Freie Fahrt voraus?
Neues Gesetz soll Infrastruktur von Gemeinden stärken
- „Freie Fahrt mit Bus und Bahn“: Seit Ende 2012 können Touristen in 13 Ostallgäuer Orten gratis den öffentlichen Nahverkehr benutzen. Es reicht, die elektronische Gästekarte vorzuzeigen, die alle Übernachtungsgäste bekommen. Im Gegenzug müssen sie an Kurorte einen Kurbeitrag zahlen. Einnahmen, mit denen die Kommunen eigentlich die Angebote im Nahverkehr zahlen könnten. „Doch dafür gibt es bisher keine gesetzliche Grundlage“, sagt Füssens Tourismusdirektor Stefan Fredlmeier. Dies möchte der Memminger Landtagsabgeordnete Klaus Holetschek
(CSU) ändern.
Er hat einen Gesetzesentwurf eingebracht. Holetschek ist auch Vorsitzender des Tourismusverbands Allgäu/Bayerisch-Schwaben.
Füssen ist ein Kneippkurort und darf deshalb einen Kurbeitrag von seinen Besuchern erheben – 2,20 Euro sind es am Tag. „Zahlen müssen Übernachtungsgäste, die sich dort zu Kur- und Erholungszwecken aufhalten“, sagt Fredlmeier. Im vergangenen Jahr nahm Füssen durch die Kurabgaben über zwei Millionen Euro ein. „Damit dürfen Einrichtungen und Veranstaltungen finanziert werden, die dem Erholungszweck dienen.“Darunter fallen beispielsweise die Pflege von Wander- und Radwegen oder das Instandhalten von Kneipp-Anlagen. „Aber bisher nicht der öffentliche Nahverkehr“, sagt Fredlmeier.
Die Kurtaxe darf bisher nur innerhalb der Kommune ausgegeben werden, in der sie erhoben wurde. „Der Nahverkehr ist jedoch ortsübergreifend“, sagt Fredlmeier. Holetschek strebt deshalb eine Gesetzesänderung an: Künftig soll es erlaubt sein, Einnahmen aus Kurabgaben auch zur Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs sowie für ortsübergreifende Veranstaltungen einzusetzen. „Wenn Gemeinden ihren Gästen kostenlose Fahrten anbieten wollen, müssten sie das nicht mehr aus der eigenen Tasche bezahlen“, sagt Holetschek. Derzeit sind die Kommunen gezwungen, die kostenlose Nutzung des ÖPNV aus anderen Quellen zu finanzieren.
Der Kneipp- und Heilklimatische Kurort Scheidegg (Westallgäu) mit etwa 4300 Einwohnern verzeichnete im vergangenen Jahr über 70 000 Übernachtungen. „Wir haben circa 680 000 Euro an Kurabgaben eingenommen“, sagt Tourismusleiterin Marina Boll. Sie begrüßt Holetscheks Gesetzesentwurf. „Bisher mussten wir schauen, wie wir die Ausgaben decken“, sagt sie. Zudem werde durch den Vorschlag der kostenlose Nahverkehr gefördert. „Und das sollte doch das Ziel sein – weniger Verkehr in den Orten“, sagt Boll. Diese Aussage unterstützt Tourismusdirektor Maximilian Hillmeier aus Bad Hindelang im Landkreis Oberallgäu. „Das Thema Mobilität gewinnt immer mehr an Bedeutung. Der Kurbeitrag ist neben dem Fremdenverkehrsbeitrag und staatlichen Zuschüssen für den Service vor Ort die einzige Finanzquelle“, sagt er. Nur so könne die Infrastruktur für Kurgäste aufrecht erhalten werden.
Auch Peter Kraus, Tourismusleiter in Ottobeuren, begrüßt den Gesetzesvorschlag. „Allerdings wird all dies von den Kommunen nicht allein über den Kurbeitrag finanzierbar sein“, sagt er. Der Ottobeurer fordert, dass nicht nur in einzelnen Landkreisen, sondern im gesamten Allgäu ein kostenloser Nahverkehr für Touristen angeboten wird. Er plädiert für eine Allgäu-Karte, die die kostenlose Nutzung von Bus und Bahn beinhaltet. „Die Region muss über die Allgäu-Walser-Card und die KönigsCard hinaus zusammenwachsen“, sagt er.
„Und das sollte doch das Ziel sein – weniger Verkehr in den Orten“
Marina Boll, Tourismusleiterin in Scheidegg