Frontfrau Herrmann greift an
Laura Dahlmeier ist nicht mehr da, bei der WM stehen andere Biathletinnen bereit
(SID/dpa) - Viel Zeit zum Abschalten blieb Denise Herrmann nicht – deshalb musste sie das volle Entspannungsprogramm auffahren. „Da gibt es dann auch mal einen Tag, an dem ich mich gar nicht wirklich bewege – nur Bett, Couch und ein bisschen essen. Das kann ich auch ganz gut“, sagte die Biathlon-Weltmeisterin gut gelaunt. Lange konnte sie den Müßiggang vor dem Saisonhöhepunkt nicht genießen, schließlich will Herrmann bei der am Donnerstag startenden WM in Antholz voll angreifen.
„Klar, ich will schon um Medaillen mitkämpfen“, sagte die 31-Jährige, und diesem Ziel ordnet sie alles unter. Nur vier freie Tage gönnte sich Herrmann zu Hause in Ruhpolding. Ansonsten war der Fokus voll auf das Highlight in Südtirol ausgerichtet.
Bei ihrer ersten Biathlon-WM im Vorjahr hatte die ehemalige Langläuferin auf ganzer Linie überzeugt, in Östersund krönte sie sich zur Weltmeisterin in der Verfolgung, gewann zudem Silber mit der Mixed-Staffel und Bronze im Massenstart. Damit stellte sie sogar Biathlon-Königin Laura Dahlmeier in den Schatten. Nun sind die Voraussetzungen aber ganz andere: Dahlmeier ist zurückgetreten, die volle Aufmerksamkeit im deutschen Team gilt Herrmann.
Disl warnt vor zu viel Druck
„Denise steht vorn dran, das ist richtig“, sagte Bundestrainer Mark Kirchner über seine Frontfrau bei sportschau.de: „Aber auch sie agiert im Team.“Auch Herrmann selbst sieht sich nicht als Alleinunterhalterin. „Es steht nicht im Vordergrund, wer der Teamleader ist“, erklärte sie: „Wir wollen um die Medaillen kämpfen und den anderen das Leben so schwer wie möglich machen. Alles andere, was drumherum gesponnen wird, ist nebensächlich.“
Doch die bisherige Saison hat bewiesen: Derzeit besitzt nur Herrmann eine reelle Chance auf Edelmetall. Bei der WM-Generalprobe in Pokljuka gewann sie beeindruckend das Einzel, traf erstmals in ihrer Karriere alle 20 Scheiben. Franziska Preuß kämpfte zuletzt wieder mit gesundheitlichen Problemen, Vanessa Hinz ist läuferisch von der Spitze zu weit entfernt – und die ebenfalls nominierten Janina Hettich und Karolin Horchler erfüllten nicht einmal die DSV-Norm. Also werden alle Blicke auf Herrmann gerichtet sein.
„Es ist natürlich schon mein Anspruch, vorne mitzulaufen“, sagte die Sächsin, die sich mit ihrer Rolle als Dahlmeier-Nachfolgerin aber nicht überfordert sieht: „Ein bisschen Druck ist ja auch gut.“Aber nicht zu viel, wie Olympiasiegerin Uschi Disl warnt: „Einige Beobachter erwarten regelrechte Wunderdinge von ihr“, schrieb Disl in ihrer t-online.de-Kolumne. Herrmann könne mit Sicherheit Podiumsplätze erreichen. „Aber wir sollten nicht zu viel Druck aufbauen.“
Allerdings liegt die Strecke in der Antholzer Höhe auf 1600 m Herrmann ziemlich gut. Die Richtung ist also klar: „Im letzten Jahr war es schon eine sehr gute WM für mich. Wenn man das mal erreicht hat, ist es natürlich immer Ansporn, das wieder zu erreichen“, sagt Herrmann.