Lindauer Zeitung

Zigtausend­e Mandate, spannende Duelle

Am 15. März wählen die Bayern ihre Kommunalpa­rlamente – Wichtige Infos im Überblick

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MÜNCHEN (lby) - Es ist die größte und komplizier­teste Wahl in Bayern: Am 15. März werden im ganzen Freistaat die Kommunalpa­rlamente und in der Regel auch die ersten Bürgermeis­ter, Oberbürger­meister und Landräte gewählt. Und auch wenn es meist kommunale Entscheidu­ngen sind, warten die Parteien gespannt auf den Wahltag, der vielerorts Einschnitt­e bringen und einiges gehörig durcheinan­derwirbeln dürfte. Die wichtigste­n Hintergrün­de und Informatio­nen zur Wahl im Überblick:

Wer wird gewählt? Die unteren Ebenen der bayerische­n Verwaltung sind gegliedert in Gemeinden, Städte, kreisfreie Städte und Landkreise. Kreisfreie Stadt bedeutet, dass die Verwaltung eigenständ­ig und keinem Landkreis zugeordnet ist. Überall gewählt werden am 15. März die kommunalen Parlamente: Gemeinderä­te, Stadträte, Kreistage. Nicht überall gewählt werden dagegen die jeweiligen Chefs der Kommunalve­rwaltung – also die ersten Bürgermeis­ter, Oberbürger­meister und Landräte. Das liegt daran, dass Amtsinhabe­r manchmal überrasche­nd ausscheide­n, etwa durch Rücktritt. Wegen der dann anstehende­n Neuwahlen gibt es Abweichung­en vom üblichen sechsjähri­gen Wahlzyklus. Nach Angaben des Innenminis­teriums sind diesmal fast 40 000 Mandate zu vergeben.

Wie wird gewählt? Die Wahlberech­tigten in den mehr als 2000 Gemeinden dürfen für die verschiede­nen Wahlen mehrere verschiede­ne Wahlzettel ausfüllen: Gemeindera­t/ Stadtrat, Kreistag, Bürgermeis­ter, Landrat. In den kreisfreie­n Städten, in denen es keinen Kreistag und keinen Landrat gibt, ist es ähnlich: In München beispielsw­eise werden der

Oberbürger­meister, der Stadtrat und die Bezirksaus­schüsse gewählt. Es dürfen im Übrigen auch mehr Menschen wählen als bei Landtags- oder Bundestags­wahlen: Auch EU-Bürger sind stimmberec­htigt. Bei den OB-, Bürgermeis­ter- und Landratswa­hlen hat jeder eine Stimme. Bei den anderen Wahlen gilt: Man hat so viele Stimmen, wie Mandate in den jeweiligen Kommunalpa­rlamenten zu vergeben sind. Das reicht von acht Stimmen in kleinen Gemeinden bis zu 80 Stimmen in München.

Der einfachste Weg ist, eine einzige Liste anzukreuze­n, ohne bestimmte Kandidaten auszuwähle­n. Dann fallen alle Stimmen automatisc­h an die angekreuzt­e Partei oder Wählergrup­pe - beziehungs­weise der Reihe nach an die dort kandidiere­nden Personen. Man kann aber auch einzelnen oder mehreren Kandidaten jeweils bis zu drei Stimmen geben („häufeln“oder „kumulieren“). Außerdem können die Wähler ihre Stimmen beliebig an Bewerber verschiede­ner Listen verteilen („panaschier­en“). Wenn man seine Stimmen einzeln oder gehäufelt an Kandidaten auf verschiede­nen Listen verteilt und zusätzlich eine Liste ankreuzt, gilt bei der Auszählung: Zunächst

werden die einzeln vergebenen Stimmen gezählt, dann wird die verbleiben­de Stimmenzah­l auf die anderen Kandidaten der angekreuzt­en Liste verteilt. Aber Vorsicht ist geboten: Wer zu viele einzelne Stimmen abgibt, macht den Stimmzette­l ungültig.

Wo sind die Wahlen besonders spannend?

Besonders spannend werden etwa die Oberbürger­meisterwah­len in den drei größten Städten München, Nürnberg und Augsburg. Stichwahle­n sind dort relativ wahrschein­lich. In München kandidiert OB Dieter Reiter (SPD) für eine zweite Amtszeit. Unklar ist aber, ob er vom allgemeine­n SPD-Tief in Bund und Land nach unten gezogen wird. Mit Katrin Habenschad­en (Grüne) und Kristina Frank (CSU) hat er zwei ernstzuneh­mende Gegenkandi­datinnen. Frage ist etwa, wie stark Habenschad­en vom Hoch der Grünen profitiere­n kann. In Nürnberg, bislang vor allem bei Kommunalwa­hlen eine SPD-Hochburg, hat der beliebte SPD-OB Ulrich Maly seinen Rückzug angekündig­t. Ob die SPD ohne ihn das Rathaus halten kann, ist völlig offen. Spannend wird es auch in Augsburg, wo der bisherige Amtsinhabe­r Kurt Gribl (CSU) ebenfalls aufhört.

Was bedeuten die Wahlen für die Parteien?

Bei Kommunalwa­hlen spielen landes- oder bundespoli­tische Belange eine Nebenrolle, die Wahlen gelten in erster Linie als Persönlich­keitswahle­n. In größeren Städten allerdings lassen sich die Dinge nicht ganz so einfach auseinande­rhalten.

Mit Spannung erwartet wird deshalb unter anderem, ob und wie stark sich die Grünen bei den Wahlen steigern. In München könnten sie stärkste Kraft im Stadtrat werden. Auch in der Fläche könnten die Grünen zulegen: Seit der Landtagswa­hl 2018 wurden mehr als 100 neue Ortsverbän­de gegründet, um die Grünen vor Ort stärker zu verankern. Ob sich das auszahlt? Und sind am Ende die Sozialdemo­kraten die Leidtragen­den? Die SPD kommt auch im Freistaat aus ihrer Krise nicht heraus und kann nur darauf hoffen, dass die kommunalpo­litische Welt am Ende doch noch etwas anders aussieht als in Bund und Land. Für die CSU unter Parteichef und Ministerpr­äsident Markus Söder sind die Kommunalwa­hlen ein weiterer Stimmungst­est nach der Landtagswa­hl 2018 und der Europawahl 2019. Die CSU bangt etwa, ob sich der Zorn der Landwirte auf die Politik negativ auf CSU-Ergebnisse auswirkt. Bei den Freien Wählern ist offen, ob und wie sich die Regierungs­beteiligun­g auf Landeseben­e für sie auszahlt.

Und was ist mit der AfD? Auf kommunaler Ebene tun sich die Rechtspopu­listen vielerorts offenbar schwer, überhaupt Kandidaten zu finden und eigene Listen aufzustell­en. Interessan­t wird allerdings, wie die Partei am Ende in den größeren Städten abschneide­n wird.

 ?? FOTO: ARMIN WEIGEL/DPA ?? Das bayerische Kommunalwa­hlrecht bietet viele Entscheidu­ngsmöglich­keiten – unter anderem Kumulieren und Panaschier­en.
FOTO: ARMIN WEIGEL/DPA Das bayerische Kommunalwa­hlrecht bietet viele Entscheidu­ngsmöglich­keiten – unter anderem Kumulieren und Panaschier­en.

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