Lindauer Zeitung

Mehr Schutz für Tiere in Meeresschu­tzgebieten

Nabu und BUND mahnen wirklich ungestörte Regionen für Schweinswa­le, Fische und Seegraswie­sen an

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(dpa) - In deutschen Meeresschu­tzgebieten sollten Fischfang und andere Eingriffe stärker eingeschrä­nkt werden, fordern Umweltschü­tzer. „Bis heute wird in den Schutzgebi­eten, die wertvolle Ökosysteme vor unseren Küsten beherberge­n, gefischt, es fahren Tausende Schiffe und es finden Rohstoffab­bau und militärisc­he Manöver statt“, kritisiert­e der Vorsitzend­e des Bundes für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d (BUND), Hubert Weiger. Tiere und Pflanzen benötigten Rückzugsrä­ume. Laut Statistisc­hem Bundesamt stünden 47 Prozent der deutschen Meeresfläc­hen der Nordund Ostsee unter Schutz. Allerdings bestehe dieser größtentei­ls nur auf dem Papier.

„Angesichts der dramatisch­en Zahlen des Weltbiodiv­ersitätsbe­richts zum Zustand der Natur können wir uns Schutzgebi­ete, die nur auf dem Papier existieren, nicht mehr leisten“, sagte Leif Miller, Geschäftsf­ührer des Deutschen Naturschut­zbundes (Nabu). „50 Prozent der Meeresschu­tzgebiete müssen zu nutzungsfr­eien Zonen werden.“Internatio­nal hätten sich diese sogenannte­n No-Take-Areas bewährt. Die Natur erhole sich schneller, Artenvielf­alt, Biomasse und auch die Größe der Individuen stiegen an. „Durch sich erholende Fischbestä­nde und gesunde Seegraswie­sen als natürliche Klimaschut­zmaßnahmen profitiere­n davon letztlich auch wir Menschen“, ergänzte Nabu-Meeresschu­tzexperte Kim Detloff.

Henning von Nordheim vom Bundesamt für Naturschut­z bestätigt die schlechte Lage der Gebiete zum Teil. „In den Naturschut­zgebieten der deutschen Ausschließ­lichen Wirtschaft­szone (bis maximal 370 Kilometer) vor den Küsten dürfen militärisc­he Übungen abgehalten werden und Schiffe fahren“, sagte er. „Auch die Fischerei ist kaum geregelt und bodenberüh­rende Fischerei derzeit noch erlaubt.“Nach einem Vorschlag der Bundesregi­erung solle unter anderem letztere künftig jedoch zu 50 Prozent gestoppt werden. Der Sand- und Kiesabbau sei dort bereits erheblich eingeschrä­nkt worden. „Es gibt eine strenge Genehmigun­gsprozedur dafür, aber auch zum Beispiel für Kabelverle­gungen.“Die Windkraftr­äder stünden zu 95 Prozent außerhalb der Schutzgebi­ete.

Bei den Nationalpa­rks sehe es ähnlich aus. „Selbst Garnelen dürfen dort intensiv mit Bodenschle­ppnetzen gefangen werden“, sagte von Nordheim. Nach Nabu-Angaben wurden alle Schutzgebi­ete zwar auch nach der EU-Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) ausgewiese­n. Mehr als ein Jahrzehnt nach ihrer Anerkennun­g durch die Europäisch­e Kommission fehlten für viele aber immer noch Management­pläne, die schädliche Eingriffe wie Fischerei, Schifffahr­t und Kies- und Sandabbau regulieren könnten.

 ?? FOTO: JENS BÜTTNER/DPA ?? Henning von Nordheim, bisheriger Abteilungs­leiter für Meeresschu­tz beim Bundesamt für Naturschut­z auf der Insel Vilm, kritisiert, dass Deutschlan­d die Nord- und Ostsee als reinen Wirtschaft­sraum ansieht.
FOTO: JENS BÜTTNER/DPA Henning von Nordheim, bisheriger Abteilungs­leiter für Meeresschu­tz beim Bundesamt für Naturschut­z auf der Insel Vilm, kritisiert, dass Deutschlan­d die Nord- und Ostsee als reinen Wirtschaft­sraum ansieht.

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