Goldener Zwischenstopp Richtung Tokio
Ringer Frank Stäbler aus Musberg gewinnt den EM-Titel in Rom – 6:2 über Juri Lomadse
(SID/dpa) - Der Plan vom Abstecher zur Kampfstätte der Gladiatoren mit einer Medaille um den Hals ist aufgegangen. „Ich hoffe auf ein Foto mit einem Lächeln vor dem Kolosseum“, hatte Frank Stäbler vor der Ringer-EM in Rom mit großer Zuversicht zu Protokoll gegeben. Der Optimismus des dreimaligen Weltmeisters war berechtigt: 175 Tage vor dem anvisierten Finale bei den Olympischen Spielen am 5. August in Tokio präsentierte sich der Schwabe in Topform, sein zweites EM-Gold nach 2012 war der verdiente Lohn. Dazu kommen in Frank Stäblers Sammlung: bei den Weltmeisterschaften 2015, 2017 und 2018 Gold sowie 2013 und 2019 Bronze. Plus eine EM-Bronzemedaille. Der nervenstarke Athlet hat noch nie ein großes Finale oder Halbfinale verloren.
Schon vor dem Kampf um Gold am Mittwochabend gegen den Georgier Juri Lomadse (Sieg mit 6:2 Punkten) reichte ein Klick auf Stäblers Facebook-Profil, um sich ein Bild von der Euphorie beim 30-Jährigen zu machen. Seine Gemütslage sei „fantastisch“, ließ der Europameister von 2012 seine Fans wissen. Ein Siegerposen-Foto als Beleg für die überragende körperliche Verfassung des Griechisch-Römisch-Spezialisten und die Liste der besiegten Gegner auf dem Siegeszug ins Finale sprachen zudem Bände. Stäbler hatte nicht zu viel versprochen, als er kurz vor der EM erklärte, dass er „voll im Saft“stehe. Das Ganze hat nur einen Haken: Die EM ist zwar kein Muster ohne Wert, ein echter Fingerzeig für Olympia ist sie aber nicht. Schließlich kann Stäbler in Tokio nicht wie in Rom in seiner angestammten Gewichtsklasse bis 72 Kilogramm an den Start gehen. Da die Kategorie nicht olympisch ist, muss Stäbler in Japan in der Klasse bis 67 Kilogramm antreten.
Der große Hoffnungsträger des Deutschen Ringer-Bundes weiß durch den Auftritt in Italien im Grunde also nur, dass er auf dem richtigen Weg ist. Entscheidend werden die kommenden Monate sein. „Alles ist
Richtung Tokio konkret bis auf den Tag geplant. Bis Juni/Juli kommt eine Phase des Übergangs, wo ich mein Grundgewicht auf 71 Kilogramm reduzieren will“, sagte der Musberger, der nach Olympia seine internationale Karriere beenden wird. „In der letzten Phase geht es dann weiter runter. Der Plan ist, mit 69 Kilo nach Tokio zu reisen und die letzten beiden Kilos vor Ort zu schaffen.“
Stäbler baut darauf, die negativen Erfahrungen des vergangenen Jahres zu nutzen und durch das „Drehen an einigen Stellschrauben“in bestmöglicher Form bei den Spielen antreten zu können. Bei der WM vergangenen September ging der Plan nämlich nicht wie gewünscht auf. Geschwächt durch seine harte Diät war Stäbler im Achtelfinale gegen den kubanischen Olympiasieger Ismael Borrero Molina chancenlos. Danach kämpfte er sich über die Hoffnungsrunde noch zu Bronze.
„Es wird wieder eine Tortur, die ihren Tribut fordern wird“, sagte Stäbler, „ich hoffe nach wie vor, dass ich 75 bis 80 Prozent meiner Leistungsfähigkeit erreichen kann. Das wäre das Optimum in der Klasse bis 67 Kilogramm. Wenn ich das schaffe, ist alles möglich.“Der Grund für Stäblers Ehrgeiz liegt in der Vergangenheit – er hat mit Olympia noch eine Rechnung offen. 2012 in London verlor Stäbler unglücklich im Kampf um Bronze, vier Jahre später erlitt er kurz vor Rio einen Syndesmoseriss. Die olympische Medaille ist für den gebürtigen Böblinger „der letzte große Traum“.
Kurz nach dem Gold-Coup von Frank Stäbler hat dessen Ringerkollege Hannes Wagner mit Bronze die nächste deutsche Medaille bei den Europameisterschaften in Rom gewonnen. Der 24-Jährige aus Lichtenfels setzte sich im Duell um Rang drei der Klasse bis 82 Kilogramm gegen den Weißrussen Stanislaw Schafarenka durch. Die deutschen GriechischRömisch-Athleten sammelten in Italien damit drei Medaillen. Vor Stäbler und Wagner hatte Schwergewichtler Jello Krahmer Bronze gewonnen.