Lachen und Weinen, Tanzen und Trauern
„Cuarteto SolTango“entführt ins Argentinien der 30er- und 40er-Jahre
(chv) - Ein Glück, dass die vier Musiker des „Cuarteto SolTango“sich vom Orkansturm „Sabine“nicht abhalten ließen, aus München, Leipzig, Berlin und Norwegen anzureisen zu ihrem Konzert am Dienstagabend mit „Tango clásico“im Lindauer Theater.
Untrennbar ist mit dem Tango der Name Astor Piazzolla verbunden, doch er hat seinen „Tango Nuevo“auf der Tradition aufgebaut, auf der Musik seiner Vorgänger und Idole. In deren Welt des „Tango clásico“, in das „Goldene Zeitalter des Tangos“im Argentinien der 1930er und 40er Jahre hat das „Cuarteto SolTango“die begeisterten Zuhörer im gut besetzten Theatersaal entführt. Aníbal Troilo, Lucio Demare, Osvaldo Pugliese und Horacio Salgán hießen damals die Stars, die mit bis zu hundertköpfigen Orchestern den Tango in Milongas, in eigenen Tanzveranstaltungen feierten. Ihre Musik hat das Quartett auf der CD „Sin palabras“– ohne Worte – festgehalten und in Lindau erleben lassen.
In ihrer Besetzung mit Violine, Violoncello, Bandoneon und Klavier haben die Musiker den orchestralen Klang mit kammermusikalischem Esprit verbunden, haben die unterschiedlichen Stile in Blöcken vorgestellt und abwechselnd moderiert. Das 2008 gegründete Quartett, das sind der Geiger Thomas Reif aus München, der niederländische Cellist Karel Bredenhorst, der norwegische Bandoneonist Andreas Rokseth und der Pianist Martin Klett aus Hamburg. Alle vier sind brillante Meister ihres Instruments, konzertieren international. Thomas Reif ist
Konzertmeister im Symphonieorchester des Bayrischen Rundfunks, Martin Klett Dozent an der Musikhochschule Leipzig. Der Pianist ist der Initiator und Kopf des Quartetts und instrumentiert die Stücke für ihre Besetzung. Eine Freude ist, ihr perfektes Zusammenspiel zu beobachten wie den einzelnen Instrumenten zu folgen. Dabei will Klett bewusst kein „cleanes“Spiel. Wie er in einem Interview mit BR-Klassik sagte, soll alles „viel schmutziger und viel intensiver und triefender klingen“. Aggression und Dramatik sind damit ebenso gemeint wie ein freier Umgang mit der Melodik.
Kein Schmusekurs, sondern vitales Spiel, Rhythmus und Feuer, wie schon im ersten Stück zu erleben war. Neben feurig beschwingten Stücken wie Horacio Salgáns leidenschaftlichem „A fuego lento“gab es auch ruhige, zärtliche wie Aníbal Troilos „Sin palabras“. Lebhafter als der Titel „Yo te bendigo“(ich segne dich) vermuten ließ, war Troilos Stück, das so verinnerlicht ausklang, dass der Applaus erst zögernd einsetzte.
Spielerisch und komödiantisch servierte das Quartett Juan d’Arienzos „Estampa de Varón“, rassig zwei Tango-Walzer wie Osvaldo Puglieses „Ilusión marina“. Den tiefsten Eindruck hat jedoch Hugo del Carrils todtraurige „Milonga triste“nach einem Gedicht von Homero Manzi hinterlassen, eine herzzerreißende Klage um die tote Geliebte.
Leidenschaftlich ging es nach der Pause weiter, gerne schenkten die Musiker den begeisterten Zuhörern zwei Zugaben.