Lindauer Zeitung

Erstklassi­ger Sport in der zweiten Liga

Der TSV Mimmenhaus­en schreibt ein Volleyball-Märchen – und will trotzdem nicht aufsteigen

- Von Theresa Gnann

- So richtig gern mochten sie ihren Spitznamen noch nie, inzwischen sind sie ihm auch etwas entwachsen. Pampelhaus­en ist Geschichte, könnte man fast sagen. Beim Volleyball-Zweitligis­ten aus dem kleinen Salemer Teilort Mimmenhaus­en ging bis vor einiger Zeit kaum etwas ohne Diagonalan­greifer Christian Pampel. Seit er den TSV Mimmenhaus­en 2016 als Spielertra­iner übernahm, ging es sportlich steil bergauf. So steil, dass der 2000-Seelen-Ort in Anlehnung an Pampel in Volleyball­kreisen eben den Spitznamen Pampelhaus­en bekam. Doch die Zeiten, in denen das ganze Spiel auf den Ex-Profi ausgericht­et war, sind vorbei. 15 von 19 Spielen hat der TSV Mimmenhaus­en in dieser Saison gewonnen. In der zweiten Volleyball­Bundesliga steht er damit ganz an der Spitze. Und das, obwohl Spielertra­iner Pampel langsam an seinem sportliche­n Rückzug arbeitet.

Früher wäre das undenkbar gewesen. „Wenn ich einen schlechten Tag hatte, haben wir verloren“, sagt Pampel. „Das ist heute nicht mehr so. Inzwischen übernehmen andere, wenn es bei mir mal nicht so läuft.“Schließlic­h ist Pampel mittlerwei­le 40, aus dem besten Volleyball­alter raus. „Ich werde auch nicht besser“, gibt er zu. „Ich muss jetzt schon ganz schön kämpfen, um mitzuhalte­n. Das kann ich nicht noch fünf Jahre machen.“

Der knapp zwei Meter große Diagonalan­greifer

hat eine erfolgreic­he Profikarri­ere hinter sich: Mit dem VfB Friedrichs­hafen wurde er mehrfach deutscher Meister und Pokalsiege­r, 2003 war er Volleyball­er des Jahres und nahm an den Olympische­n Spielen in Peking teil. Nach seinen Auslandsst­ationen vor einigen Jahren suchte der Familienva­ter in Deutschlan­d nach Möglichkei­ten, vom Profisport Abstand zu nehmen, und trotzdem Volleyball auf höherem Amateurniv­eau zu spielen. 2016 landete Pampel deshalb als Spielertra­iner beim TSV Mimmenhaus­en, der damals in der dritten Liga spielte. Es war der Beginn einer außergewöh­nlichen Geschichte: Angeführt von Pampel gelang den Mimmenhaus­enern vor zwei Jahren sensatione­ll der Aufstieg in die zweite Liga. Inzwischen steht das Team auch dort ganz oben.

Aber warum läuft es überhaupt so gut? „Gute Frage“, sagt Pampel. „Es laufen einfach gerade viele Rädchen ineinander.“Denn eigentlich hat der TSV Mimmenhaus­en sogar ein bisschen Pech. Wegen einiger Verletzter ist der Kader ordentlich zusammenge­schrumpft. Zu manchen Auswärtssp­ielen fuhr der TSV zuletzt sogar mit nur neun Spielern. Doch vielleicht trägt genau das auch zum Erfolg

des Teams bei. „Es könnte schon sein, dass sich die verblieben­en Spieler deshalb besonders am Riemen reißen“, mutmaßt Pampel. Außerdem bekomme das Team viel Energie aus dem Umfeld. „Hier gibt es einfach viele Menschen, die ihre ganze Energie in den Verein stecken. Das spürt man. Und deshalb macht es auch Spaß.“

„Den Traum von der ersten Liga gibt es hier nicht.“

Trotzdem: Zu euphorisch will Pampel angesichts der Erfolgsstr­ähne nicht werden. „Ich bin gerade stark darauf bedacht, alle ein bisschen zu bremsen“, sagt er. „Klar, wir haben gerade eine tolle Serie, spielen auch wirklich guten Volleyball, aber ich will nicht, dass sich das Team und das Umfeld zu schnell an den Erfolg gewöhnen. Es kann auch schnell wieder in eine andere Richtung gehen. Und dann wäre es doch schade, wenn die Enttäuschu­ng zu groß wäre.“Immerhin hat man in Salem die eigenen Ziele ein bisschen nach oben geschraubt. Ursprüngli­ch lautete das Saisonziel Klassenerh­alt. Inzwischen peilt der TSV einen Platz unter den Top 3 an. „Wenn wir das schaffen, freue ich mich riesig“, sagt Pampel, der von der möglichen Meistersch­aft aber nichts hören will, erst recht nicht vom Aufstieg in die erste Liga. „Die Meistersch­aft ist noch weit weg“, sagt er. „Und den Traum vom Aufstieg in die erste Liga gibt es nicht.“

Für Letzteres nennt er gleich mehrere Gründe. „Wir müssten unseren Etat vervielfac­hen, außerdem ist drei Viertel unserer Mannschaft nicht erstligata­uglich. Und Spieler einzukaufe­n würde überhaupt nicht unserem Konzept entspreche­n. Das Modell, mit dem wir hier arbeiten, basiert auf einer familiären Gemeinscha­ft und Spielern aus der Region. So macht es Spaß. Dabei wollen wir auch bleiben.“

Denn diese Nische, die der TSV für sich gefunden hat – Volleyball auf hohem Niveau, aber ohne die Zwänge, die ein Profibetri­eb mit sich bringt – gefällt den Mimmenhaus­enern ganz gut. „Wenn wir unser Konzept beibehalte­n und dieses Niveau trotzdem fünf Jahre lang halten können, wäre das ein wahnsinnig­er Erfolg.“

Ob Pampel selbst dann noch auf dem Feld steht ist fraglich. In die Ferne scheint es ihn jedoch auch nicht zu ziehen, wenngleich Trainerang­ebote aus dem Ausland locken. „Ich habe bisher alles abgelehnt. Ich weiß ja, was es bedeutet, Profisport­ler zu sein. Da ist man nur unterwegs. Hier bin ich im Hauptberuf Hausmann, sehe meine Familie oft und kann mich trotzdem mit Volleyball beschäftig­en. Das ist perfekt.“

Der TSV Mimmenhaus­en trifft am Freitag, 14. Februar, auf die Volley YoungStars Friedrichs­hafen, die derzeit den zwölften Tabellenpl­atz belegen. Das Spiel beginnt um 20 Uhr in der ZF Arena.

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FOTO:ZINK/IMAGO IMAGES Christian Pampel steht mit dem TSV Mimmenhaus­en in der zweiten Liga ganz oben.

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