfrontation. Die jammern jetzt zwar, aber sie halten das schon aus.“Am Ende atmete der Trainer beim Verlassen des Trainingslokals dann aber doch auf: „Ich habe nach den Sparrings mindestens mit einem Ausfall gerechnet.“
„Ich habe nach den Sparrings mindestens mit einem Ausfall gerechnet.“
Klaus Gärtner, Trainer des österreichischen Handball-Erstligisten HC Hard