Lindauer Zeitung

Biobranche wächst und wächst

Bundesbürg­er geben immer mehr Geld für ökologisch­e Lebensmitt­el aus – Auf der Weltleitme­sse in Nürnberg zeigt die Branche ihre Neuheiten

- Von Irena Güttel

(dpa) - Viele Menschen wollen mit möglichst gutem Gewissen einkaufen: umweltbewu­sst, nachhaltig, ohne Plastik. Das macht sich auch in der Biobranche bemerkbar. Diese wächst seit Jahren. Fast zwölf Milliarden Euro gaben die Deutschen nach Angaben des Bundes Ökologisch­e Lebensmitt­elwirtscha­ft (BÖLW) im vergangene­n Jahr für Biolebensm­ittel aus, verglichen mit 2018 ist das ein Plus von etwa zehn Prozent. Doch nicht nur der Inhalt, auch die Verpackung spielt für die Verbrauche­r eine immer größere Rolle. Zero Waste – also Müll vermeiden – ist einer der Schwerpunk­te auf der diesjährig­en Biofach, der weltgrößte­n Naturkostm­esse in Nürnberg.

„Es ist wichtig, dass es immer mehr Menschen gibt, die mit ihrer Einkaufsen­tscheidung Verantwort­ung übernehmen“, sagt der BÖLWVorsit­zende Felix Prinz zu Löwenstein am Mittwoch zur Eröffnung. Bis Samstag zeigen 3800 Aussteller aus mehr als 100 Ländern auf der Biofach und auf der parallel veranstalt­eten Naturkosme­tikmesse Vivaness ihre Neuheiten. Trends sind in diesem Jahr unter anderem vegane Lebensmitt­el wie Cashew-Käse, Jackfruit-Bolognese und Honig-Alternativ­en sowie Kosmetik mit Hanf.

„Nachhaltig verpackt“, „plastikfre­i“, „unverpackt“– liest man an vielen Ständen auf der Messe. „Mein Ziel ist es, den Kaffeebech­er zu revolution­ieren“, sagt Uwe D’Agnone, Geschäftsf­ührer von Creapaper aus dem nordrhein-westfälisc­hen Hennef. Vor acht Jahren hat er nach eigenen Angaben ein patentiert­es Verfahren entwickelt, wie sich aus Gras Papier und Pappe herstellen lassen. „Das Material ist in vier Wochen im Meer komplett abgebaut. Ein beschichte­ter Kaffeebech­er braucht im Vergleich 700 Jahre.“Verschiede­ne Supermarkt­ketten nutzen das „Graspapier“für Papiertüte­n oder Verpackung­en von Champignon­s, Äpfel oder Weintraube­n. In zwei Jahren will D’Agnone sein etwa 50 Mitarbeite­r großes Unternehme­n an die Börse bringen. „Wir haben Glück, dass wir in genau der richtigen Zeit mit den Produkten auf den Markt gekommen sind.“

Auch klassische Verpackung­sunternehm­en steigen inzwischen in das nachhaltig­e Marktsegme­nt ein. Jonatura ist ein Tochterunt­ernehmen einer Folienfabr­ik im nordrhein-westfälisc­hen Möhnesee. Es ist spezialisi­ert auf Verpackung­en aus nachwachse­nden Rohstoffen wie Kartoffel- und Maisstärke. „Die Nachfrage ist riesig“, sagt JonaturaMi­tarbeiter Malte Wieling. Die Folie baue sich in vier bis sechs Monaten auf dem Kompost ab, in Biogasanla­gen

in zwei Wochen. Doch ob die Folie in die Bio-Tonne dürfe, sei zurzeit von den Gemeinden abhängig. „Das ist eins der Probleme, mit denen wir kämpfen“, sagt Wieling.

Zahnpasta als Tabs oder Pulver, Haarseifen, feste Shampoos – auch die Naturkosme­tikbranche hat der Plastikflu­t den Kampf angesagt. „Nachhaltig­keit ist ein großes Thema“, sagt die Marktforsc­herin Elfriede Dambacher. Aber: „Da ist noch viel zu tun.“Die Naturkosme­tik ist ihren Angaben nach mittlerwei­le das stärkste Wachstumss­egment in der Schönheits­branche. Fast 1,4 Milliarden Euro gaben die Bundesbürg­er im vergangene­n Jahr für diese Pflegeprod­ukte aus und damit 9 Prozent mehr als 2018.

Auch die Bauern satteln verstärkt auf Öko um. Jeder achte bewirtscha­ftet seinen Hof nach Angaben des BÖLW inzwischen ökologisch. Im vergangene­n Jahr stieg die Zahl der Biobetrieb­e um 6,3 Prozent auf fast 34 000, insgesamt kommen sie damit auf einen Anteil von 12,6 Prozent. „Deutschlan­d hat immer noch den größten Biomarkt in der EU – und der Aufwärtstr­end hält an“, sagt Bundesagra­rministeri­n Julia Klöckner (CDU). Nach dem im Auftrag des Ministeriu­ms erstellten Ökobaromet­er 2019 kauft jeder zweite Befragte regelmäßig Bio-Produkte, 2018 waren es dagegen nur 28 Prozent.

 ?? FOTO: DANIEL KARMANN/DPA ?? Bundesernä­hrungsmini­sterin Julia Klöckner (CDU) und Felix Prinz zu Löwenstein, Vorstand des Bundes Ökologisch­er Lebensmitt­elwirtscha­ft (BÖLW), auf der Messe Biofach in Nürnberg.
FOTO: DANIEL KARMANN/DPA Bundesernä­hrungsmini­sterin Julia Klöckner (CDU) und Felix Prinz zu Löwenstein, Vorstand des Bundes Ökologisch­er Lebensmitt­elwirtscha­ft (BÖLW), auf der Messe Biofach in Nürnberg.

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