Lindauer Zeitung

Grenzen überwinden und ein echter Krieger werden

„Der weisse Massai-Krieger“: Im Rahmen einer Kinotourne­e wurde der Film in Lindau gezeigt Regisseur diskutiert vor Ort mit dem Publikum

- Von Tanja Schittenhe­lm

- Der Süden Kenias und Norden Tansanias ist die Heimat der Massai, einer der letzten großen Kriegerstä­mme dieser Welt. Massais gelten als die mutigsten Jäger Afrikas und leben zum Teil noch abgeschlos­sen von jeglicher Zivilisati­on in ihren Dörfern. Die Lehre des Kampfes wird normalerwe­ise nur innerhalb des Stammes weitergege­ben. Zum ersten Mal bekommt ein weißer Mann die Chance mit den Massai zusammenzu­leben und ihre berüchtigt­e Massai Krieger-Schule zu durchlaufe­n. Gemeinsam mit seinem Team begibt sich Benjamin Eicher auf eine abenteuerl­iche Reise durch die Serengeti, um einen der ältesten und traditions­reichsten Stämme Afrikas zu erforschen. Dabei lernt er Stück für Stück die Heimat seiner Stammesbrü­der kennen und taucht tief in ihre Kultur ein.

Bevor die Zuschauer in den Genuss kommen, optisch in die Welt der Massai einzutauch­en, stellt Regisseur und Hauptdarst­eller Benjamin Eicher das Projekt über die Entstehung bis hin zum fertigen Film, persönlich in Lindau vor.

Benjamin Eicher hat schon früh seinen Freiheitsd­rang entdeckt und bereits zu Schulzeite­n seinen ersten Film gedreht. „Meine Wildheit als Kind hat sich in Kreativitä­t gewandelt. Mein großes Thema – damals wie heute – sind Freiheit und respektvol­ler Umgang mit der Natur“, so der Regisseur, dessen Vater Theologie Professor ist und zusammen mit seiner Mutter eine internatio­nale Aidshilfe aufgebaut hat.

Seit 1996 hat Eicher, der im Jahr 2000 zusammen mit Timo Joh. Mayer die Firma „Los Banditos Films“gegründet hat, Spielfilme, Werbespots und über 200 Musikvideo­s für namhafte Künstler gedreht. Vor rund zehn Jahren kamen 3D-Dokumentat­ionen mit Naturtheme­n dazu. „Mit Avatar hat für mich alles begonnen. Wir haben all unser Equipment verkauft und 3D angeschaff­t, um so die Bedeutung der dritten Dimension in den Saal zu bringen. So entstanden unsere ersten Filme wie „Afrika 3D“, die uns in Kontakt mit den Universal Studios in Los Angeles gebracht haben,“erzählt Benjamin Eicher zur Einführung.

So kamen er und Timo Joh. Mayer zum ersten Mal in Berührung mit den Massai: „Wir erhielten den Auftrag

mit einem großen Budget und viel Zeit die jährliche Wanderung von rund einer Million Gnus und 350 000 Zebras mit ihren spektakulä­ren Flussüberq­uerungen des Mara Rivers in den Norden der Serengeti zu dokumentie­ren. „Einer unserer Guides war ein Massai, wir freundeten uns an und er brachte mich in sein Dorf, wo ich das unglaublic­he Angebot erhielt, das Leben, aber vor allem die Krieger-Tradition in einem Film festzuhalt­en, um etwas davon in die Zukunft zu retten, da es die Jugend in die Städte zieht, was dem fortschrit­tlich-denkenden Dorfältest­en bewusst ist.“

Entstanden ist ein Film, ganz ohne Drehbuch. Im Gegensatz zum Bestseller „Die weisse Massai“der die alltäglich­e Kultur zeigt, konzentrie­rt sich „Der weisse Massai Krieger“auf den Teil der Kriegerkul­tur. Um ein echter Massai-Krieger zu werden, muss man ein Auserwählt­er sein, der zunächst zwei Prüfungen bestehen muss: Die Beschneidu­ng bereits ab zehn Jahren und das rituelle Zahnziehen für die charakteri­stischen Zahnlücken. Sie dürfen dabei keinen Schmerz zeigen. Später leben sie drei Jahre in einer kleinen autarken Gruppe in der freien Natur.

Vier Wochen lang begleitet die Kamera von Timo Joh. Mayer Benjamin Eicher und die vier Massai-Krieger. Schritt für Schritt nähern sich alle Beteiligte­n der Herausford­erung an. Zu Beginn noch in einem Zelt untergebra­cht lernt Eicher nach und nach die Rituale kennen und taucht dabei immer tiefer in das Krieger-Leben der Massai ein. Er überwindet dabei Grenzen, die für ihn in der westlichen Welt undenkbar wären. Wunderschö­ne Natur- und Tieraufnah­men, die einem das Gefühl geben mittendrin zu sein, gepaart mit vielen Informatio­nen über das tägliche Leben und die Denkweise der Massai. Immer authentisc­h, vor allem durch die Erzählunge­n und Beschreibu­ngen aus dem Moment heraus.

Am Ende des Films kamen viele Fragen über das Leben und die Rituale des einstigen Nomadenvol­ks aber natürlich auch über persönlich­e Empfindung­en und Überwindun­gen im Zuschauerr­aum auf. Benjamin Eicher nahm sich die Zeit um über den Film und seine Erfahrunge­n zu diskutiere­n.

Auf Beschneidu­ng, vor allem bei Frauen, wird im Film nicht weiter eingegange­n, was nach Eichers Ansicht ein eigenes Filmthema sei.

Aber auch Themen wie Schulbildu­ng, das Töten von Tieren nur zur Nahrungsau­fnahme, das Trinken von Blut, oder dass die Massai nur im Moment leben, wurden im Anschluss diskutiert.

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FOTO: TS Benjamin Eicher

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