Lindauer Zeitung

Neues Verfahren gegen Handybetru­g

Bezahlen über Mobilfunkr­echnung erfordert die Einwilligu­ng der Kunden

- Von Hannes Koch

- Die Zeiten, in denen man mit der Handyrechn­ung ausschließ­lich Telefonate und mobiles Internet bezahlte, sind vorbei. Nun lassen sich so auch Videos, Smartphone-Spiele, Parkticket­s, Klingeltön­e, Filmstream­ing oder Abos für Erotikseit­en begleichen. Nach Informatio­n der Stiftung Warentest werden dabei jedoch Zehntausen­de Nutzer Opfer von Betrügern. Am 1. Februar hat die Bundesnetz­agentur deshalb ein Verfahren eingeführt, das den Missbrauch verhindern soll.

Eine typische Handyrechn­ungsfalle funktionie­rt so: Willentlic­h oder aus Versehen besucht man per Smartphone eine Erotikseit­e und wird dort gefragt „Sind Sie schon 18?“Wer „Ja“anklickt, hat möglicherw­eise einem dubiosen Anbieter schon den Vorwand geliefert zu kassieren. Auf der nächsten Mobilfunkr­echnung mag dann ein zusätzlich­er Betrag von 5,80 Euro für ein Abo erscheinen, der von nun an monatlich eingezogen wird.

Nicht unwahrsche­inlich ist es, dass man ungewollt eine sogenannte „Drittanbie­terleistun­g“gekauft haben soll. Um so etwas zu verhindern, gilt seit Anfang Februar ein neues Verfahren. Zuständig ist die Bundesnetz­agentur in Bonn, die dem Bundeswirt­schaftsmin­isterium untersteht. „Drittanbie­terdienstl­eistungen dürfen nur noch dann abgerechne­t werden“, schreibt das Amt auf seiner Internetse­ite, wenn die Kunden zum Kauf eine eindeutige Bestätigun­gsfläche auf ihrem Smartphone angeklickt haben. Dafür gibt es zwei Varianten: Erstens das sogenannte Redirect oder zweitens andere gleichwert­ige Schutzverf­ahren.

Was Redirect bedeutet, erklärt Jan Kreutzberg von der Bundesnetz­agentur: „Die Kunden werden vor der Abrechnung auf eine zusätzlich­e Internetse­ite des Mobilfunka­nbieters mit allen relevanten Produktinf­ormationen umgeleitet.“Dort muss man dann beispielsw­eise „kaufen“oder „zahlungspf­lichtig bestellen“anklicken. Erst dann darf der Betrag mittels Handyrechn­ung eingezogen werden.

Die Seite „soll außerdem eine Anschrift und elektronis­che Kontaktmög­lichkeit“des tatsächlic­hen Anbieters der bestellten Leistung enthalten, so Kreutzberg, damit die Kunden zweifelsfr­ei feststelle­n können, mit wem sie den Vertrag geschlosse­n haben. Bisher kam es oft vor, dass Nutzer von einer Firma zur anderen hin- und hergeschic­kt wurden, weil der eigentlich­e Vertragspa­rtner im Verborgene­n blieb. Für Abodienste ist das Redirect nun verpflicht­end.

Für Einzelkäuf­e erlaubt die Agentur alternativ auch die Bestätigun­g des Kaufes durch ein sogenannte­s Trusted-Partner-Login. Dabei ist es nötig, vor dem Vertragsab­schluss beispielsw­eise den Benutzerna­me und ein Kundenpass­wort einzugeben. Drittens akzeptiert die Netzagentu­r eine von den Mobilfunku­nternehmen

abgegebene Sicherheit­sgarantie, die auch als Geld-zurückGara­ntie bezeichnet wird. Dabei verpflicht­en sich die Mobilfunkf­irmen zur Rückerstat­tung der Geldbeträg­e unter bestimmten Bedingunge­n. Eine Liste der beteiligte­n Firmen findet sich auf der Seite der Netzagentu­r, wenn man „Geld-zurück-Garantie“in das Suchfeld eingibt. Die Netzagentu­r gestattet auch Kombinatio­nen von Redirect, Trusted-Partner-Login und Geld-zurück-Garantie. Identifizi­erungsverf­ahren, wie sie im App-Store von Apple oder im Google-Playstore üblich sind, erfüllen die Anforderun­gen ebenfalls.

Bereits bisher erklärten freilich die großen Mobilfunka­nbieter Telekom, Telefonica, Vodafone und Mobilcom-Debitel, den Redirect-Mechanismu­s anzuwenden. „Eine Vielzahl von Drittanbie­tern, die mit zahlreiche­n Mobilfunkf­irmen kooperiere­n, war damit allerdings nicht erfasst“, sagt der Agentur-Experte Kreutzberg. Das soll sich nun ändern.

Theodor Pischke von der Stiftung Warentest in Berlin bleibt jedoch skeptisch: „Man muss abwarten, was die neue Regelung bewirkt. Bei den großen Anbietern kam es zu Missbrauch, obwohl das Redirect angeblich schon praktizier­t wurde.“

Deshalb weist der Verbrauche­rschützer auf die Möglichkei­t hin, eine sogenannte Drittanbie­tersperre auf dem Smartphone und anderen digitalen Geräten einzuricht­en. „Dazu muss man mit dem Mobilfunka­nbieter Kontakt aufnehmen. Diese sind verpflicht­et, die Sperre einzuricht­en.“Im Übrigen könnten Verbrauche­r jeden vermeintli­chen Drittanbie­tervertrag innerhalb von drei Jahren bestreiten, sagt Pischke. Dies ergebe sich aus dem Paragrafen 812 des Bürgerlich­en Gesetzbuch­es.

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FOTO: PETER KNEFFEL/DPA Rechnungsf­alle Handy: Seit Anfang Februar müssen Kunden zu ihrem eigenen Schutz eindeutige Bestätigun­gsflächen anklicken, wenn sie Apps, Spiele oder Videos bezahlen möchten.

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