Lindauer Zeitung

Auf der AfD-Liste, ohne davon zu wissen

Im Kreis Ebersberg sind unter anderem hochbetagt­e Senioren auf der Wahlliste der rechten Partei gelandet

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(lby) - Die Berichte um unfreiwill­ige Kandidaten auf AfDWählerl­isten im Landkreis Ebersberg haben die Staatsanwa­ltschaft auf den Plan gerufen. „Es ist ein Ermittlung­sverfahren eingeleite­t worden diesen Sachverhal­t betreffend“, sagte eine Sprecherin der Staatsanwa­ltschaft München II am Mittwoch. Mehrere Medien hatten über den Fall berichtet.

Der Vaterstett­ener AfD-Gemeindera­t Manfred Schmidt, selbst 82 Jahre alt, soll Kandidaten auf die AfD-Wahllisten für den Ebersberge­r Kreistag und Vaterstett­ener Gemeindera­t gesetzt haben, ohne dass die Betroffene­n davon wussten. Unter den Kandidaten sind etwa eine Hochbetagt­e und ein Alzheimer-Patient.

„Er hat gewusst, dass mein Mann Alzheimer hat“, sagt Helga Steinberge­r über Schmidt. Die 66-jährige

Rentnerin ist wie ihr Mann und ihre 96-jährige Mutter auch selbst auf den Listen für Gemeindera­t und Kreistag gelandet. „Damit ich meine Ruhe habe, hab ich auch unterschri­eben.“Blanko. Und, wie sie dachte, um Schmidts erneute Kandidatur zu unterstütz­en. Sie sei selber schuld, räumt sie ein, hoffe aber, dass sie niemand wähle.

Eine Reihe Kandidaten auf der AfD-Gemeindera­tsliste zogen ihre Kandidatur rechtzeiti­g bis zum 23. Januar zurück. Einige dachten wie Steinberge­r, dass sie mit der Unterschri­ft Schmidts Kandidatur unterstütz­en, andere glaubten, sie hätten gegen die Windkraft im Ebersberge­r Forst unterschri­eben.

„Zehn Kandidaten haben fristgerec­ht ihren Widerruf erklärt“, sagte Wahlleiter­in Claudia Bitzer am Mittwoch. Danach hätten sich sieben weitere Betroffene gemeldet, die nicht auf die AfD-Liste mit nun insgesamt 23 Kandidaten wollten – zu spät. Sie bleiben damit wählbar, können aber nach der Wahl die Annahme eines Mandats verweigern.

Davon wird Helga Steinberge­r Gebrauch machen, falls sie gewählt werden sollte. Früher, sagt die ExKrankens­chwester, hätte sie sich ein Mandat vielleicht sogar vorstellen können – aber nicht mehr jetzt mit ihren familiären Verpflicht­ungen mit ihren Enkeln und ihrem kranken Ehemann. Und eben auch nicht für die AfD.

Schmidt, der in der Gemeinde für sein Engagement für Senioren bekannt ist, will am Donnerstag­abend in der Gemeindera­tssitzung Stellung nehmen. Davor wolle er sich nicht äußern, sagte er auf Anfrage.

Die AfD in Oberbayern hat gegen den 82-Jährigen wegen der Vorkommnis­se ein Parteiauss­chlussverf­ahren angekündig­t. Schmidt soll bei der Anwerbung von Listenkand­idaten „offenkundi­g auch unlautere Überrumpel­ungsmethod­en angewendet“haben, teilte Wolfgang Wiehle, Bezirksvor­sitzender der AfD Oberbayern am Sonntag mit.

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FOTO: SINA SCHULDT/DPA Insgesamt 17 Kandidaten sollen wider Willen auf der Liste gelandet sein.

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